Ja zu nah

Österreichs Landwirtschaft ächzt unter der Abhängigkeit des übermächtigen Großhandels. Dass das nicht mehr sein muss, beweist „Ja zu nah“.
Ja zu nah
© Ja zu nah

Raus aus den Ketten!

von Lucas Palm

Österreich hat ein Faible für Supermärkte. Für vier ganz bestimmte, um genau zu sein: Lidl, Spar, Billa und Hofer. Als Land mit einer der höchsten Supermarktdichten weltweit – um die 60 pro 100 000 Einwohner:innen – könnte man nun den Schluss ziehen: Die Österreicher:innen sind ein zutiefst kulinarisches Volk.

© Ja zu nah
Ja zu nah

Unterstützt wird diese These mit dem überdurchschnittlich hohen Bio-Anteil, der in unseren Supermärkten verkauft wird: 13 Prozent aller Lebensmitteleinkäufe hierzulande sind Bio. Das ist nicht nur ein Allzeithoch, sondern auch EU-weit der Spitzenplatz. Und doch: Die Omnipräsenz von Supermarkt-Konzernen hat auch Nachteile. „Unsere Landwirt:innen sind dadurch überdurchschnittlich stark von den Preisgestaltungen der großen Supermarktketten abhängig“, sagt Waldemar Pöchhacker, Geschäftsführer von ja zu nah. „Dasselbe gilt für den Großhandel: Auch der ist in Österreich auf ein paar wenige Player beschränkt, die Preisgestaltungen sind intransparent und gehen auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern, die den wenigen Großhandelsfirmen völlig ausgeliefert sind. Genau das wollen wir ändern.“ Das Projekt, mit dem das gelingen soll, heißt „ja zu nah“. Das Ziel: die Übermacht der wenigen Großen im Handel über die vielen Kleinen in der Landwirtschaft zu brechen. Aber wie genau?

Ehrliche Aufschlag-Qualität

Gegründet wurde „Ja zu nah“ 2022 als „Regionale Lebensmittel Kooperationen GmbH“, als Tochterfirma der Landeslandwirtschaftskammer Niederösterreich Holding GmbH. Die Idee: eine digitale Präsenz zu schaffen, auf der landwirtschaftliche Betriebe und Einkäufer:innnen für Großküchen zueinanderfinden. „Uns war schon lange klar: Es braucht für die Landwirtschaft einen zusätzlichen Absatzkanal, der aber verlässlich und vor allem transparent ist“, sagt Pöchhacker.

„Die Landwirtinnen und Landwirte bestimmen ihre Preise auf unserer Plattform selbst, wir haben einen transparenten Aufschlag, den wir in einer ‚open book‘-Kalkulation weitergeben.“
Waldemar Pöchhacker
© Ja zu nah
Ja zu nah
„Unsere Landwirt:innen sind dadurch überdurchschnittlich stark von den Preisgestaltungen der großen Supermarktketten abhängig“, sagt Waldemar Pöchhacker und möchte das mit seinem Konzept ändern.
© Ja zu nah
Ja zu nah
„Unsere Landwirt:innen sind dadurch überdurchschnittlich stark von den Preisgestaltungen der großen Supermarktketten abhängig“, sagt Waldemar Pöchhacker und möchte das mit seinem Konzept ändern.

Bedeutet: „Die Landwirtinnen und Landwirte bestimmen ihre Preise auf unserer Plattform selbst, wir haben einen transparenten Aufschlag, den wir in einer ‚open book‘-Kalkulation weitergeben. So gewährleisten wir, dass die Großküchen genau wissen, was die Landwirt:innen für ihre Lebensmittel bekommen.“ Nota bene: Der Fokus von „ja zu nah“ liegt zwar auf Großküchen – aber: Natürlich seien als Einkäufer:innen auch kleinere Gastro-Betriebe mehr als willkommen, betont Pöchhacker. Mit dem Fokus auf Großküchen gehe es darum, einen möglichst großen Markt für die österreichische Landwirtschaft zu öffnen. Dass immer mehr Großküchen und regionale Landwirt:innen über „ja zu nah“ zueinanderfinden, zeigt jedenfalls: Dieses System ist am Puls der Zeit. Das hat viele Gründe. 

