Reinhild Frech-Emmelmann, die Gründerin und Geschäftsführerin von ReinSaat in St. Leonhard am Hornerwald, über einen prominenten Preis, die Konkurrenz der internationalen Saatgut-Konzerne und die Chancen der Marktgärtnerei.
Sie wurden gerade mit dem EU-Bio-Award 2024 in der Kategorie „Beste Bio-Landwirtin in der EU“ ausgezeichnet. Wofür wird dieser Preis verliehen?
Frech-Emmelmann: Eine Jury aus Institutionen und Persönlichkeiten wählt aus den Einreichungen aus, was am innovativsten und nachhaltigsten ist, was am besten der Idee des Bio-Anbaus im Allgemeinen entspricht – und was zugleich auch zukunftsfähig ist.
© ReinSaat
In diesem Fall Ihr Unternehmen ReinSaat. Das gibt es jetzt seit 25 Jahren. Ursprünglich haben sie auf drei Hektar Saatgut produziert, heute stellen Sie auf 30 Hektar rund 800 Sorten samenfestes, biologisch-dynamisch gezogenes Gemüse-, Kräuter- und Blumensaatgut her und beschäftigen ungefähr 50 Mitarbeiter:innen. Was ist das Geheimnis dieses Erfolgs?
Frech-Emmelmann: Die Idee!
Mit der Sie sich aber auch gegen Widerstände vonseiten des Establishments durchsetzen mussten.
Frech-Emmelmann: Ja, aber wenn etwas stimmt, dann stimmt es. Natürlich ist das alles nicht von heute auf morgen entstanden. Es gab eine lange Vorlaufzeit. Ich war eine der ersten, die hier im Waldviertel biologische Landwirtschaft betrieben haben, im Jahr 1981.
© ReinSaat
Wie sah dieser Beginn anno 1981 aus?
Frech-Emmelmann: Das war eine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft. Aber die Saatgutfrage hat mich immer schon beschäftigt, auch als ich noch Biologie studiert habe. Das lag in der Luft.
In dieser Frage treten Sie in direkte Konkurrenz zu internationalen Agrarkonzernen, die ihre Patente mit Zähnen und Klauen verteidigen und über millionenschwere Marketing-Etats verfügen.
Frech-Emmelmann: Wir sind keine Konkurrenz, denke ich, denn das ist einfach eine ganz andere Ausrichtung. Das sind verschiedene Welten.
In Österreich boomen gerade die kleinen Marktgärtnereien, gleichzeitig gilt in der Landwirtschaft immer noch oft: Wachsen oder Weichen. Wie sehen Sie den Strukturwandel in der Landwirtschaft?
Frech-Emmelmann: Jeder will wachsen, jeder will sich entwickeln, aber die Marktgärtnerei, die gerade mit sehr großem Erfolg aus allen Ecken heraussprießt, stellt tatsächlich eine Alternative dar. Man kann damit in einem Betrieb sehr vielfältig arbeiten und seine Produkte regional und in einer sehr guten Qualität produzieren. Das wissen die Kundinnen und Kunden zu schätzen und zahlen auch gerne den entsprechenden Preis.
© ReinSaat
Österreich schmückt sich immer wieder mit den hohen Bio-Anteilen in der Landwirtschaft und auch im Supermarkt. Gleichzeitig sind viele Bio-Landwirtinnen und Bio-Landwirte auch frustriert, weil der Markt ihrer Arbeit nicht gerecht wird. Wie schaut die Zukunft der österreichischen Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern aus?
Frech-Emmelmann: Natürlich boomt Bio. Aber es bleibt zu oft im schwächsten Glied hängen, das nun einmal Produzentinnen oder Produzenten sind. Diese werden im Preis gedrückt, und der Handel hat seine Marge. Das ist ein verkehrtes Denken. Eine Bio-Landwirtin oder ein Bio-Landwirt leistet so viel an Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen, die gar nicht bezahlt oder gefördert werden – eben das müsste aber auch zu Buche schlagen.
Aber das Grundprinzip lautet immer noch: Fläche wird gefördert.
Frech-Emmelmann: Ja, weil das Produkt immer billiger werden muss. Natürlich gibt es auch gute Qualitäten in großem Maßstab, aber es geht auf Kosten der Vielfalt. Und wenn der Preis der einzige Maßstab ist, dann wird es immer noch größere Flächen brauchen und noch mehr Automatisierung.
Gerade in einem kleinstrukturierten Land wie Österreich ist das doch eine irrwitzige Vorstellung.
Frech-Emmelmann: Ja, das hat aber auch mit der Gastronomie zu tun. Beim Wein hat sich das Qualitätsbewusstsein schon durchgesetzt, da wird ein entsprechender Preis akzeptiert. Beim Fleisch ist das schon teilweise der Fall, beim Gemüse ist man noch meilenweit entfernt. Da wird verwendet, was der Großmarkt anbietet. Da fehlt der regionale Bezug, da fehlt die Vielfalt. In anderen Ländern – in Frankreich zum Beispiel – wird Qualität viel stärker angeboten und auch von den Kundinnen und Kunden angenommen.
Diese Qualität könnte zum Beispiel von Marktgärtnereien kommen – und in der Spitzengastronomie wird das in Österreich ja durchaus schon praktiziert.
Frech-Emmelmann: Allerdings, ja. Ich sehe da große Chancen für beide Seiten. Das ist eine echte Win-Win-Situation.
Reinhild Frech-Emmelmann
gründete 1998 die Firma ReinSaat, eine Demeter-zertifizierte Landwirtschaft mit Fokus auf die Herstellung von samenfestem, gentechnikfreiem, biologisch-dynamischen und organisch biologischen Gemüse-, Kräuter- und Blumensaatgut.. Mit einer Genbank von 1.500 Sorten und 142 registrierten EU-Sorten bewirtschaftet der Betrieb rund 30 Hektar und beschäftigt über 50 Mitarbeiter:innen. Beim EU Organic Award 2024 wurde Frech-Emmelmann als „Beste Bio-Landwirtin“ in Europa ausgezeichnet.