8 Dinge, die wir von einem Zukunftsforscher über Gesellschaft und Genuss lernen können

Tristan Horx beleuchtet in einem Vortrag zentrale Entwicklungen, die Genuss, Werte und das gesellschaftliche Miteinander prägen.
Zukunftsforscher Tristan Horx bei der Gaumen Hoch-Connection Juli 2025 im Kolarik im Prater
@ Gaumen Hoch

Wie verändert sich unser Verständnis von Genuss, Gemeinschaft und Nachhaltigkeit? Mit genau diesen Fragen entführte Zukunftsforscher Tristan Horx bei der Gaumen Hoch-Connection im Juni 2025 in eine inspirierende Reise durch gesellschaftliche Trends und Gegentrends. Sein Vortrag zeigte: Genuss ist heute weit mehr als bloßer Konsum, Gemeinschaft bedeutet mehr als Zugehörigkeit – und Nachhaltigkeit verlangt nach neuen, mutigen Narrativen. Die folgenden acht Impulse aus dem Vortrag laden dazu ein, bekannte Denkmuster zu hinterfragen – und Genuss, Verantwortung und Gemeinschaft neu zu entdecken.

@ Gaumen Hoch
Zukunftsforscher Tristan Horx bei der Gaumen Hoch-Connection Juli 2025 im Kolarik im Prater
Tristan Horx spricht beim Mitgliedertreffen von Gaumen Hoch vor Pionier:innen des bewussten Genusses im Kolarik im Prater.

Über Tristan Horx

Tristan Horx ist ein deutscher Zukunftsforscher, Autor und Speaker, der sich vor allem mit gesellschaftlichen Veränderungen, Generationenforschung und Konsumtrends beschäftigt. Bekannt wurde er durch seine Arbeit am Zukunftsinstitut, zahlreiche Vorträge und Medienauftritte im deutschsprachigen Raum. Als Sohn des renommierten Trendforschers Matthias Horx ist er mit dem Thema Zukunftsforschung aufgewachsen und bringt einen analytischen, aber verständlichen Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen ein. Bei der Gaumen Hoch-Connection hielt er im Juni 2025 einen fesselnden Vortrag vor den Mitgliedern.

1. Die Zukunft verläuft nicht linear – sie ist voller Gegensätze

Statt sich einfach in eine Richtung zu entwickeln, bewegt sich die Zukunft in Wellen: Jeder gesellschaftliche Trend bringt einen Gegentrend hervor.

@ Gaumen Hoch
Zukunftsforscher Tristan Horx bei der Gaumen Hoch-Connection Juli 2025 im Kolarik im Prater

Tristan Horx erläuterte dieses Prinzip anschaulich am Beispiel des Veganismus. Als dieser nachhaltige Ernährungstrend medial große Aufmerksamkeit erhielt, entstand als Reaktion darauf ein Gegentrend für bewussten, inszenierten Fleischgenuss.

Letztendlich würden sich die meisten Menschen aber irgendwo dazwischen einpendeln, meint Horx: „So sehr wir das auch wollen, wir werden nicht alle vegan werden. Es gibt eine Mischform dazwischen, eine mehrheitsfähige auch, die nicht so laut dramatisch schreit: Flexitarismus.“ Und scherzt:

„Flexitarismus bedeutet, dass man so fünf-, sechsmal die Woche Fleisch isst. Und dann achtet man darauf, dass es dann regional und qualitätsvoll ist.“
Tristan Horx

2. Glokalisierung: Das Beste aus zwei Welten

Die Zukunft ist nicht entweder global oder lokal – sie ist beides zugleich. Tristan Horx beschreibt „Glokalisierung“ als das kreative Zusammenspiel globaler Trends mit lokaler Identität. Das bedeutet: Regionale Produkte, Traditionen und Geschmäcker gewinnen an Bedeutung, doch sie werden durch globale Impulse, Technologien und Ideen bereichert.

