Viele der „Winzer:innen der neuen Generation“ haben etwas Künstlerisches in ihren Seelen und erschaffen gern Einzigartiges, Unverwechselbares. Die Rebensäfte sollen eine persönliche Handschrift tragen und zum Ausdruck bringen, wie sich das Zusammenspiel zwischen natürlicher Ressource und raffiniertem Handwerk gestaltet.
Josef Hummel aus Großriedenthal ist so ein Winzer. Ihm muss man nur ein paar Minuten zuhören, und man weiß, dass man es mit jemandem zu tun hat, dem Wertschätzung und Respekt über alles gehen. Der Wagramer Weinbauer macht zwar auch „sein Ding“. Aber im Sinn des Wortes geerdet, in aller Bescheidenheit und im Bewusstsein, in mancher Hinsicht ein reich Beschenkter zu sein.
„Wir haben in unserer Region das große Glück, ein pannonisches Klima und diese wunderbaren Lössböden zu haben, die besonders fruchtige Weine hervorbringen“, sagt er. „Der Wein aus dem Wagram spiegelt den natürlichen Charakter der Region wider. Er ist elegant, vielschichtig, mit authentischem Terroirausdruck, feiner Würze, lebendiger Frische und harmonischer Struktur – das ergibt eine unverwechselbare Charakteristik.“
Damit in diesem Winzer:innenparadies aber auch jene Weine unverwechselbar sind, die seinen 10,5 Hektar mit den Rieden Spielberg und Wadenthal im Ortsteil Neudegg entspringen, hat Josef mit dem Jahrgang 2023 komplett auf biologischen Weinbau umgestellt. Außerdem begleitet er die Rebstöcke gemeinsam mit seinem Vater Josef senior praktisch täglich durchs Jahr: „So bekommt man immer ganz unmittelbar mit, was sich mit dem Boden und den Trauben in den Weingärten tut.“
Viel Aufmerksamkeit für die „Diva“
Obwohl auch der Weißburgunder im Bio-Weingut Hummel eine wichtige Rolle spielt, sind angesichts der Region fast naturgemäß der Grüne und Rote Veltliner die Hauptsorten. Vor allem am Roten Veltliner hat Josef Hummel einen Narren gefressen: „Den gibt es ja fast nur bei uns. Der ist eine echte Wagramer Spezialität, eine sehr alte, autochthone Rebsorte. Die fast schon ausgestorben war, aber in den letzten Jahren ein richtiges Hoch erlebt.“ Dabei ziert sich die Rote-Veltliner-Traube. Sie gilt als launische Weingarten-Diva, die besonders anspruchsvoll ist und außergewöhnliche Zuwendung braucht.
„Freilich ist die Arbeit durch die Umstellung auf biologischen
Weinbau mehr geworden. Aber wenn man sich das Endresultat
anschaut, lohnt sich das auf alle Fälle.“
„Wir legen da sehr viel Herzblut rein in diese Sorte, weil sie ein großes Maß an Liebe und Zuneigung braucht.“ Das klingt schon fast zärtlich, und man erkennt, dass hier einer tatsächlich von seiner erklärten Lieblingstraube spricht. Wenn die Trauben noch im grünen Stadium und in Erbsengröße sind, nimmt Josef Hummel eine sogenannte „Traubenteilung“ vor. Er schneidet ungefähr ein Drittel herunter, um dem verbleibenden Rest mehr Raum zu geben: „Damit kann sich die Traube strecken, wird lockerbeeriger und weniger anfällig für Fäulnis“, erklärt der Winzer.
Ein Weingut als Familiensache
Josef hat den Betrieb, der früher als gemischte Landwirtschaft plus Weinbau betrieben wurde, 2019 von seinen Eltern Josef und Maria übernommen. Die Ackerflächen wurden verpachtet und sich ganz auf den Weinbau fokussiert. Die Eltern helfen aber weiterhin mit, denn bei den Hummels ist alles Familiensache. Vater und Sohn kümmern sich gemeinsam um den Wein. Mutter und Tochter Andrea teilen die Leidenschaft für Selbst- und Eingekochtes. Sie produzieren wahre Köstlichkeiten die im Onlineshop des Weinguts erhältlich sind, aber auch bei sporadischen Heurigenevents am Weingut kredenzt werden.
„Warum ich den Roten Veltliner am liebsten habe? Weil ihn nicht jeder hat, weil er so ausdrucksstark ist und eine große Portion Charme mitbringt.“
Da entstehen zum Beispiel außergewöhnliche Chutneys wie Weintraube-Zucchini-Zwiebel, exquisite Fruchtaufstriche wie Rosenblüten-Frizzante oder Grüne Paradeiser-Birne sowie diverse Saucen, Salze oder feine Senfvariationen. Josefs Lebensgefährtin Sandra hilft natürlich auch mit und kümmert sich neben ihrem Hauptjob bei einer Bank um die Vermarktung.
Dass das Weingut ein Biobetrieb wurde, goutieren alle Generationen am Hof: „Meine Eltern haben schon lange vor der Zertifizierung auf Herbizide und Insektizide verzichtet“, erzählt Josef und ergänzt: „Warum soll man mit einer chemischen Keule drüberfahren, wenn’s auch anders funktioniert und man damit etwas für die eigene Gesundheit, die der Mitmenschen und der Tiere tun kann?“ Und schließlich tut diese Einstellung auch dem Wein gut: „Die Weine sind durch die Umstellung noch ausdrucksstärker, charaktervoller und ehrlicher geworden.“