Auch Weinreben wollen gesund ernährt werden. So entstehen Weine, die uns guttun, sagt respekt- BIODYN-Obmann Goëss-Enzenberg.
von Sebastian Hofer
Als Impulsgeber und Maßstab für einen zeitgemäßen, umfassend gedachten, biodynamischen Weinbau ist respekt-BIODYN ein international renommiertes Rollenvorbild. Im Gespräch mit Gaumen Hoch erzählt Michael Goëss-Enzenberg, wie es dazu kam, und was respekt-BIODYN so besonders macht.
respekt-BIODYN ist ein Verein für Menschen, die sich dem Ziel verschrieben haben, mit biodynamischen Methoden Wein von höchster Qualität und Individualität zu erzeugen. Er besteht derzeit aus 36 Mitgliedern aus fünf Ländern; dazu zählen prominente Winzerinnen und Winzer aus Österreich, Deutschland und Italien, wie Gernot und Heike Heinrich (Gols), Fred Loimer (Langenlois), Clemens Busch (Mosel) oder Elisabetta Foradori (Trient).
Was verbindet diese 36 Weingüter?
Goëss-Enzenberg: Am Anfang waren wir eine Gruppe von zwölf Weingütern, deren Ziel es war, individuelle Weine in höchster Qualität zu produzieren. Über die Vermittlung des Biodynamie-Pioniers Andrew Lorand haben wir uns vor bald 20 Jahren stärker miteinander verbunden. Lorand hat uns mit seinem profunden Wissen nicht nur über Rudolf Steiner und die Biodynamie, sondern auch darüber, wie wir diese alte Lehre heute in unseren landwirtschaftlichen Betrieben umsetzen können, begeistert und inspiriert. Im ersten Moment würde man dazu als Bäuerin oder Bauer ja instinktiv sagen: Finger weg, das ist unverständlich, wie soll das funktionieren?
Aus anfangs 12 Mitgliedern sind mittlerweile 36 geworden.
„Wenn wir Menschen uns gesünder ernähren, werden wir widerstandsfähiger. Das Gleiche gilt für eine Rebe. Das ist die Grundlage, und dieser Ansatz hat uns von Anfang an verbunden.“
Michael Goëss-Enzenberg
Und wie funktioniert es?
Goëss-Enzenberg: Die Biodynamie hat viele Facetten, aber in allererster Linie geht es um eine gute und intensive Bodenarbeit. Das bedeutet, dass wir mit bestimmten Einsaaten, mit Gründüngung und Kompostarbeit die Nahrung für unsere Reben verbessern. Wenn wir Menschen uns gesünder ernähren, werden wir widerstandsfähiger. Das Gleiche gilt für eine Rebe. Das ist die Grundlage, und dieser Ansatz hat uns von Anfang an verbunden.
Die eigene Kompostherstellung trägt einen wesentlichen Teil zur Bodengesundheit bei.
Und aus dieser Verbindung wurde bald der Verein respekt-BIODYN.
Goëss-Enzenberg: Andrew Lorand war der Vermittler nicht nur seines Wissens, sondern auch unserer Freundschaft. So würde ich den Anfang beschreiben. Dann hat sich dieser Kern weiterentwickelt, es sind Weingüter dazugekommen, die wir kannten und von denen wir wussten, dass sie ähnlich denken und arbeiten. Inzwischen sind wir 36 Betriebe – wobei das Mitglied immer der Mensch ist, nicht der Betrieb. Denn der Mensch inspiriert seinen Betrieb – ganz im Steinerischen Sinn. Rudolf Steiner hat gesagt, es kommt auf den Geist an und nicht darauf, wie viele Hektar ein Betrieb bewirtschaftet.
Das ist ein gutes Stichwort: Die Biodynamie, die auf konventionellen Pflanzenschutz und Kunstdünger komplett verzichtet, ist eine sehr arbeitsintensive Angelegenheit. Ist dieses Prinzip denn für so große Betriebe wie ihren überhaupt praktikabel? Sie können wohl nicht mehr jeden ihrer Rebstöcke täglich in Augenschein nehmen?
Goëss-Enzenberg: Richtig, ab einer gewissen Größe kommen zum reinen Bäuerin- und Bauer-Sein auch noch Management und Organisation. Kleine Bäuerinnen oder Bauern, die bzw. der seine drei Hektar bewirtschaftet, kann vielleicht seine Familie dazu einspannen und damit sein Auslangen finden. In unseren, größeren Betrieben müssen wir unsere Mitarbeiter:innen mit unserer Begeisterung anstecken, sodass sie ihre Arbeit mit Überzeugung mit uns und für uns machen. Winzer wie Gernot Heinrich, Bernhard Ott oder Fred Loimer sind im Kern gute, biodynamische Bauern, aber zusätzlich auch sehr gut strukturierte Leute. Und dann kann man auch 100 Hektar mit dem gleichen Fokus biodynamisch bewirtschaften wie zwei oder drei Hektar.
