Gesünder, nachhaltiger, natürlicher – die Gründe, warum wir Bio-Lebensmittel gegenüber konventionellen bevorzugen, liegen auf der Hand. Aber was ist wirklich der bedeutende Unterschied und ist überall Bio drin, wo es draufsteht? Kann man Wirtinnen und Wirten, die „eh fast alles Bio“ beziehen, vertrauen? Und woher weiß ich, dass mein liebstes Bio-Café hält, was es auf der Website verspricht?
Warum Lebensmittel kennzeichnen?
Die Kennzeichnung von Bio-Lebensmitteln gibt Auskunft darüber, wo Lebensmittel herkommen und wie diese produziert wurden. Das soll dabei helfen, beim Einkaufen bewusste Entscheidungen zu treffen.
EU-Regelung als Basis für die Landwirtschaft
Die simple Antwort: Durch das Bio-Zertifikat gemäß der EU Bio-Verordnung 2018/848. Dieses bescheinigt, dass ein landwirtschaftlicher EU-Betrieb biozertifiziert ist und das grüne Logo mit den weißen Sternen tragen darf. Jeder Betrieb, der seine Produkte „bio“ bewirbt (z.B. Erzeugung von biologischen Produkten, Verpacken, Kennzeichnen,..) muss sich von einer Bio-Kontrollstelle zertifizieren lassen. Das ist gesetzlich geregelt.
WAS SIND BIOLOGISCHE LEBENSMITTEL?
Alle Lebensmittel, die als biologisch oder ökologisch gekennzeichnet werden, müssen bei der Herstellung die Bestimmungen der gültigen EU-Verordnungen erfüllen. In Österreich ist ein Bio-Produkt an folgenden Bezeichnungen zu erkennen:
- „aus biologischer Landwirtschaft“
- „aus ökologischer Landwirtschaft“
- den daraus abgeleiteten Abkürzungen wie „bio-“ oder „öko-“
Was bedeutet der Code auf dem EU-Bio-Siegel?
Welche Bio-Kontrollstellen gibt es in Österreich?
Kontrolliert wird das in Österreich von neun unabhängigen, akkreditierten Bio-Kontrollstellen. Diese kontrollieren mindestens einmal jährlich die Betriebe. Diese werden wiederum selbst von einer Behörde überprüft. Eine dieser akkreditierten Stellen ist die Lebensmittelversuchsanstalt (LVA), in der Claudia Kessler seit drei Jahren die Bio-Kontrollstelle leitet. „Es gibt viele Zertifikate für die Landwirtschaft und Verarbeitung, die die Regeln der Bio-Verordnung als Basis haben, aber auch noch darüber hinaus gehen. Als Add-on sozusagen. Beispiele dafür wären: Bio Austria, Demeter, Ja Natürlich, Erde & Saat oder Bioland“, so Kessler.
Die gute Nachricht also: Auch wenn diese Labels zahlreich sind, alle ähnlich heißen und ähnliche Logos haben: Hier kann man sicher sein, dass diese der EU-Bio-Verordnung entsprechen und darüber hinaus sogar noch strengere Richtlinien haben.
Wie erkenne ich Bio-Lebensmittel?
- Aufschrift „aus biologischer Landwirtschaft“ oder „aus ökologischer Landwirtschaft“
- Kurzbezeichnung „Bio“ oder „Öko“ kann aufgedruckt sein
- Codenummer (z. B. AT-BIO-301) der Kontrollstelle muss angegeben sein
- Das EU-Bio-Logo (Grünes Blatt mit Sternen) muss inklusive Herkunft der Produkte auf verpackten Lebensmitteln angeführt sein. Bei unverpackten Bio-Lebensmitteln oder bei Herkunft aus Drittländern kann das Logo auf freiwilliger Basis verwendet werden.
- Zusätzlich optional andere Bio-Siegel, die Bio-Erzeugermarken oder Verbandsmarken
Im Bio-Label-Dschungel der Gastronomie
Im Gegensatz zur Landwirtschaft gibt es in der Gastronomie und Hotellerie keine verpflichtende Bio-Kennzeichnung. Wer bestimmte Speisen und Getränke als „Bio“ bewirbt, kann freiwillig eine unabhängige Bio-Kontrollstelle zur Beratung und Bio-Zertifizierung beauftragen und sich damit nachhaltig vom Mitbewerb abheben.
