Laut Bio Austria ist der Bio-Umsatz in der Gastronomie von 2021 auf 2022 von fünf auf sieben Prozent des Gesamtumsatzes gestiegen. Trotz des steigenden Bewusstseins für Nachhaltigkeit und Qualität schrecken aber viele Gastronominnen und Gastronomen vor einer Bio-Zertifizierung zurück. Dabei könnten sie von den wachsenden Anforderungen der Gäste profitieren, die zunehmend Wert auf Transparenz und Regionalität legen. Die geringe Zahl zeigt, dass hier viel Potenzial ungenutzt bleibt.
STATUS QUO: Gibt es in Österreich eine verpflichtende Bio-Zertifizierung in der Gastronomie?
In Österreich gibt es für die Gastronomie – im Gegensatz zur Landwirtschaft und den Handel – keine verpflichtende Bio-Zertifizierung. Das bedeutet, dass Restaurants und Cafés den Begriff „Bio“ verwenden können, ohne einer entsprechenden Kontrolle unterzogen zu werden. Verschiedene Organisationen wie Bio Austria, die Biowirt:innen und auch Gaumen Hoch kritisieren, dass dies zu Intransparenz bei den Konsumentinnen und Konsumenten führt und den fairen Wettbewerb beeinträchtigt. Einige Vorreiter:innen der Gastronomie sehen das auch so und lassen sich – auch aus wirtschaftlichen Gründen – freiwillig bio-zertifizieren, doch diese Zahl ist mit ein bis zwei Prozent verschwindend gering.
Die Herausforderungen der Bio-Zertifizierung
Fakt ist: Der Weg zur Bio-Zertifizierung ist mit Aufwand und Kosten verbunden. Gastronominnen und Gastronomen müssen detaillierte Mengenflussaufzeichnungen führen, Lieferant:innenverträge überprüfen und nachweisen, dass alle verwendeten Zutaten den strengen Anforderungen der EU-Bio-Verordnung entsprechen. Hinzu kommen spezifische Anforderungen für verschiedene Bereiche: Restaurants müssen nicht nur Lebensmittel, sondern auch Getränke dokumentieren. Besonders anspruchsvoll wird es bei Mischküchen, die Bio- und konventionelle Produkte trennen müssen. Auch das Angebot an Bio-zertifizierten Lebensmitteln ist in der Gastronomie oft eingeschränkt. In der Gemeinschaftsverpflegung, etwa in Kantinen oder Schulküchen, fehlen häufig Anbieter, die Bio-Standards flächendeckend erfüllen können.
„Zu sagen ‚Mach ma halt Bio‘– damit ist es nicht getan. Es steckt ein großer Aufwand dahinter.“
Claudia Kessler, Leiterin der Bio-Kontrollstelle der Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) erklärt im Gaumen Hoch-Podcast: „Zu sagen ‚Mach ma halt Bio‘– damit ist es nicht getan. Es steckt ein großer Aufwand dahinter.“
So erkennt man bio-zertifizierte Gastronomiebetriebe
Kessler: „Zum einen: einfach im Betrieb nachfragen – viele Betriebe sind stolz auf ihre Zertifizierung. Teilweise hängen sie diese auch aus. Zum anderen gibt es Plattformen, auf denen man nachschauen kann, wie bei Natürlich gut essen in Wien oder besser essen im Burgenland.”
Das Argument, die Zertifizierung sei zu teuer, müsse jeder für sich selbst evaluieren, sagt Kessler: „Auf der einen Seite kommt ein ausgebildetes Kontrollorgan, das im Zweifelsfall eine große Range an Wissen haben muss, und hat ein Audit, das zwischen zwei und – bei großen Betrieben – zehn Stunden dauern kann. Das Ist eine Dienstleistung, die Geld kostet, das will ich gar nicht schönreden.“ Je nach Betriebsgröße und Zusatzstandards müsse man mit Kosten zwischen 600 und 2.500 Euro rechnen.
Über die Podcastfolge mit Claudia Kessler
In dieser Folge von „Übers Essen spricht man nicht“ werfen wir einen Blick auf das Fundament des Bio-Siegels: die strengen Kontrollen, die transparenten Prozesse und die Herausforderungen in der Gastronomie. Claudia Kessler, Leiterin der Bio-Kontrollstelle der Lebensmittelversuchsanstalt (LVA), erzählt von ihrem Weg in die Branche, ihrem Alltag zwischen Mengenflussberechnung und Betriebsprüfungen, und warum Bio weit mehr ist als ein Siegel. Sie erklärt, welche Mythen es über Bio-Produkte gibt, wie nationale und europäische Standards zusammenspielen und wie Gastronomiebetriebe sich dem Bio-Prinzip nähern können. Ein Muss für alle, die Bio besser verstehen wollen!
Warum sich der Aufwand lohnt
Trotz der Hürden birgt eine Bio-Zertifizierung großes Potenzial: Der Trend zu bewussterem Konsum wächst, und immer mehr Gäste erwarten Nachhaltigkeit auf der Speisekarte. Zudem berichten Gastronominnen und Gastronomen, die bereits zertifiziert sind, von einer gesteigerten Zufriedenheit ihrer Gäste und positiven Effekten auf die Mitarbeiter:innenmotivation. Die Zertifizierung schafft Vertrauen und unterscheidet ein Restaurant deutlich von der Konkurrenz.
Langfristig könnten mehr bio-zertifizierte Gastronomiebetriebe auch dazu beitragen, die gesamte Lebensmittelproduktion nachhaltiger zu gestalten. Steigende Bio-Nachfrage fördert regionale Wertschöpfungsketten und ermutigt Landwirtinnen und Landwirte, auf nachhaltigere Anbaumethoden umzustellen. In der Praxis bedeutet dies eine Reduktion von chemisch-synthetischen Düngemitteln und Pestiziden, eine höhere Bodenfruchtbarkeit und eine Zunahme der Artenvielfalt.
Vorteile einer Bio-Zertifizierung für gastronomische Betriebe
- Höheres Vertrauen der Gäste durch Transparenz
- Attraktivität für umweltbewusste Zielgruppen
- Wettbewerbsvorteil durch nachhaltige Positionierung
- Langfristige Kostenersparnis durch effizientere Prozesse
Insgesamt zeigt sich, dass Gastronomiebetriebe, die auf Bio setzen, nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten, sondern auch eine Bewegung fördern, die weit über ihre Küche hinausreicht.