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Warum Marktgärtnereien boomen

Warum die innovative Form des Lebensmittelanbaus in Österreich boomt und welche Vorteile sie für Konsument:innen und Landwirt:innen bietet.
von Lucas Palm
Marktgärtnerei
© Canva

Christoph Meißl ist stellvertretender Obmann des Vereins Marktgärtnerei Österreich. Er verrät im Interview, warum es sich lohnt, Teil des Vereins zu werden – und warum Marktgärtnereien in Österreich bald wie Pilze aus dem Boden schießen könnten.

Was ist eine Marktgärtnerei? Marktgärtnerei ist eine Form des intensiven, nachhaltigen Anbaus von Gemüse und Obst auf kleiner Fläche, bei der durch effiziente Methoden hohe Erträge erzielt werden. Die Produkte werden direkt auf lokalen Märkten oder über Abonnementsysteme verkauft, wobei der direkte Kontakt zwischen Produzent:innen und Verbraucher:innen im Vordergrund steht.

„In einer Marktgärtnerei geht es darum, im wahrsten Sinne des Wortes am Boden zu bleiben und Vielfalt aufleben zu lassen.“
Christoph Meißl
Herr Meißl, bevor wir auf den Verein Marktgärtnerei zu sprechen kommen – was macht für Sie eine Marktgärtnerei aus?
Christoph Meißl: Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, weil wir so viele unterschiedliche Kolleginnen und Kollegen in unserem Verein haben. Aber generell würde ich sagen, dass es in einer Marktgärtnerei darum geht, im wahrsten Sinne des Wortes am Boden zu bleiben und Vielfalt aufleben zu lassen. Indem man auf kleinen Flächen unterschiedlichste Geschmäcker produziert und diese persönlich seinen Kunden näherbringt – ob das jetzt Menschen auf dem Markplatz sind oder aus der Gastronomie. Marktgärtnereien sind einfach in vielerlei Hinsicht zukunftsweisend, sie bieten regionale Bio-Lebensmittel und sind, weil sie auf gesunde Böden und Saisonalität achten, eine wirklich nachhaltige Alternative zu den Massenprodukten aus dem Supermarkt. Deswegen brauchen Marktgärtnereien auch endlich mehr Sichtbarkeit. 

Seit 2020 vernetzt der Verein Marktgärtnerei Österreich unterschiedlichste Marktgärtnereien in ganz Österreich miteinander und vertritt diese zukunftsweisende Form einer direktvermarktenden Landwirtschaft nach außen. Mittlerweile sind es schon über 40 Mitgliedsbetriebe – und es werden immer mehr, da auch Konsument:innen den direkten Kontakt zu Bio-Lebensmittelproduzentinnen und -produzenten ihrer Region immer mehr schätzen.