„Die Zukunft wird glokal. Das Lokale und das Globale vermengen sich miteinander. Das nennen wir dann Glokalisierung.“
Tristan Horx
  • Globale Inspiration, lokale Umsetzung: Neue Genussformen entstehen, wenn lokale Produzent:innen globale Trends aufnehmen und mit regionalen Rohstoffen, Handwerk und Traditionen verbinden. So wird etwa Miso aus heimischen Zutaten in Österreich hergestellt oder Streetfood-Kultur mit regionalen Spezialitäten interpretiert.
  • Stärkung der Region durch Weltoffenheit: Glokalisierung sorgt dafür, dass lokale Wertschöpfung und Nachhaltigkeit gefördert werden, während die Offenheit für Neues erhalten bleibt. Die Region wird nicht zur abgeschotteten Insel, sondern zum kreativen Knotenpunkt im weltweiten Netzwerk.
  • Hybride Genusskultur: Die Verschmelzung von global und lokal schafft eine neue, vielfältige Genusskultur. Menschen genießen das Beste aus beiden Welten – authentisch, abwechslungsreich und zukunftsfähig.

3. Down Aging: Wir werden älter – und glücklicher

Jede Generation fühlt sich im Schnitt etwa sieben Jahre jünger als die vorherige im gleichen Alter. Das bedeutet: Menschen bleiben länger aktiv, offen und neugierig. Lebensfreude und Genuss sind heute keine Frage des Alters mehr. Die Glückskurve zeigt sogar, dass viele Menschen mit zunehmendem Alter zufriedener werden, weil Stress und Sorgen abnehmen.

@ Gaumen Hoch
Zukunftsforscher Tristan Horx bei der Gaumen Hoch-Connection Juli 2025 im Kolarik im Prater

4. Die Rückkehr des „Wir“: Sehnsucht nach Gemeinschaft

Nach Jahren der Individualisierung wächst heute das Bedürfnis nach echter Gemeinschaft. Immer mehr Menschen leben allein, doch die Sehnsucht nach Austausch und gemeinsamen Erlebnissen steigt. Tristan Horx beschreibt diesen Wandel so:

„Das Bedürfnis nach dem Wir ist doch so stark wie noch nie in der Gesellschaft. Wir sind digital unglaublich fragmentiert und irgendwie haben wir keine Lösungen darauf, wie wir wieder zusammenfinden, generationsübergreifend.“
Tristan Horx
  • Vereinzelung und digitale Fragmentierung: Viele Menschen vermissen Nähe und Unterstützung im Alltag – digitale Vernetzung kann das Bedürfnis nach echten Begegnungen nicht ersetzen.
  • Gegentrend zur Vereinzelung: Neue Wohn- und Lebensmodelle wie Mehrgenerationen-Wohnen oder Community-Plattformen entstehen und fördern generationsübergreifenden Dialog.
  • Gesellschaftlicher Motor: Die Rückkehr des „Wir“ ist eine Reaktion auf Überforderung und soziale Ängste, die mit der Vereinzelung einhergehen. Horx sieht darin eine „Korrekturschleife“:
    „Wir sind jetzt in dieser Sehnsucht nach dem Wir. […] Das Bedürfnis nach Gemeinschaft ist so groß wie noch nie.“

5. Generationenkonflikte sind oft mathematisch – nicht nur kulturell

Zukunftsforscher Tristan Horx bei der Gaumen Hoch-Connection Juli 2025 im Kolarik im Prater

Spannungen zwischen Jung und Alt entstehen nicht nur durch unterschiedliche Werte, sondern auch durch demografische Verschiebungen: Es gibt immer mehr ältere Menschen, während die Zahl der Jüngeren sinkt. Wohlstand und Kaufkraft sind ungleich verteilt, was zu Verteilungsdebatten und neuen Herausforderungen für Arbeit, Konsum und gesellschaftlichen Zusammenhalt führt.

6. Nachhaltigkeit braucht neue Narrative

Nachhaltigkeit ist längst mehr als Verzicht und Einschränkung – sie wird heute als Einladung verstanden, Genuss und Verantwortung kreativ miteinander zu verbinden. Es geht darum, nachhaltige Lösungen mit Lebensfreude, Innovation und Pragmatismus zu gestalten. Tristan Horx spricht in seinem Vortrag von einer „blauen Ökologie“, die den alten Gegensatz zwischen Genuss und Verantwortung auflöst. Sie grenzt sich bewusst vom klassischen „grünen“ Denken ab, das häufig mit Verzicht, Schuld und Einschränkung assoziiert wird.

