Ein Selbstläufer war es nicht, als Rica Friedl ihr Hotel „Bayerischer Wirt“ in Augsburg, der nach München und Nürnberg drittgrößten Stadt Bayerns, im Jahr 2006 auf Bio umstellte. Im Gegenteil: Die Philosophie gesunder, nachhaltiger Hotelküche auf hohem Niveau stolperte in mehreren Anläufen ins Bewusstsein der Gäste. „Da dachten viele, jetzt gibt es kein Fleisch mehr, nur noch Vegetarisches, Veganes, Rohkost und Vollkornsachen“, erzählt die Hotelchefin schmunzelnd. Fünf Jahre dauerte es, bis auch die letzte Zweiflerin und der letzte Skeptiker erkannt hatten, dass Bio nicht Einschränkung und Einengung bedeutete, sondern die Eintrittskarte in eine neue, nachhaltige und schmackhafte Genusswelt darstellte.

Wobei sich Rica Friedl nicht einfach hinsetzte und wartete, bis das passende Bewusstsein in die Gäste eingesickert war. Sie nahm, wie es ihre Art ist, die Dinge in die Hand, verbreitete die Botschaft von der Sinnhaftigkeit naturnaher Ernährung in einem Umkreis von 50 Kilometern der 300.000-Einwohner-Stadt und veranstaltete Kochkurse im Haus. „Ich war ja hobbymäßig auch als Ernährungsberaterin unterwegs und wollte den Leuten irgendwann einfach nicht mehr nur erzählen, warum sie was besser nicht essen sollten. Ich hielt es für sinnvoller, es einfach anders zu machen und die Menschen daran teilhaben zu lassen“, erinnert sie sich. Ein Zugang, der sich in jeder Hinsicht auszahlte, denn die hervorragende Bio-Küche im Hotel „Bayerischer Wirt“, das seit 1927 als Familienbetrieb geführt wird, zieht längst weit über die Stadtgrenzen hinaus Gäste magnetisch an. „Wir haben die Küche schon immer als Handwerksbetrieb verstanden, in dem die frischen und tollen Produkte aus der Region verarbeitet werden“, erklärt Rica.
„Wir leben in Bayern in einem Wunderland, in dem es leicht und einfach ist, an gute und hochwertige Produkte zu kommen.“
Bio weit über die Küche hinaus
Über den Tellerrand hinauszuschauen und Dinge zu hinterfragen ist beim „Bayerischen Wirt“ aber nicht auf die Arbeit am Herd beschränkt. Das ist seit jeher so etwas wie ein Lebensmotto im Hause Friedl. „Es ist uns gelungen, unseren Traum vom Leben, wie wir ihn privat längst gelebt haben, auch in das Geschäft zu integrieren – biologisch, bewusst, im Einklang mit Natur, Geist und Seele.“

Ob das die Gestaltung der Grünflächen rund ums Haus betrifft, die dem Bio-Hotel das Prädikat „Blühender Betrieb“ eingebracht hat, der sich um Arten- und Insektenschutz verdient macht, oder ob das die baubiologische Umgestaltung der insgesamt 30 Zimmer ist – man trifft hier an jeder Ecke auf ein Bewusstsein, das den Menschen nicht als Beherrscher der Dinge, sondern als einen Teil eines großen, ineinandergreifenden Ganzen wahrnimmt.

Das ist etwas Gewachsenes bei Rica Friedl, die als Landkind groß geworden ist, und das in einem Umfeld, in dem bereits aus freien Stücken auf chemische Keulen verzichtet und den natürlichen Prozessen ihr Lauf gelassen worden war. „Ich habe versucht, das auch meinen drei Kindern mitzugeben. In der Stadt, wo die Dinge nicht mehr ganz so naturbezogen ablaufen, ist das ein wenig schwieriger, aber man darf auch hier nicht vergessen, dass die Natur das Wichtigste ist.“ Und nicht nur das Wichtigste, sondern manchmal auch das Wirksamste: Denn als ihr ältester Sohn Rick an Asthma erkrankte, wurde er mit Salzbehandlungen wieder gesund.
„Es kommt immer wieder einmal vor, dass Geschäftsreisende, die in unserem Salzzimmer schlafen wollen, sogar ihre Termine verlegen, wenn das Zimmer gerade nicht frei ist.“
Heilsamer Schlaf durch Salzwände
Das ist der Grund, warum es im Wellnessbereich des Bio-Hotels „Bayerischer Wirt“ eine Salzgrotte und eine Salzsauna gibt. Was einst den Sohn wieder gesund werden ließ, begeisterte rasch auch eine Vielzahl von Gästen. So sehr, dass manche sich nicht nur in die Salzgrotte setzen, sondern in der Nacht auch drinnen schlafen wollten. „Wir haben dann eine Weile lang für manche Gäste am Abend Matratzen in die Grotte gelegt und diese in der Früh wieder weggeräumt“, erinnert sich Rica und muss beim Gedanken daran heute noch lachen.

Aber das konnte nur eine Not- und Übergangslösung sein, also wurde ein eigenes „Salzzimmer“ gebaut – mit drei Wänden aus Salz. „Man kann im Salz wirklich gut schlafen“, sagt Rica, „die Salzluft ist antibakteriell, steril und rein. Und weil da 84 Mineralien und Spurenelemente drinnen sind, die man aufnimmt, regeneriert man so gut, dass weit angereiste Gäste oft nicht einmal einen Jetlag haben.“
Entsprechend begehrt ist dieses Zimmer mittlerweile, und es kommt immer wieder vor, dass Gäste eigens ihre Anreise und Termine verschieben, nur um im Bio-Hotel „Bayerischer Wirt“ im Schlaf Salzluft atmen zu können. Ja, es stimmt schon, was die rührige Hotelchefin sagt: „Wir sind ein Haus, in dem man nicht nur auf den Tellern gefüttert wird. Da muss auch für Geist und Seele etwas dabei sein.“


















