Die Verwirrung ist verständlich, aber auch nicht unüberwindlich, also ganz schnell zur Klärung: Das Lokal „Nummer 11“ findet sich tatsächlich auf der Hausnummer 22, Gramatneusiedl-Hauptstraße. Der Name von Lukas Horaks wunderbarem Eissalon-plus-Patisserie-plus-Café übersiedelte aus Gründen der Wiedererkennbarkeit vom alten Standort, der nur ein paar Häuser entfernt lag, mit. Wobei man schon sagen muss: Der Wechsel auf die 22 hat der 11 wirklich gutgetan. Lukas Horak hat da jetzt nämlich deutlich mehr Platz, und der wird auch bestens bespielt.
Nichts Schöneres als das
Bevor er darüber genauer erzählen kann, muss Lukas Horak aber noch schnell einen Rhabarber-Streusel-Kuchen finalisieren, er hat jetzt zwar mehr Platz, aber immer noch nur zwei Hände. Und die Arbeit eines Eissalon-plus-Patisserie-plus-Café-Betreibers ist tendenziell nie zu Ende und bisweilen auch ganz schön viel. Aber Horak macht sie gern, ganz ehrlich: „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.“
„Ich will mich selbständig machen.“
Sein Onkel hat einst ein Ausflugsgasthaus in Mödling betrieben, da hat Lukas schon als Kind gewusst, dass er in die Gastronomie will.
Das Gewerbe hat er dann auch bei den Besten gelernt: nach der Schule gleich einmal für eineinhalb Jahre im Steirereck im Stadtpark, dann im Restaurant Johanns im bayerischen Waldkirchen, im Wiener Park Hyatt und noch eine Saison lang in Ischgl, aber dann war auch langsam klar: „Ich will mich selbständig machen.“ Die angepeilte Übernahme des Onkel’schen Gasthauses zerschlug sich damals leider, also ging er anno 2019 auf die Suche nach einer passenden Lokalität. Er war jung und hatte wenig Geld – und fand, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Sandra Friedel, das Büro eines Steinmetzbetriebs in Gramatneusiedl. 25 Quadratmeter Gesamtfläche, fein, aber klein.
Aller Anfang ist fein
Zur Immobilie wurde auch bald ein passendes Konzept gefunden, es galt die Devise: Aller Anfang ist klein – und in Horaks Fall: ein Eissalon. Aber was für einer. Nur beste Grundprodukte, kein Chemiebaukasten, keine Conveniencepulver, sondern Pistazien und Haselnüsse aus kleiner Landwirtschaft in Italien, echte Vanille, Fruchtpürees aus frischen Früchten, von Anbieter:innen, die er persönlich kannte und von denen er wusste, dass sie gut und nachhaltig arbeiten. Der Eissalonist erinnert sich: „Ich hatte in dem Mini-Lokal ja wenig Fixkosten, also konnte ich bei den Produkten in die Vollen gehen. Ich hab einfach das Beste eingekauft.“
Neue Möglichkeiten
Das ist der Kundschaft nicht lange verborgen geblieben, auf Nummer 11 wurde es – trotz Pandemie, die just zur Eröffnung ausgebrochen war – rasch zu klein, aber glücklicherweise tat sich dann auf Nummer 22 ein ehemaliges Reisebüro auf, und voilà: ganz neue Möglichkeiten, zum Beispiel aufwändige Frühstücksvarianten, von Eggs Benedict bis zum Strohschwein-Schinkensemmerl, natürlich die vom Chef handwerklich produzierten Brioches und Eclairs, Kuchen, Crumbles und Granolas.
„Das wird mir beim Großkonzern nie passieren.“
Und auch am neuen Standort gilt als erste Regel: Die Produkte müssen passen. Das hat nicht nur Qualitätsgründe, sondern liegt gewissermaßen in der DNA von Nummer 11. Nachhaltigkeit ist immer auch eine soziale Frage: Wenn man die Menschen kennt, deren Produkte man verwendet, dann wird man diese Produkte noch einmal ganz anders wertschätzen – und entsprechend behandeln.
Die Bauerneier in Lukas Horaks Cafe stammen deshalb von zwei befreundeten Bio-Höfen (Unger und Speckl), die gebeizte Lachsforelle von der ebenfalls befreundeten Fischzucht Thorhof, der Kaffee von der Rösterei CultCaffè in Neumarkt an der Ybbs, die Schokolade vom Zotter, die Fruchtsäfte von Johann Schilger aus Mitterndorf an der Fischa und das Mehl für das hausgebackene Brot von der Demeter-zertifizierten Dyk-Mühle in Raabs an der Thaya. Lukas Horak sagt: „Es ist erstens schöner und zweitens aber auch einfach praktischer, wenn du mit kleinen Lieferantinnen und Lieferanten zu tun hast. Dann kennst du die Leute, sie kennen dich und du kannst direkt kommunizieren. Das wird mir beim Großkonzern nie passieren.“
Heiße Liebe
Bei Lukas Horak in der Nummer 11 kann es dir dafür passieren, dass du zum Frühstück kommst, aber nicht mehr gehen magst, weil es hier so schick und freundlich ist, also bleibst du sitzen, schaust dem Chef über die Schulter, plauderst mit der Chefin, lässt dir einen Eisbecher namens „Herr Nachtisch“ bringen (Mohn-Powidleis, Himbeersorbet, Pistazieneis, Himbeerröster, Schlagobers, Mandelsplitter) oder einen „Signora Sgroppino“ (Orange-Aperol-Sorbet, Prosecco, Vodka, Aperol), und dann denkst du dir, und zwar mit Fug und Recht: „Heiße Liebe“. Mitten in Gramatneusiedl.