Stichwort brasilianische Küche – woran denkst du? Wenn dir jetzt nach Caipirinha und „vielleicht was mit Bohnen“ nicht mehr viel einfällt, dann ab in die Gumpendorfer Straße, wo dir neue kulinarische Welten eröffnet werden. „Die Österreicher:innen kennen brasilianisches Essen nicht so gut, und das würde ich gerne ändern“, sagt Kias Burget, Chefkoch und Inhaber von Kias Kitchen – Casual Restaurant.
Von der Bühne in die Küche
Das gemütliche Lokal mit 28 Sitzplätzen drinnen und nochmal 14 im kleinen Schanigarten auf der „Gumpi“, wie Ansässige die Straße liebevoll nennen, ist Kias und seinem Mann Alex „passiert“. Als die beiden sahen, dass die Location vermietet wurde, schlugen sie zu und planten erst danach.
„Ich habe immer mit dem Gedanken gespielt, ein Lokal aufzumachen, aber dann ging es schnell. Ich komme nicht aus der Branche. Ich bin ehemaliger Balletttänzer und habe vorher noch nie in einer Gastroküche gestanden“, erzählt Kias. Ungeachtet dessen sprang er ins kalte Wasser und eröffnete im Dezember 2020 eines der wenigen brasilianischen Lokale Wiens.
„Brasilien ist so groß und ich kann mich nicht von einer Speise oder einem Drink bestimmen lassen, umso weniger von Samba, Fußball und nackten Frauen.“
Kias beschreibt sein Speisenangebot als „Modern Brazilian“: „Ich möchte den Leuten ein Brasilien zeigen, das sie noch nicht kennen. Es gibt sehr viele Klischees mir und dem Lokal gegenüber. Weil ich Brasilianer bin, haben die Leute Erwartungen, die ich niemals erfüllen werde. Brasilien ist so groß und ich kann mich nicht von einer Speise oder einem Drink bestimmen lassen, umso weniger von Samba, Fußball und nackten Frauen.“
Kias kocht authentisch brasilianisch, also mit sehr viel Gemüse, Bohnen, Maniok, ab und zu Fisch (Wels von blün) und nur zwei Gerichten mit Rindfleisch von Höllerschmid. Das Angebot ist in zwei Tasting-Menüs unterteilt, einmal Vegetarisch (und zum Großteil sogar vegan) und einmal mit Fleisch – ganz entspannt Durchkosten geht also immer und Kias erklärt mit sehr viel Freude jedes unbekannte Gericht: „Ich freue mich, wenn die Gäste nicht nur essen, sondern auch was Neues lernen und ich ihnen einen Teil brasilianischer Kultur vermitteln kann. In unserem kleinen Familienbetrieb sollten sich alle gut aufgehoben fühlen.“
„Österreich ist mit so viel Vielfalt gesegnet – ich baue das in die brasilianischen Speisen ein und finde so meine ganz eigene Contemporary Cuisine.“
Gelungener Mix der Kulturen
Alle drei bis vier Monate wechselt die saisonale Speisekarte. Kias verkocht zum Großteil regionale Bio-Produkte und importiert nur, was nicht anders geht – wie Kokosmilch. Er vermeidet es auch, Fleisch oder Meeresfrüchte aus dem Ausland zu beziehen, weil es für eine authentische, brasilianische Küche gar nicht notwendig ist. „Österreich ist mit so viel Vielfalt gesegnet, von Spargel über Beeren bis Kürbis – ich baue das in die brasilianischen Speisen ein und finde so meine ganz eigene Contemporary Cuisine.“ Neben Regionalität und Bio-Herkunft sind Kias, vor allem bei Importprodukten, Arbeitsbedingungen ein besonderes Anliegen. „Meine Produkte müssen mehr als fair trade sein, darauf achte ich. Moderne Sklaverei ist noch immer ein großes Problem, wogegen ich mich stark mache.“
Auch bei der Gestaltung des Lokals harmonieren verschiedene kulturelle Einflüsse. Alex ist Halbgrieche, was das Paar mit weiß-blauen Fliesen, Holzmöbeln und Bildern von Olivenbäumen aufgegriffen hat.
„Das Schönste ist, die Leute glücklich zu sehen!“
Der griechische Einfluss wird darüber hinaus in der Weinkarte und vor allem beim Service deutlich. „Mein Mann ist der beste Gastgeber, den ich kenne. Er ist auch ein großer Teil des Lokals. Immer mal wieder machen wir Greek-Wine-and-Dine-Abende“, sagt Kias. Und Ouzo gibt’s natürlich auch.
Das Restaurant ist das zweite Wohnzimmer der beiden und genau das soll auch bei den Gästen ankommen. „Das Schönste ist, die Leute glücklich zu sehen!“, meint Kias. Dafür kommt er auch gerne kurz aus der Küche raus, wo er gemeinsam mit Küchenhilfe Natalia sonst alles allein schupft. Der Vorteil einer kleinen Küche: Regelmäßig wird alles gut portioniert und frisch zubereitet, so wird auch nichts weggeschmissen.
Kias macht vom Frischkäse für den Cheesecake über das Suppenpulver bis zum Tonkabohnen-Sirup für die Drinks alles selbst. „Das ist mir ganz wichtig und das würde ich mir auch von anderen Gastronominnen wünschen, darum sage ich ständig: Bitte mach das mit Liebe!“
Das merken auch die Gäste. Wer nach dem Schokomousse und der Mangocreme noch etwas mehr über Brasilien erfahren möchte, bestellt am besten den Drink „Mais um“ (auf Deutsch: noch eins) und fragt Kias nach seiner Heimatstadt Brasilia. Das könnte ein längerer Abend mit neuen Freunden werden.