Amin Reyhani hätte schon als Kind am liebsten nur Reis gegessen. Auch in der Konditorei – sehr zu seiner Enttäuschung, denn dort gab es keinen. Zumindest nicht in Österreich, wo der Pro-Kopf-Reiskonsum mit sechs Kilo pro Jahr bescheiden ausfällt. Vor allem im Vergleich zum Iran – dem Heimatland von Amins Vater –, wo die Bevölkerung etwa 120 Kilo Reis pro Kopf und Jahr verspeist: zum Frühstück, Mittag- und Abendessen. „Ich bin mit Reis aufgewachsen und habe ihn immer geliebt“, erzählt Amin.
„Dieses ethische Denken, dass wir Teil eines großen Systems sind, in dem wir Mehrwert für alle beteiligten Menschen schaffen sollten, wird in unserer Familie seit Generationen gelebt.“
Kein Wunder also, dass er die Geschäfte der Reyhani GmbH mit so viel Herzblut und Engagement führt. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Reis. Das Unternehmen hat – vor allem in den letzten zehn Jahren – das Leben von Tausenden Menschen in den Ursprungsländern Indien, Pakistan und Thailand verändert. Und zwar durch faire Arbeitsbedingungen und wertschätzende Zusammenarbeit sowie durch Sozialprojekte wie den Bau eines Community Centers, die Finanzierung sanitärer Einrichtungen oder die Installation von Solaranlagen.
„Dieses ethische Denken, dass wir Teil eines großen Systems sind, in dem wir Mehrwert für alle beteiligten Menschen schaffen sollten, wird in unserer Familie seit Generationen gelebt“, sagt Amin. Durch den Fairtrade-Reishandel wird die Verteilung verbessert, Menschen erhalten Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung – und schlichtweg ein lebenswerteres Leben.
Vom Teppichhändler zum Fairtrade-Pionier
Angefangen hat alles mit dem Teppichhandel seines Vaters (gegründet 1958), in den Amin in den 1990er Jahren einstieg. Dem gelernten Betriebswirt war schnell klar, dass ein zweites Standbein hermusste – und so begannen die Reyhanis 2001 mit dem Reishandel, und zwar mit dem Durchstarter des Jahrzehnts: Basmati. Nach und nach kamen immer mehr Reissorten dazu. Richtig Fahrt aufgenommen hat das Unternehmen 2014, als Amin auf Bio und Fairtrade umstellte.
„Als ich erfahren habe, dass im Zeitraum 2007 bis 2013 über 200 000 konventionelle Reisbäuer:innen im indischen Raum Suizid begangen haben, wusste ich, dass wir etwas ändern müssen. Wir hatten immer eine soziale Ausrichtung und haben unseren Geschäftspartner:innen und Kund:innen klargemacht, dass für uns aus ethischen Gründen nur noch Bio und Fairtrade in Frage kommen.
Unter anderem SPAR hat diese Umstellung mitgetragen.“
Ein Fairtrade-Reisbauer verdient etwa 30 bis 40 Prozent mehr als konventionelle Bäuer:innen – mit ganz anderen Möglichkeiten für sich und seine Familie.
Amin und sein Team besuchen die Ursprungsländer – vorrangig Indien – einmal im Jahr.
Sie führen Besprechungen vor Ort, treffen sich mit Kooperativen und lernen Produzent:innen persönlich kennen. „Wenn du Reisbäuerinnen und Reisbauern in die Augen schaust, die sich mit Gesten und in einer anderen Sprache bei dir für die Zusammenarbeit bedanken – und du die Zufriedenheit und das Glück unmittelbar erlebst –, bekommst du Gänsehaut“, schildert Amin.
Reis mit Message
Ein Wermutstropfen in puncto Nachhaltigkeit ist der Fakt, dass Reis im europäischen Raum nicht wächst und somit immer weit transportiert werden muss – im Falle Reyhani per Containerschiff bis nach Koper, Slowenien, von wo aus die Reise weitergeht in die eigene Abfüllanlage. Von dort aus gelangt der Reis zu Handelspartner:innen in Österreich und Süddeutschland, aber auch zu Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten, zur Landesregierung und anderen Institutionen.
„Mit jeder Packung Reis, die wir in den Handel bringen, ist eine Botschaft verbunden. Ich würde mir wünschen, dass die Leute diese sehen, verstehen und mitmachen.“
„Den CO₂‑Abdruck des Transports nehme ich in Kauf – aus der Perspektive, dass wir Menschenleben retten. Man muss dies alles in Relation sehen. Wir können mit unserem Einkaufsverhalten gegensteuern und ausgleichen“, räumt Amin ein. „Mit jeder Packung Reis, die wir in den Handel bringen, ist eine Botschaft verbunden. Ich würde mir wünschen, dass die Leute diese sehen, verstehen und mitmachen.“
Die beliebteste Reissorte – mittlerweile gibt es 15 im Reyhani-Sortiment – ist übrigens nach wie vor Basmati, gefolgt von Thai-Reis. Der europäische Markt macht im weltweiten Reishandel allerdings nur etwa zehn Prozent aus.
Zum Abschluss stellt Amin Reyhani gerne die Millionenfrage: „Was ist der Beruf, den die meisten Menschen auf der Welt ausüben?“
Richtig geraten: Reisbäuer:in.