© Verein Marktgärtnereien Österreich
Die Teilnehmer:innen der Bio-Net-Tagung.
Die Teilnehmer:innen der Bio-Net-Tagung.
„Unsere Arbeit besteht darin, nicht nur mit unterschiedlichen Instituten und Ministerien in Austausch zu kommen, sondern auch die Kooperation unter einzelnen Betrieben zu fördern.“
Christoph Meißl
Womit wir auch schon bei der Arbeit des Vereins Marktgärtnerei sind … 
Christoph Meißl: Die Idee ist im Jahr 2020 entstanden, als ich zusammen mit Kolleginnen und Kollegen eine Online-Community aus verschiedenen Marktgärtner:innen gegründet hatte. Dort ging’s eher um einen informellen Austausch untereinander, aber bald schon wurde der Wunsch geäußert, dass dieser Austausch vertieft und Marktgärtnereien auch nach außen vertreten werden. Also haben wir den Verein gegründet. Mittlerweile haben wir über 40 Mitglieder, und unsere Arbeit besteht darin, nicht nur mit unterschiedlichen Instituten und Ministerien in Austausch zu kommen, sondern auch die Kooperation unter einzelnen Betrieben zu fördern. Was uns selbst erstaunt, ist, wie wichtig das Netzwerken auf Events ist. Man nimmt durch Begegnungen und Diskussionen so viel Energie wieder mit aufs Feld, ob’s jetzt um neue Gemüsesorten geht oder um neue Handgriffe, die man nicht kannte – und die einem plötzlich mehrere Stunden Arbeit im Jahr ersparen. 
© Johannes Pelleter
Drohnenaufnahme der Marktgärtnerei Almgrün.
Im Bild ist die Marktgärtnerei Almgrün in Oberösterreich zu sehen, wo auf etwa einem Hektar und in zwei Gewächshäusern Gemüse nach dem Konzert der solidarischen Landwirtschaft angebaut und verteilt wird.
„Es braucht Sichtbarkeit, damit die Leute wissen, warum es Sinn macht und einfach nachhaltig ist, bei Marktgärtnereien einzukaufen – und dass die Lebensmittel von dort auch einfach besser schmecken.“
Christoph Meißl
In Österreich dominieren ein paar wenige große Konzerne den Lebensmitteleinzelhandel – inwiefern haben Marktgärtnereien eine Chance, hier eine echte Alternative zu bieten?
Christoph Meißl: Ich glaube, es ist durchaus realistisch, dass Konsumentinnen und Konsumenten hierzulande mehr und mehr Marktgärtnereien für sich entdecken. Damit das passiert, braucht es natürlich auch Öffentlichkeitsarbeit, es braucht Sichtbarkeit, damit die Leute wissen, warum es Sinn macht und einfach nachhaltig ist, bei Marktgärtnereien einzukaufen – und dass die Lebensmittel von dort auch einfach besser schmecken. Das ist mit ein Grund, warum wir Gaumen Hoch-Partner geworden sind. Wir wollen, dass wieder mehr Leute direkt mit den lokalen Produzentinnen und Produzenten in Kontakt kommen. Dadurch entstehen Begegnungen, man entdeckt neues Saatgut, neue Rezepte. Ich denke, es gibt viele Gründe, warum es realistisch ist, dass in Zukunft mehr Marktgärtnereien entstehen. 
Können Sie einige dieser Gründe erläutern?
Christoph Meißl: Österreich hat ohnehin eine verhältnismäßig kleinteilige Landwirtschaft, das ist für die Gründung von mehr Marktgärtnereien also schon einmal eine gute Ausgangsposition. Klein ist außerdem gut, weil: Eine Marktgärtnerei hat eine geringe Reichweite von etwa 20 bis 30 Kilometern, das bedeutet, es ist Platz genug für so viele Marktgärtnereien im ganzen Land! 
© Canva
Marktgaertnerinnen
In Marktgärtnereien kommt es unter anderem drauf an, gemeinsam „auf dem Boden zu bleiben und die Vielfalt aufleben zu lassen“ – auch deshalb sieht Christoph Meißl das Konzept als „zukunftsweisend“.
„In unserem Verein gibt’s einfach keine Konkurrent:innen, sondern Kolleg:innen.“
Christoph Meißl
Was kann der Verein Marktgärtnerei tun, damit dieser Wandel möglichst bald und gut funktioniert?
Christoph Meißl: Wir bieten Marktgärtner:innen die bestmögliche Unterstützung und Beratung, auch Quereinsteiger:innen, die eine Marktgärtnerei gründen wollen. Und was uns ganz wichtig ist: Dadurch, dass wir hier von so kleinteiligen Betrieben reden, gibt’s in unserem Verein einfach keine Konkurrent:innen, sondern Kolleg:innen. Selbst innerhalb einer kleinen Ortschaft gibt es manchmal mehrere Marktgärtnereien, die alle ihre eigenen Absatzwege und Zielgruppen haben. Das Potenzial in Österreich ist so groß, der Platz für mehrere Player genauso. Jetzt ist der Moment, dieses Potenzial zu nutzen – und zwar gemeinsam!

Christoph Meißl

Was kocht Ihre Frau besser als Sie?
Viele Gerichte – aber bei der Lasagne ist sie einfach unschlagbar.
Ihre Lieblingszutat?
Geschmorte Fleischparadeiser.
Ihre nächste kulinarische Reise?
Dänemark – Kopenhagen.
Wovon können Sie nicht genug kriegen?
Joghurt mit Honig.
Wie schalten Sie ab?
Unkraut zupfen hat schon manchmal etwas sehr Meditatives, aber um wirklich abzuschalten, bin ich gerne an einem See.

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