Viktoria Schödl ist gerade in Seoul, als unser Interview stattfindet. Dieses Mal übernimmt sie die Kund:innenbesuche in Asien, „ein spannender Markt für unsere Stilistik“, wie sie sagt. Nächster Halt: Japan, davor waren sie in Taipei.
2019 brachten sie und ihre Brüder Mathias und Leonhard den ersten Jahrgang ihrer Bio-Weine heraus. Ihre mittlerweile 18 Hektar Weingärten bewirtschaften sie seit 2020 biodynamisch, also ohne Chemie und minimalinvasiv. Bis die Böden umgestellt sind und sie den Biodynamie-Stempel bekommen, dauert es zwei Jahre. Beim Verein „respekt-BIODYN“ sind sie jedenfalls schon dabei. „Dass wir uns als sehr junges Weingut mit den Winzerikoninnen und – ikonen austauschen können, zu denen wir immer aufgeschaut haben, ist schon eine Ehre“ sagt Viktoria. „Jedes Treffen inspiriert zu neuen Ideen. Außerdem ist es motivierend, gemeinsam an positiven Veränderungen in der Landwirtschaft zu arbeiten.“
„Das Weinviertel war damals für uns ziemlich langweilig, wir wollten alle raus.“
Es hätte auch anders kommen können. Als Viktoria und ihre Brüder noch in die Schule gingen, wollten sie eigentlich nur eins: raus aus der Provinz und hinein in die Welt. „Das Weinviertel war damals für uns ziemlich langweilig, wir wollten alle raus. Ich wollte in die verrückten Großstädte dieser Welt“, sagt sie. Ein paar Wanderjahre folgten, Viktoria studierte Kunst- und Kulturmanagement und arbeitete in New York und London, ihre Brüder in Südafrika und Kalifornien.
Aber letztlich zog es sie wieder zurück nach Loidesthal, wo auch ihre Eltern leben, die den Weinbau eigentlich nur hobbymäßig auf drei Hektar betrieben hatten. Aber keineswegs unkundig: Ihr Vater unterrichtet an der Weinbauschule Klosterneuburg und an der BOKU Wien die Önologie, also die Lehre und Wissenschaft vom Wein.
„Die Champagne ist groß geworden, warum nicht auch das Weinviertel?“
Mit Wein meinen die Schödls auch immer Schaumwein. „Früher waren wir oft in der Champagne. Unser Vater hat dort auf den Feldern bei den Traktoren angeklopft und die Winzer:innen gefragt, ob sie uns in den Keller mitnehmen“, sagt Viktoria. Zum Verkosten und Beobachten braucht man keine Französischkenntnisse, und Wörter wie Tirage und Dosage verstanden sie auch so.
Es folgten die ersten Bubbles-Experimente im Weinviertel, aus Pinot-Noir-Trauben kreierte der Vater einen „Blanc de Noir“, seitdem werden auch Weißburgunder und Chardonnay zu Sekt gekeltert. Ihre Schaumweine reifen lange in Holzfässern heran und kommen ganz ohne Schwefel aus, dadurch werden sie schön cremig und aromatisch. „Wir haben in unserer Region sehr gute Konditionen für Schaumwein, das wollen wir immer mehr auskosten. Die Champagne ist groß geworden, warum nicht auch das Weinviertel?“
Auf der Suche nach Leichtigkeit
Bio-Winzersekte und PetNats – was übrigens für „Pétillant Naturel“ steht, also natürlich perlend – sind zwar Nischenprodukte, aber auch sehr en vogue. Vor allem bei den LOHAS, die Viktoria und ihre Brüder mit ihren Tropfen erreichen wollen – Menschen mit einem „Lifestyle of Health and Sustainability“. „Sekt ist energetisch“, sagt Viktoria. „Da steckt Leichtigkeit drinnen.“ Ein Gefühl, nach dem sich in Zeiten wie diesen viele sehnen.
„Ich hoffe, dass der Trend, sich gesund und gut zu ernähren, anhält und der biodynamische Weinanbau dadurch einen größeren Marktanteil gewinnt.“
Ist von Zeiten wie dieser die Rede, ist der Klimawandel mitgemeint. „Im Weinviertel wird uns immer weniger Wasser vorhergesagt, und die Extreme in den Wetterbedingungen machen es uns immer schwieriger.“ Schnelle Reaktionen sind entscheidend für die biodynamische Anbauweise. Damit einher geht das Thema Arbeitskräfte: Zum richtigen Zeitpunkt genügend Hände zu haben, die ordentlich mitanpacken, ist eine Herausforderung, die nicht nur das Weingut Schödl betrifft.
Apropos Klimawandel: Fernreisen wie die aktuelle Asientour sind vielmehr Ausnahmen als die Regel, aber Marketing ist Part of the Game. In Sachen Packaging und Naming – die Weine nennen sich Safari White, Rosé Supernova oder Bloody Muscat – treffen die Geschwister jedenfalls schon den Nerv der Gegenwart. „Ich hoffe, dass der Trend, sich gesund und gut zu ernähren, anhält und der biodynamische Weinanbau dadurch einen größeren Marktanteil gewinnt“, sagt Viktoria.
Dazu gehört für sie und ihre Brüder, ein Bewusstsein herzustellen für die Art und Weise, wie die Weine entstehen; deshalb gehen sie auch auf Verkaufsmeetings, machen regelmäßig Verkostungen und erzählen gerne ihre Geschichte, die sich auch in Zukunft auf etwa 18 Hektar abspielen wird: „Wir wollen nach wie vor jedem Fleckchen Erde, das wir bewirtschaften, Aufmerksamkeit schenken“, sagt Viktoria. „Also klein bleiben, aber mehr Gewicht bekommen.“