Wenn man Evelyn Bäck nach ihrem Lieblingsbier fragt, sollte man etwas Zeit mitbringen. Diese Frage ist als Bierbrauerin nämlich unmöglich in einem Satz zu beantworten. Schließlich darf es mal mehr, mal weniger hopfig sein, ein Pils geht meistens, aber auch ein gutes IPA muss man zu schätzen wissen. Evelyn trinkt auch gern Sauerbier oder ein röstaromatisches Stout, wenn es zur Gelegenheit passt. Foodpairing mal außen vor gelassen.

So ausführliche Antworten zum liebsten alkoholischen Getränk ist man von Winzer:innen und/oder Weinliebhaber:innen gewohnt, aber beim Bier geht der Horizont selten über das klassische Märzen hinaus – und das bei einem Bierkonsum von 100 Litern pro Jahr und Kopf in Österreich. „Die Bierkultur ist bei uns wirklich noch ausbaufähig“, meint Evelyn und trägt mit der Hopfenspinnerei ihren Teil dazu bei.
„Ich bin halt auch so eine Selbermacherin. Ich will immer alles ausprobieren. Ich will wissen, wie es funktioniert.“
Angefangen hat alles mit einem 30-Liter-Topf in der Garage, wo sich Evelyn neben ihrem Job im Kulturmarketing als Brauerin versucht hat. Nach einer Ausbildung zur Biersommelière und einer – wie sie es nennt – „Sollbruchstelle“ im Job ist die Hopfenspinnerei passiert. Auf einmal waren die Räumlichkeiten mit Betriebsanlagengenehmigung da, Brau-Workshops wurden beliebter und Evelyns Hobby auf einmal ihr Beruf.
„Ich bin halt auch so eine Selbermacherin. Ich will immer alles ausprobieren. Ich will wissen, wie es funktioniert. So war das dann auch bei meinem Herzensgetränk Bier – dem einzigen alkoholischen Getränk, das ich wirklich mag.“
Mittlerweile bietet die Hopfenspinnerei, die sie mit Gwaël Gauthier betreibt, drei verschiedene Craftbiere – das helle, hopfenbetonte Schlederwamperl, das bernsteinfarbene Altbier Ziegengeist und das würzige Urroggen. Dazu kommen immer wieder mal Limited Editions, sowie ein kleines Feinkostsortiment aus Low-Waste-Produkten wie Cracker aus Biertreber – dem Überbleibsel beim Brauen – Bier-Senf-Kaviar, Saucen oder Sirupe – immer mit Bier als Zutat. „Es geht mir darum, zu verwerten was schon da ist und ich habe Spaß daran, mir neue Produkte auszudenken und zu tüfteln“, sagt Evelyn.
Auf die Experimentierfreude!
Auch bei der Bier-Herstellung ist der 100-Prozent-biozertifizierten-Brauerin die Qualität der Grundprodukte wichtig: Der Hopfen kommt fast ausschließlich von der Mühlviertler Hopfenbaugenossenschaft, die vom Waldviertel nicht weit entfernt ist. Beim Malz gestaltete sich die Suche schwieriger, aber Evelyn hat mit der Whisky-Destillerie Farthofer aus dem Mostviertel ihren Partner gefunden. „Dort kann ich sogar sehen, wo das Getreide gewachsen ist und alles, was ich in dieser Mälzerei bekomme, nehme ich von dort. Ich möchte die Zutaten möglichst regional kaufen, auch wenn ich dafür tiefer in die Tasche greifen muss. Mir sind Qualität und regionale Wertschöpfung das Wichtigste.“
Umgekehrt ist der Vertrieb der eigenen Produkte für eine kleine Brauerei eine der größten Herausforderungen. Die Biere bekommt man im oberen Waldviertel in einigen Geschäften, im Online-Shop und natürlich direkt in der Brauerei. Einige mutige Gastronomen schenken das Bier aus der Hopfenspinnerei vom Fass aus: „Das hat sich als echte win-win-Situation erwiesen. Mein Bier wird bekannter und die Lokale gewinnen neues Publikum dazu. Es ist so schön zu sehen, was mit ein bisschen Aufgeschlossenheit alles möglich ist“, freut sich Evelyn. Denn generell fehlt es in der Gastronomie ihrer Erfahrung nach derzeit oft noch an der nötigen Offenheit, sowohl seitens der Lokale als auch bei den Gästen.
„Unser Bier ist wirkliche Handarbeit.“
Häufig beschränkt sich die Auswahl in der Bierkarte auf Seiterl oder Krügerl von einer der großen Biermarken. Und leider reicht das vielen Gästen auch so. „Unser Bier ist wirkliche Handarbeit“, erklärt Evelyn „aber in den Köpfen ist der Maßstab das industriell hergestellte Massenprodukt. Kaum jemand zieht die Semmel aus dem 10-er-Sackerl vom Förderband dem Handsemmerl der örtlichen Bäckerei vor – beim Bier ist es andersrum.“ Evelyn verwendet daher viel Zeit für Information und erklärt gern, warum ihr Craftbeer anders aussieht, warum sie auf Filtration zur Haltbarmachung verzichtet und wieso Bier nicht in der Sonne stehen sollte. Am einfachsten geht das bei einer Brauereiführung oder einem Brau-Workshop. „Meine Philosophie ist gleichzeitig meine Schwachstelle: Ich bin Idealistin und schlecht darin, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen.“ Gut so, das macht den Genuss umso spannender.