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Weinhaus Kirchberg am Wagram

Rafael Reisser und Lukas Humer kochen Gourmetmenüs in Kirchberg. Dazu gibt’s eine Top-Weinauswahl, viel Sympathie und regionale Klassiker.
© Leonhard Hilzensauer

Wein und Wille

von Anna Gugerell

Klare Linien, reduziertes Design in warmen Holztönen, eine große Fensterfront, atmosphärische Beleuchtung und angenehme Hintergrundklänge. Wer beim Wochenendausflug durch den Kirchberger Ortskern am Wagram radelt, der bleibt schon mal mit großen Augen unter dem alten Kastanienbaum im Gastgarten des Weinhaus Kirchberg stehen. Das stylische Lokal überrascht an dieser Ecke und heißt die Radler:innen trotzdem willkommen.

© Leonhard Hilzensauer
Wir wollten etwas schaffen, wo sich alle wohlfühlen. Aber mit gehobener Küche.“
Lukas Humer

Die Küchenchefs Rafael Reisser und Lukas Humer haben das Restaurant 2021 gemeinsam mit den Eigentümern Jana und Leonhard Vogel entwickelt und eröffnet. „Wir wollten etwas schaffen, wo sich alle wohlfühlen. Aber doch mit gehobener Küche“, erzählt Lukas. „Bei uns kann man einen besonderen Anlass bei einem 5- oder 6-Gang-Menü feiern, aber auch am Sonntag auf ein Schnitzel oder Gulasch kommen“, ergänzt Rafael. 

Beim Weinhausmenü kommen Gourmets voll auf ihre Kosten – die Speisenauswahl ist kreativ, saisonal und wechselt alle eineinhalb Monate. Wer auf Frittatensuppe und Schnitzel nicht verzichten möchte, findet österreichische Traditionsgerichte im Klassikermenü. Die Idee war, auf regionale Küche zu setzen und Innovation reinzubringen, wobei vor allem die Qualität der Lebensmittel im Vordergrund steht. 

© Leonhard Hilzensauer

„Unsere Produkte müssen gut sein – wir verkosten natürlich –, idealerweise bio und auf jeden Fall regional, weil da gibt’s das Beste direkt vor der Haustür“, sagt Lukas. Das meiste Fleisch wird von der Fleischerei Höllerschmid bezogen, Wild kommt direkt von Jäger Paul Schaufler aus der Au. „Wenn wir ein Wildmenü planen, setzen wir unseren hauseigenen Jäger konkret darauf an. So bekommen wir genau, was wir brauchen, und können alles verwerten. Wild-Salami fürs Gedeck oder Reh-Pastrami machen wir auch selbst“, erklärt Rafael.

Wir schreiben das Menü und unsere Partner-Winzer:innen suchen explizit ihre passenden Weine zu den Gerichten aus.“
Lukas Humer
© Leonhard Hilzensauer

Über 450 Weine zur Auswahl

Der Name des Lokals kommt nicht von ungefähr, und so ist der Wein keine Begleiterscheinung, sondern für viele das Highlight des Besuchs. Die mehrfach ausgezeichnete Weinkarte umfasst über 450 Positionen, wobei der Fokus auf regionalen Weinen aus dem Wagram liegt. Circa 15 Wagramer Weine sind immer offen und auf das saisonale Menü abgestimmt. „Wir schreiben das Menü und unsere Partner-Winzer:innen suchen explizit ihre passenden Weine zu den Gerichten aus“, sagt Lukas.

© Leonhard Hilzensauer

Beste Freunde, beste Küche

Die beiden Köche sind nicht nur Kollegen, sondern auch beste Freunde, seit sie sich vor 10 Jahren bei Mörwald in Feuersbrunn kennengelernt haben, wo Lukas Lehrling war. Nachdem beide unabhängig voneinander viel gelernt und viel gesehen hatten, war die Zeit reif für ein gemeinsames Projekt. „Am Anfang mussten wir uns erst zusammenfinden“, gesteht Rafael. „Zwei Küchenchefs mit unterschiedlichen Arbeitsweisen und einem starken Willen – Halleluja, der Montag war nicht immer leicht. Aber jetzt arbeiten wir top zusammen. Wir kennen uns so gut und sind eingespielt, da reden wir auch nicht viel. So eine ruhige Küche wie bei uns findet man nicht oft.“