Im Prinzip kann aber jeder Gastronomiebetrieb „bio“ einfach in seine Speisekarte oder auf seine Website schreiben, ohne eine entsprechende Zertifizierung haben zu müssen. Ob tatsächlich Bio-Lebensmittel verarbeitet werden, ist so für Gäste letztlich nicht überprüfbar.
Wer sich freiwillig zertifizieren lässt, hat dafür verschiedene Anlaufstellen zur Auswahl. Das ausgestellte Bio-Zertifikat gilt wie bei der Landwirtschaft für ein Jahr. Von den insgesamt 46.360 Gastronomie-Betrieben (laut dem Fachverband Gastronomie in der WKÖ) in Österreich sind rund 600 bis 700 Gastronomie-Betriebe biozertifiziert (laut Bio Austria).
Aber selbst bei der Zertifizierung ist Bio nicht gleich Bio. Jede Kontrollstelle stellt eigene Anforderungen an die Betriebe. Ein Betrieb kann sich übrigens auch schon für eine einzige Zutat biozertifizieren lassen: Bezieht ein Restaurant also Bio-Eier oder Bio-Milch, alle anderen Produkte aber konventionell, kann das Restaurant für diese Produkte bio-zertifiziert werden. Das Zertifikat wird dann für „Bio-Komponenten“ ausgestellt.
Die österreichische Lösung
Viele Gastronominnen und Gastronomen kaufen Produkte aus biologischer Landwirtschaft, lassen sich aber nicht zertifizieren. Warum ist das so? Sehr oft werden der bürokratische Aufwand oder der nicht ersichtliche Mehrwert genannt.
Ein Argument, das Claudia Kessler unter den aktuellen Umständen nachvollziehen kann: „Betriebe müssen für die Zertifizierung Aufzeichnungen führen, die sie sonst nicht machen müssten. Einmal im Jahr muss der Kontrollstelle der Wareneinsatz vorgerechnet werden. Natürlich ist es ehrlicher, sich zertifizieren zu lassen. Gleichzeitig ist der ungeregelte Graubereich riesig und viele der zertifizierten Betriebe haben einiges an Mehraufwand, obwohl Gäste weiterhin keine Klarheit haben“.
„Die Konsument:innen sollen sicher sein können, dass die Herkunft und Bio-Qualität der Produkte zuverlässig kontrolliert werden.“
Das ist auch der Grund, warum sich sowohl die LVA als auch Gaumen Hoch und unter anderem auch Bio Austria für eine gesetzlich verpflichtende Bio- und Herkunftskennzeichnung für sämtliche gastronomischen Betriebe aussprechen. „Die Konsument:innen sollen sicher sein können, dass die Herkunft und Bio-Qualität der Produkte zuverlässig kontrolliert werden. Für unsere Betriebe, die sich bereits freiwillig zertifizieren lassen, würde das eine Erleichterung darstellen, da Regionalität und Bio dann unter fairen Wettbewerbsbedingungen stehen“, erklärt auch Agnes Grobner, Partner:innenbetreuerin bei Bio Austria.
Klaus Dutzler – Seebauer am Gleinkernsee
„Bio ist die einzig unabhängig kontrollierte Lebensmittelqualität. Wir haben uns von Anfang an zertifizieren lassen und 100 Prozent Bio angestrebt, weil ich das auch belegen und nicht nur draufschreiben wollte.“
Mehr Klarheit bitte!
Müssten sich Gastronominnen und Gastronomen dann nicht auch für eine einheitliche Regelung einsetzen? Hier gibt es eine große Kluft zwischen den circa 600 bis 700 biozertifizierten Gastronomiebetrieben in Österreich, die aktuell schon die Extrameile gehen, und jenen, die sich dagegenstellen. Claudia Kessler bezeichnet biozertifizierte Lokale als Leuchtturmprojekte, die unter der aktuellen Unfairness leiden, aber idealistisch genug sind, den Weg dennoch weiterzugehen.
Dabei sollte man auch den Mehrwert für die Betriebe nicht unterschätzen: „Die Eigeneinschätzung der Gastronominnen und Gastronomen ist oft etwas verschoben“, erzählt Kessler. „Wenn die Wirtinnen und Wirte für die Überprüfung alles dokumentieren, bemerken sie, dass sie vielleicht doch nur auf 25 Prozent Bio-Anteil kommen und diesen aber viel höher geschätzt haben. Es ist also eine Gelegenheit, das eigene System zu hinterfragen und natürlich auch den Qualitätsstandard zu zeigen.“