„Es gibt gar keinen Müll. Die Zukunft ist dann erreicht, wenn wir intelligent verschwenden können. Nachhaltiger Hedonismus. So macht man Leuten Bock auf das Thema, nicht indem man da ewig Verzicht predigt.“
Tristan Horx

Beispiele für „intelligentes Verschwenden“ und innovative Nachhaltigkeit:

  • Carbon-Wodka aus CO₂. Ein US-Unternehmen stellt Wodka her, dessen Alkohol direkt aus der Umwandlung von CO₂ gewonnen wird. Der Prozess nutzt Solarenergie, um das Treibhausgas in Ethanol zu verwandeln. Für jede Flasche wird so viel CO₂ gebunden wie acht Bäume aufnehmen. Das Ergebnis: Ein Genussmittel mit positiver Klimabilanz – „Saufen für die Umwelt“, wie es humorvoll im Vortrag heißt.
  • Dämmstoffe aus Abfall. Moderne Dämmstoffe werden aus recycelten Materialien wie alten PET-Flaschen oder gebrauchten Jutesäcken hergestellt. Sie bieten nicht nur eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Dämmstoffen, sondern sind auch günstiger und ökologisch sinnvoller. So wird Abfall zum wertvollen Rohstoff für die Bauwirtschaft.
  • Milchseide. Inzwischen kann aus überschüssiger Milch ein seidiges Textil hergestellt werden. Diese sogenannte Milchseide ist biologisch abbaubar und nutzt einen Rohstoff, der sonst entsorgt werden müsste. Damit wird ein Nebenprodukt der Landwirtschaft zu einem nachhaltigen Material für die Textilindustrie.
  • Kreislaufwirtschaft im Alltag. Das Prinzip „Cradle-to-Cradle“ (von der Wiege zur Wiege) setzt darauf, dass Produkte so konzipiert werden, dass sie nach Gebrauch vollständig recycelt oder wiederverwendet werden können. Beispiele sind Möbel aus recyceltem Holz oder Verpackungen, die vollständig kompostierbar sind. So bleibt der Rohstoff im Kreislauf und es entsteht kaum Abfall.
  • Solarenergie und neue Energietechnologien. Die Nutzung von Solarenergie nimmt rasant zu. Visionäre Ansätze wie transparente Solarpanels auf Glasfassaden oder innovative Windturbinen („Vortex-Turbinen“) zeigen, wie Energiegewinnung ästhetisch, effizient und umweltfreundlich gestaltet werden kann.

7. Wertewandel: Gesundheit, Freiheit und Familie im Zentrum

Die jüngeren Generationen setzen auf Sicherheit, Gesundheit und soziale Bindungen. Überraschend: Diese Werte sind heute generationsübergreifend stabil. Nachhaltigkeit ist kein reines Jugendthema, sondern verbindet Alt und Jung. Die Prioritäten verschieben sich zwar, aber der Wunsch nach Sinn, Qualität und Zugehörigkeit bleibt.

8. Technologie als Ermöglicher – nicht als Bedrohung

Technologie wird zur Brücke zwischen Genuss und Verantwortung. Von Solarenergie über KI bis zu innovativen Lebensmitteln: Neue Technologien eröffnen Wege, nachhaltigen Lebensstil und Lebensfreude zu verbinden. Entscheidend ist, dass wir Technologie aktiv gestalten und ihre Möglichkeiten für eine bessere Zukunft nutzen – statt sie nur als Bedrohung zu sehen.

Zukunft mitgestalten

Die Zukunft des Genusses ist ambivalent, gemeinschaftlich und voller Möglichkeiten. Wer Trends und Gegentrends erkennt, kann aktiv mitgestalten – Genuss, Nachhaltigkeit und Gemeinschaft schließen sich nicht aus, sondern befruchten einander. Das ist die Einladung eines Zukunftsforschers an uns alle: Hebt eure Ansprüche, denkt Genuss neu – und gestaltet die Zukunft mit.

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