„Je enger sie zusammenarbeiten, desto weniger Macht hat der Großhandel über sie – und letztlich auch über uns Gäste und Konsumenten.“
Waldemar Pöchhacker

Drei ist eine:r zu viel

Da wäre etwa der Sicherheitsaspekt. „Fällt ein:e Produzent:in aus, organisiert der große Lieferant:innen-Pool schnell und unkompliziert Ersatz und sorgt damit für Planungssicherheit“, erklärt Pöchhacker. Die Plattform bündelt außerdem immer mehr regionale Landwirt:innen – viele davon Bio! – auf einen Klick. „Man entdeckt dadurch eine riesige Auswahl – oft aus der eigenen Region, die man neu kennenlernt.“

© Ja zu nah
Ja zu nah
Der Pool an Lieferant:innen garantiert „Ja zu nah“ eine Planungssicherheit.
© Ja zu nah
Ja zu nah
Der Pool an Lieferant:innen garantiert „Ja zu nah“ eine Planungssicherheit.

Besonders wichtig ist dem Geschäftsführer von „ja zu nah” die Sache mit der Rückverfolgbarkeit. Jedes Lebensmittel lasse sich bis zum genauen Ursprung rückverfolgen. „Man bekommt also nicht nur einen Apfel aus Österreich, sondern eine ganz konkrete Sorte von einem bestimmten landwirtschaftlichen Betrieb, von einer Familie, die man kennt.“ Es sei genau dieser Transparenzgedanke, den sich nicht nur immer mehr Gäste, sondern auch Köch:innen und Gastronom:innen wünschen. Deswegen soll dem Thema Transparenz bei der Rückverfolgung eines Lebensmittels in Zukunft noch mehr Platz eingeräumt werden.

© Ja zu nah
Ja zu nah
Die Zusammenarbeit von Gastronomie und Landwirtschaft möchte „Ja zu nah“ durch absolute Transparenz erhöhen.
© Ja zu nah
Ja zu nah
Die Zusammenarbeit von Gastronomie und Landwirtschaft möchte „Ja zu nah“ durch absolute Transparenz erhöhen.

„Die Idee ist, anhand eines QR-Codes genau rückverfolgen zu können, woher genau das Lebensmittel kommt, wie viele Kilometer es hinter sich hat, damit wir zur Nummer 1 in Sachen Transparenz werden“, sagt Pöchhacker. Und: Unterschiedliche Events sollen Köch:innen und Landwirt:innen verstärkt zusammenbringen, damit beide ein noch besseres Verständnis für den jeweils anderen entwickeln. „Beide Berufsgruppen halten die Zukunft unserer Ernährung in Händen“, ist Pöchhacker überzeugt. „Je enger sie zusammenarbeiten, desto weniger Macht hat der Großhandel über sie – und letztlich auch über uns Gäste und Konsumenten.“ 

Waldemar Pöchhacker, Ja zu nah

Waldemar Pöchhacker

So einfach und so gut – welches Gericht ist das für dich?
Blunzengröstl.
Was kocht deine Frau besser als du?
So ziemlich alles, sie kann es einfach besser, ganz klar!
Was wächst in deinem Garten? 
In den Hochbeeten von Salaten bis zu Kohlsprossen.
Wovon kannst du nicht genug kriegen? 
Nussmischungen, zum reingreifen und naschen.
Drei Dinge, die du immer in deinem Kühlschrank hast? 
AMA Gütesiegel-Mopro, Eier von der Oma, Wurstwaren vom lokalen Hofladen. 

ja zu nah GmbH

ja zu nah GmbH ist Mitglied von Gaumen Hoch*

*Gaumen Hoch ist eine Gemeinschaft von Menschen aus der Gastronomie, der Landwirtschaft, aus dem Weinbau, der Hotellerie, dem Lebensmittel-Verkauf und der -Verarbeitung, die sich mit ihrem verantwortungsvollen Handeln für einen gastronomischen Wandel einsetzen. Mit ihrer Mitgliedschaft leisten sie einen Beitrag, um diese Veränderung zu unterstützen. Gaumen Hoch-Mitglieder bekennen sich zu unserem Wertemanifest und werden jährlich von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle geprüft.

Neu bei Gaumen Hoch

Unsere Bewegung wächst: Um Menschen, die Lebensmittel verantwortungsbewusst herstellen oder verarbeiten. Und uns inspirieren, uns gesünder zu ernähren.

UNSER NEWSLETTER

Werde jetzt Teil unserer Bewegung und melde dich für unseren kostenlosen Newsletter an!

Mit deiner Anmeldung erlaubst du die regelmäßige Zusendung eines Newsletters und akzeptierst die Bestimmungen zum Datenschutz.