Bio, oder nicht Bio? Das war für ihn keine Frage. Ganz im Gegenteil: „Mein Wunsch, mein Traum zur Kennzeichnung: Alle anderen müssen auf die Weine schreiben, dass sie nicht Bio sind. Wir müssen nix mehr drauf schreiben“, meint Erwin Tinhof. „Wenn meine Weine gut sind und zusätzlich noch Bio, oder noch mehr als Bio, dann hab ich schon g’wonnen.“ Wobei Erwin trotz langer Tradition die biologische Landwirtschaft nicht in die Wiege gelegt wurde. Aber: „Ich hab Verantwortung übernommen, das alles hier schonend weiterzuführen für spätere Generationen.“
Der Neubeginn
Ja natürlich, das Weingen hat er, die elfte Generation der Tinhofs, vom Vater geerbt. Der, zwar leidenschaftlicher Winzer, werkte im Brotberuf allerdings als Finanzbeamter: „Vielleicht kann ich deshalb auch so gut rechnen.“ Erwin studierte auf der Boku in Wien, ehe er 1990 einen Neustart unter der Marke Tinhof lancierte. Einen Neubeginn mit kompromisslosem Qualitätsanspruch.
„Da geht‘s aber wieder ums G’spür für den richtigen Zeitpunkt.“
Denn die Ahnen pflegten ja, wie damals üblich, gemischte Landwirtschaft. Weinbau diente der Selbstversorgung, produziert wurde nebenbei. „Wir wissen aus deren langen Erfahrung, wo sich welches Mikroklima ausprägt. Diese oft mündlich überlieferten Erfahrungen, kombinieren wir mit neuesten Erkenntnissen. Es geht uns aber auch viel um G’spür und natürlich um Qualität.“
Das G’spür
So ist das Weingut seit 2012 bio-zertifiziert. Handlese ist so selbstverständlich, wie Hefen vom eigenen Weinberg. Alle Weine – Weiß wie Rot – dürfen sich einige Monate und länger mit der Feinhefe austauschen. „Bringt Fitness, Eleganz sowie Lagerfähigkeit hinein“, meint Tinhof „Da geht‘s aber wieder ums G’spür für den richtigen Zeitpunkt.“
Mein Neuburger ist nicht fad!
Tinhofs spezielle Passion gilt übrigens dem Neuburger. Einer Weißweinsorte, die sich im Rotweinland Burgenland am Leithaberg – durch Wald und See gekühlt – seit Generationen pudelwohl fühlt.
„Mein Neuburger passt vom Schnitzel bis zum Bergkas!“
Zwar wird es auch hier immer wärmer, bei traditionell wenig Niederschlag, doch „den Klimawandel muss man nehmen, wie er ist und sich darauf einstellen. Auch hier ist ein gesunder, biologischer Stock im Vorteil. Wie ein gesunder Mensch, ist er resistenter gegen Krankheiten und Umwelteinflüsse.“ Der genügsame Neuburger hat also Zukunft. Geschmacklich sowieso, denn: „Er ist ein bekömmlicher Wein. Ich mein damit aber nicht fad! Vom Schnitzel bis zum Risotto, von Eierschwammerln über den Saibling bis zum Bergkäse passt er.“
Wein ist Kultur
Gutes Stichwort. Bärlauch, Spargel, Kürbis, Kirschen, Wild. „Wir brauchen kein Thunfisch-Carpacccio.“ Das Steirereck schätzt Tinhof, auch und gerade wegen der kompromisslosen Regionalität, ja vielmehr der Kultur, die Reitbauers hier pflegen und vermitteln. „Österreich wird als vielschichtiges Kulturland wahrgenommen, und das ist gut so. Essen und Trinken gehören dazu.“
„Ich gewinn lieber Heim- als Auswärtsspiele.“
Natürlich passt da regionaler Wein, wobei bei Tinhof – ein wenig schmerzt es ihn – 50 Prozent der Produktion ins Ausland gehen. Der größte Anteil in die D-A-CH-Region. Asien und USA sieht er weniger als Markt, er „gewinnt lieber Heim- als Auswärtsspiele“, hätte aber auch kein Problem, wenn seine Weine in Österreich noch mehr geschätzt würden. Erwins Schlusswort: „Der Prophet zählt halt im eigenen Land oft nichts. Ich finde, die Einstellung zum Produkt, eigentlich zum Leben, sollte sich in Österreich nachhaltig ändern.“