„Wenn ich nicht loyale und begeisterte Mitarbeiter habe, habe ich keine Chance, so ein Unternehmen zu bewerkstelligen.“
Michael Goëss-Enzenberg
Der „Respekt“ im Vereinsnamen bezieht sich nicht nur auf die Ökologie, sondern auch auf das Soziale, auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Goëss-Enzenberg: Das ist vielleicht sogar das Wichtigste. Wenn ich nicht loyale und begeisterte Mitarbeiter habe, habe ich keine Chance, so ein Unternehmen zu bewerkstelligen. Die sind, wenn es darauf ankommt, auch am Sonntag für den Betrieb da, bekommen dafür selbstverständlich an einem anderen Tag frei, aber sie sind eben bereit, und nur so können Sie auch in heiklen Phasen einen Betrieb gut bewirtschaften.
Weil die Arbeit dann ein gemeinschaftliches Projekt ist und nicht nur ein Job.
Goëss-Enzenberg: Genau. Ich habe Mitarbeiter:innen, die mir sagen: Ich freue mich am Sonntag schon auf Montag. Der soziale Aspekt in unserer Arbeit ist extrem wichtig, der ökologische sowieso, und daraus ergibt sich der ökonomische.
„Die Weine begeistern, die Weine tun gut.“
Michael Goëss-Enzenberg
Und auch die Weine werden besser.
Goëss-Enzenberg: Das ist meine feste persönliche Überzeugung, aber es wird uns auch von vielen unserer Kundinnen und Kunden bestätigt. Die Weine begeistern, die Weine tun gut. Wir kriegen oft das Feedback: Ich habe Rotwein nie so gut vertragen, aber ihren vertrage ich. Wieso? Ich kann das nicht medizinisch erklären, aber ich kann sagen, was wir alles dafür tun, um Weine zu machen, die eine positive Energie haben, die harmonisch sind und gut schmecken. Und wenn jemand das merkt, dann freut mich das sehr.
Ist ein Ziel von respekt-BIODYN auch, als positives Vorbild zu wirken und für eine nachhaltige, biodynamische Landwirtschaft zu werben?
Goëss-Enzenberg: Natürlich. Es gibt die Arbeit nach innen, um uns als Gruppe zu stärken. Und die Arbeit nach außen, vor allem mit Veranstaltungen wie dem jährlichen Respekt-Johanni-Fest, wo wir neben unseren Mitgliedern immer auch Gäste einladen, mit denen wir Seminare oder Verkostungen machen, bei denen wir unsere Arbeit und unsere Werte vertiefen und nach außen tragen.
Das jährliche Respekt-Johanni-Fest bietet Gästen die Chance, an Weinverkostungen teilzunehmen.
Ist ihre Partnerschaften mit Gaumen Hoch auch in diesem Sinn zu verstehen?
Goëss-Enzenberg: Das ist wirklich eine Partnerschaft, bei der man sich gegenseitig guttut und gemeinsam noch mehr erreichen kann. Uns verbindet, was wir gut finden: unsere gemeinsamen Werte und Überzeugungen, für die wir gerne auch gemeinsam nach außen gehen.
Wird respekt-BIODYN denn in den kommenden Jahren noch weiter wachsen? Die Aufnahmekriterien des Vereins sind ja relativ streng.
Goëss-Enzenberg: Das wollen wir auch weiter so halten. Die Gruppe sollte möglichst homogen sein, eine Verbindung von Gleichgesinnten mit den gleichen Zielen nach innen und außen, vom sozialen Aspekt bis zum Qualitätsziel. Und vor allem wollen wir Mitglieder, die sich auch aktiv beteiligen und nicht nur passiv eine Marke tragen. Es ist ein Geben und Nehmen. Deshalb sind wir sehr umsichtig bei der Auswahl neuer Mitglieder. Wenn wir wachsen, wollen wir positiv wachsen.
Gemeinsam mit seiner Frau Sophie führt Michael Goëss-Enzenberg seit dem Jahr 1991 das traditionsreiche Südtiroler Weingut Manincor. Seit den ersten Anfängen ist er Mitglied in der Winzervereinigung respekt-BIODYN, der er heute als Vereinspräsident vorsteht.
Neu bei Gaumen Hoch
Unsere Bewegung wächst: Um Menschen, die Lebensmittel verantwortungsbewusst herstellen oder verarbeiten. Und uns inspirieren, uns gesünder zu ernähren.