© Leonhard Hilzensauer

Außer den beiden Köchen arbeitet in der Küche nur noch Abwäscher Reini. Hier ist also jeder Handgriff Chefsache. Wobei jeder seinen Bereich hat. Lukas beschäftigt sich als Vegetarier am liebsten mit Kräutern und Gewürzen, die er auch selbst zusammenstellt. Er ist außerdem für Vorspeisen, Beilagen und Patisserie zuständig, während Rafael Fleisch und Fisch sowie Saucen zubereitet. Die restlose Verwertung aller Zutaten ist beiden ein besonderes Anliegen: „Gemüseabschnitt fermentieren wir, Schalen werden zu Suppenpulver verarbeitet und wir versuchen ohnehin nur genau das einzukaufen, was wir verbrauchen.“

© Leonhard Hilzensauer

Frischer Wind am Wagram

Individualität und Nachhaltigkeit sind im Konzept des Weinhaus Kirchberg von Grund auf verankert. Die Größe des Lokals mit 35 Sitzplätzen drinnen und nochmal 35 auf der Terrasse ist extra so gewählt, um perfekt kalkulieren zu können. Kräuter werden im Hochbeet selbst angebaut und Blumen werden von Kellner Klausi persönlich gepflückt. Jeannine ist als Chefkellnerin für Aperitiv und saisonale Cocktails verantwortlich. So viel Hingabe bekommt auch positives Feedback, vor allem von Ausflugsgästen, für die sogar zwei Gästezimmer verfügbar sind.

Mit Events wie Afterwork-Cocktailhour, Winzerdinner mit den Wagramer Zampanos wie Bernhard Ott, Karl Fritsch oder Franz Leth oder Menüs zu Anlässen wie Muttertag, Martini oder Wildwochen werden aber auch die Kirchberger:innen langsam warm. „Das freut uns am allermeisten, wenn Gäste gerne wiederkommen“, betont Lukas, „oder wenn die Leute aus der Umgebung durch uns was Neues kennenlernen konnten!“

Rafael Reisser und Lukas Humer

Lieblingszutat:
Lukas: Gewürze und Kräuter.
Rafael: Vanille in Fleischsaucen.
Der Geschmack eurer Kindheit?
Rafael: Meine Mama hat die alten österreichischen Klassiker gemacht: Eiernockerl, gratinierte Schinkenfleckerl, Grießkoch.
Lukas: Dinkelsalat von der Mama, gedeckter Apfelkuchen von der Oma. 
Wie habt ihr zu Kochen begonnen?
Lukas: Bei mir hat das Kochen mit Jamie Oliver und Tim Mälzer angefangen. Da bin ich am Sonntag extra früh aufgestanden und hab mir das im Fernsehen angeschaut.
Rafael: Dadurch, dass die Tante ein Hotel in Wien hatte, bin ich als Bub schon in der Großküche herumgerannt. 
Welche Musik hört ihr beim Kochen?
Lukas: Wir haben romantische Phasen, aber auch Rockphasen. 
Rafael: Je nach Gefühlslage. Wenn wir runterkommen müssen, hören wir Hardrock.
Eure nächste kulinarische Reise?
Lukas: Mich würde der asiatische Bereich interessieren.
Rafael: Mich vor allem Japan.
Köche, die inspirieren?
Lukas: Thomas Dorfer vom Landhaus Bacher hat mir viel beigebracht. Ich finde auch Tim Mälzer richtig stark, weil er viel für die Branche macht. 
Rafael: Andreas Caminada mit seinem sauberen, cleanen Kochstil finde ich Wahnsinn. 
Kocht ihr nach Rezept?
Lukas: Bei hohem Niveau gibt es natürlich vorgegebene Rezepte, aber man möchte auch seinen eigenen Stil reinbringen. In der Patisserie geht’s nicht ohne.
Rafael: Ich bin Gefühlskoch.
Wie schaltet ihr ab?
Rafael: Wir gehen pumpen, sieht man das ned?
Lukas: Danach ist unser Verkostungstag, vor allem beim Wein.
Eine kulinarische Sünde, die manchmal sein muss?
Rafael: Fleischkas-Semmerl.
Lukas: Süßigkeiten.
Weinhaus - Kirchberg am Wagram

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