Österreich hat ein Faible für Supermärkte. Für vier ganz bestimmte, um genau zu sein: Lidl, Spar, Billa und Hofer. Als Land mit einer der höchsten Supermarktdichten weltweit – um die 60 pro 100 000 Einwohner:innen – könnte man nun den Schluss ziehen: Die Österreicher:innen sind ein zutiefst kulinarisches Volk.

Unterstützt wird diese These mit dem überdurchschnittlich hohen Bio-Anteil, der in unseren Supermärkten verkauft wird: 13 Prozent aller Lebensmitteleinkäufe hierzulande sind Bio. Das ist nicht nur ein Allzeithoch, sondern auch EU-weit der Spitzenplatz. Und doch: Die Omnipräsenz von Supermarkt-Konzernen hat auch Nachteile. „Unsere Landwirt:innen sind dadurch überdurchschnittlich stark von den Preisgestaltungen der großen Supermarktketten abhängig“, sagt Waldemar Pöchhacker, Geschäftsführer von ja zu nah. „Dasselbe gilt für den Großhandel: Auch der ist in Österreich auf ein paar wenige Player beschränkt, die Preisgestaltungen sind intransparent und gehen auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern, die den wenigen Großhandelsfirmen völlig ausgeliefert sind. Genau das wollen wir ändern.“ Das Projekt, mit dem das gelingen soll, heißt „ja zu nah“. Das Ziel: die Übermacht der wenigen Großen im Handel über die vielen Kleinen in der Landwirtschaft zu brechen. Aber wie genau?
Ehrliche Aufschlag-Qualität
Gegründet wurde „Ja zu nah“ 2022 als „Regionale Lebensmittel Kooperationen GmbH“, als Tochterfirma der Landeslandwirtschaftskammer Niederösterreich Holding GmbH. Die Idee: eine digitale Präsenz zu schaffen, auf der landwirtschaftliche Betriebe und Einkäufer:innnen für Großküchen zueinanderfinden. „Uns war schon lange klar: Es braucht für die Landwirtschaft einen zusätzlichen Absatzkanal, der aber verlässlich und vor allem transparent ist“, sagt Pöchhacker.
„Die Landwirtinnen und Landwirte bestimmen ihre Preise auf unserer Plattform selbst, wir haben einen transparenten Aufschlag, den wir in einer ‚open book‘-Kalkulation weitergeben.“


Bedeutet: „Die Landwirtinnen und Landwirte bestimmen ihre Preise auf unserer Plattform selbst, wir haben einen transparenten Aufschlag, den wir in einer ‚open book‘-Kalkulation weitergeben. So gewährleisten wir, dass die Großküchen genau wissen, was die Landwirt:innen für ihre Lebensmittel bekommen.“ Nota bene: Der Fokus von „ja zu nah“ liegt zwar auf Großküchen – aber: Natürlich seien als Einkäufer:innen auch kleinere Gastro-Betriebe mehr als willkommen, betont Pöchhacker. Mit dem Fokus auf Großküchen gehe es darum, einen möglichst großen Markt für die österreichische Landwirtschaft zu öffnen. Dass immer mehr Großküchen und regionale Landwirt:innen über „ja zu nah“ zueinanderfinden, zeigt jedenfalls: Dieses System ist am Puls der Zeit. Das hat viele Gründe.
„Je enger sie zusammenarbeiten, desto weniger Macht hat der Großhandel über sie – und letztlich auch über uns Gäste und Konsumenten.“
Drei ist eine:r zu viel
Da wäre etwa der Sicherheitsaspekt. „Fällt ein:e Produzent:in aus, organisiert der große Lieferant:innen-Pool schnell und unkompliziert Ersatz und sorgt damit für Planungssicherheit“, erklärt Pöchhacker. Die Plattform bündelt außerdem immer mehr regionale Landwirt:innen – viele davon Bio! – auf einen Klick. „Man entdeckt dadurch eine riesige Auswahl – oft aus der eigenen Region, die man neu kennenlernt.“


Besonders wichtig ist dem Geschäftsführer von „ja zu nah” die Sache mit der Rückverfolgbarkeit. Jedes Lebensmittel lasse sich bis zum genauen Ursprung rückverfolgen. „Man bekommt also nicht nur einen Apfel aus Österreich, sondern eine ganz konkrete Sorte von einem bestimmten landwirtschaftlichen Betrieb, von einer Familie, die man kennt.“ Es sei genau dieser Transparenzgedanke, den sich nicht nur immer mehr Gäste, sondern auch Köch:innen und Gastronom:innen wünschen. Deswegen soll dem Thema Transparenz bei der Rückverfolgung eines Lebensmittels in Zukunft noch mehr Platz eingeräumt werden.


„Die Idee ist, anhand eines QR-Codes genau rückverfolgen zu können, woher genau das Lebensmittel kommt, wie viele Kilometer es hinter sich hat, damit wir zur Nummer 1 in Sachen Transparenz werden“, sagt Pöchhacker. Und: Unterschiedliche Events sollen Köch:innen und Landwirt:innen verstärkt zusammenbringen, damit beide ein noch besseres Verständnis für den jeweils anderen entwickeln. „Beide Berufsgruppen halten die Zukunft unserer Ernährung in Händen“, ist Pöchhacker überzeugt. „Je enger sie zusammenarbeiten, desto weniger Macht hat der Großhandel über sie – und letztlich auch über uns Gäste und Konsumenten.“


















