Die Wunderkräfte des Topfens

Ein Tausendsassa für Gaumen und Gesundheit: Sowohl Topfen als auch Molke können vielfältige therapeutische Funktionen erfüllen.
Topfen
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Quark, Weißkäs, Schottenkas, Klatschkies, Luckeleskäs – viele Namen hat der Topfen. Genauer gesagt: einen in fast jeder Region, in der er verspeist wird. Und doch ist die Liste der regionalen Synonyme nicht unendlich lang. Nur in Österreich, Deutschland und der Schweiz sowie in einigen osteuropäischen Ländern ist der cremig-frische Topfen ein Bestandteil der Esskultur. Bei uns ist er allerdings weit mehr als nur ein Milchprodukt unter vielen – er ist ein echter Star. Nirgendwo ist die heimische Küche so stark vom Topfen geprägt wie in Österreich.

Von Griechen und Germanen

Die ersten belegten Überlieferungen von Topfen stammen aus der Antike, wie so oft aus Griechenland. In den Schriften des Athenaios um 200 nach Christus finden sich bereits erste Beschreibungen verschiedener Arten der Topfentorte. Belege für das gezielte Säuern und Eindicken von Milch zum Verzehr sogar schon knapp hundert Jahre früher – sowohl von den Germanen als auch von den Skythen.

Österreich/Deutschland
– Schichtkäse 
Steht dem Topfen am nächsten. Anstatt die Dickete gleichmäßig zu entwässern und glattzurühren, werden für den Schichtkäse mehrere Lagen der Dickete in ein Gefäß geschichtet. Diese haben meistens unterschiedliche Fettanteile und sind daher in Konsistenz und Geschmack unterschiedlich.
Island – SkyrIst ein geschichtsträchtiges Molkereiprodukt, das als wichtiges Kulturgut Islands fungiert. Was sich in unseren Supermärkten findet, hat oft wenig mit echtem, ursprünglichem Skyr zu tun, der selbst in Island auf weniger als zehn Höfen hergestellt wird. Er ist trockener als Topfen und schmeckt leicht hefig.
Italien – Ricotta
Auch wenn sich Ricotta optisch und in puncto Textur nahe am Topfen bewegt, wird die italienische Frischkäse-Spezialität nicht aus Rohmilch hergestellt, sondern aus Molke. Diese fällt nicht nur bei der Herstellung von Topfen an, sondern ist auch ein Nebenprodukt der Käserei.
Frankreich – Fromage blancDer aus Nordfrankreich stammende Fromage blanc bewegt sich irgendwo zwischen Joghurt, Frischkäse und Topfen. Der wichtigste Unterschied zu ihnen besteht jedoch darin, dass die in ihm enthaltenen Bakterienkulturen abgestorben sein müssen. Dadurch ist er weit weniger säuerlich im Geschmack und hat ein anschmiegsameres Mundgefühl.

Österreich, das Topfenland

Warum genau sich die Topfenherstellung letztlich nur in Österreich, Deutschland, der Schweiz und einigen Teilen Osteuropas durchgesetzt hat, ist nicht überliefert. Tatsache ist jedoch, dass es heute zumindest im ‚westlichen‘ Kulturkreis überall landestypische Spezialitäten gibt, die zwar eng mit dem Topfen verwandt sind, aber eben doch ihre eigenen Charakteristika aufweisen.

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Topfenstrudel
Beleibt ist der Topfen zu Beispiel im Strudel.

Die Vielfalt an Rezepten und Verwendungsmöglichkeiten, die wir in Österreich für den Topfen gefunden haben, ist jedoch weltweit einmalig. Süß- und Mehlspeisen wie Topfenstrudel, Topfenknödel, Topfentorte, Topfenpalatschinken, Kasnudeln oder Schlutzkrapfen sind historische Größen der heimischen Küche – und bis heute nicht mehr aus ihr wegzudenken.

Topfen ist nicht gleich Quark – ein Blick auf die Herstellung

Der große Erfolg österreichischer Topfenrezepte ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sich hierzulande eine ganz eigene Art der Topfenzubereitung durchgesetzt hat, die sich in Konsistenz, Geschmack und Herstellung vom in Deutschland üblichen Quark unterscheidet. Beim so genannten Bauerntopfen handelt es sich um eine traditionsreiche Topfenvariante, die auch heute noch in vielen Käsereien der Republik produziert wird.

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Topfen
Der Topfen gehört zu den Produkten, die den größten Einfluss auf die österreichische Küche hatten.

Im Gegensatz zum Quark, der entweder durch Säuerung oder durch Zugabe von Lab zur Frischmilch entsteht, wird beim Bauerntopfen in der Regel beides eingesetzt. Die frische Rohmilch wird mit Milchsäurebakterien versetzt und ruht einige Stunden bei warmer Zimmertemperatur. Anschließend werden geringe Mengen Lab hinzugegeben und gut verrührt. Dabei wird etwa ein Zehntel der Menge verwendet, die man für die Produktion von Schnittkäse benötigen würde. Nach einer weiteren Ruhezeit unter relativ hoher Umgebungstemperatur (ideal sind 25-32°C) ist die Rohmilch eingedickt.

Die nun gallertartige Milch, die so genannte Dickete, wird in grobe Würfel geschnitten, um die Molke ausrinnen zu lassen. Diese Würfel werden dann so schonend wie möglich in ein Käsetuch gefüllt und darin immer wieder sanft bewegt, um über einige Stunden weitere Molke abrinnen zu lassen. Auf diese Weise verliert der Bauerntopfen besonders viel Wasser und bekommt seine charakteristisch-bröselige Konsistenz.

„So ein Topfen!“Bei der beliebten Redensart handelt es sich gleich um eine doppelte Entlehnung. Bevor sie nach Österreich kam, sprach man bereits in Deutschland von „Quark“, wenn man jemandes Rede als übertrieben oder unwahr entlarven wollte. Doch auch die Deutschen haben sich die kreative Formulierung nicht selbst ausgedacht. Tatsächlich war das Wort „Quark“ in der niederländischen Sprache des ausgehenden Mittelalters gleichbedeutend mit „Unsinn“ oder „Nichtigkeit“. Von hier aus trat die Floskel schließlich ihre weite Reise über Deutschland bis nach Österreich an. 

Schmerztherapie und Schönheitskur

Die Herstellung von Topfen ist eine wahre Fundgrube für gesundheitsbewusste Menschen. Sowohl der Topfen als auch die anfallende Molke eignen sich hervorragend zum Verzehr, können aber auch vielfältige therapeutische Funktionen erfüllen. So wirkt ein Molke-Bad wahre Wunder für die Haut. Einfach eine beliebige Menge davon ins warme Badewasser geben – je mehr Molke, desto besser der Effekt – und das heilsame Vollbad genießen. Beim Verlassen der Badewanne legt sich eine dünne Schicht aus Milcheiweiß auf die Haut, die diese revitalisiert, mit Feuchtigkeit versorgt und so wieder wunderbar geschmeidig macht. 

Im Vergleich zur Molke kann der eigentliche Topfen im Körper allerdings noch zu weit mehr beitragen als zur Hautstraffung. In Form von Topfenwickeln gilt er seit Jahrhunderten als eines der beliebtesten Hausmittel bei Entzündungen, Verbrennungen, Gelenk- und Muskelbeschwerden sowie Blutergüssen aller Art. Kalte Topfenwickel wirken angenehm schmerzlindernd und sind, gleichsam wie warme Topfenwickel, nachweislich entzündungshemmend. Für welche der Varianten man sich entscheidet, hängt von der Art der Beschwerde ab.

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