Wenn bei Christoph Schüller ein Wels mit 50 Kilogramm Lebendgewicht in der Küche landet, dann ist das nichts Außergewöhnliches. Das Verarbeiten ganzer Tiere steht für das Credo der Genusswirtschaft Mailberg, die aus jedem Lebensmittel ein Maximum an Genuss ziehen möchte und dabei so wenig Abfall wie möglich produziert. Ein Zero-Waste-Konzept, ausgezeichnet mit drei Hauben im Gault & Millau: Selbst in Österreich ist das eine seltene Kombination.

„Die meisten Köch:innen wollen sich das Zerteilen der großen Fische nicht antun. Diese Prachtexemplare landen dann fast immer bei mir“, schmunzelt Christoph Schüller. Sinngemäß zu „from nose to tail“ verarbeitet er seine Fische „from fin to gull“: Die Leber erfreut sich großer Beliebtheit. Die Karkassen werden zu Saucen, Farcen und Fonds veredelt. Die Kiemen trocknet Christoph und setzt deren intensiven Geschmack als Würzmittel ein. So köstlich schmeckt Nachhaltigkeit.
Mit „Steirereck-Spirit“ nach Mailberg
Kennengelernt haben sich die beiden Genusswirtsleute am Tiroler Achensee, Christophs Heimat, als Verena dort in jungen Jahren ein Praktikum in einem Hotel absolvierte. Fortan erkundeten sie zu zweit die gastronomische Landschaft an vielen Top-Adressen Österreichs.
Mit „Steirereck-Spirit“ nach Mailberg
In Wien verfeinerte Christoph seine Kochkunst als Sous-Chef im Haubentempel „RieGi“. Verena war sechs Jahre im Steirereck im Service tätig und kostete sich an der Seite des legendären Sommeliers Adi Schmid durch die Weinkostbarkeiten aus aller Welt.
2012 legten sie ihre Talente, Erfahrungen und Träume zusammen und übernahmen als Pächter:innen die Gastronomie im Schloss Mailberg im nördlichen Weinviertel. Als der Vertrag dort auslief, bot ihnen der damalige Bürgermeister, der sich intensiv um den Verbleib der beiden im Ort bemühte, die leerstehende ehemalige Dorfgreißlerei als neuen Standort an. 2019 eröffneten Verena und Christoph ebenda ihre „Genusswirtschaft“ inklusive dreier Doppelzimmer für Gäste.
„Unsere Lieferantinnen und Produzent:innen schreiben eigentlich unsere Speisekarte.“
Regional, saisonal, genial
„Als gebürtige Weinviertlerin macht mich die hochwertige Produktvielfalt unserer Region besonders stolz“, erklärt Verena Schüller ihre Gastrophilosophie: „Wir haben in den vergangenen zwölf Jahren ein Netzwerk mit vielen tollen Produzent:innen aufgebaut und sind von der Qualität begeistert. Das ist die Basis für die abwechslungsreiche Küche, die wir unseren Gästen bieten wollen.“ „Unsere Lieferantinnen und Produzent:innen schreiben eigentlich unsere Speisekarte“, ergänzt Christoph: „Ich lass mich von dem inspirieren, was das Weinviertel saisonal zu bieten hat.“
„Ich kaufe nur ganze Tiere und zerlege alles selbst. So zollen wir jedem Tier Respekt, indem wir es möglichst komplett verwerten.“
So baut der Gemüsebetrieb „Edenhof“ quasi auf Bestellung für die Genusswirtschaft an und erfüllt auch ausgefallene Wünsche bei Gemüse und Kräutern. Der Bio-Obsthof Filipp bereichert mit einer breiten Palette von Obstsäften die Getränkekarte. Die Jagdgemeinschaft Mailberg weiß seit vielen Jahren um die Qualitäten von Christoph Schüller bei der Zerlegung des Wilds und der Zubereitung von Wildbraten und Wildspezialitäten wie Leber, Milzschnitten und Beuschel – und liefert regelmäßig die besten „Stückeln“ bei ihm ab.
Genuss im Großen und Ganzen
Am Kochen hatte Christoph immer schon das Handwerkliche am meisten fasziniert. Das kann er in Mailberg perfekt ausleben. „Ich kaufe nur ganze Tiere und zerlege alles selbst – vom Lamm bis zum Reh, vom Kaninchen bis zu Wels, aber auch Meeresfische aus Wildfang. So zollen wir jedem Tier Respekt, indem wir es möglichst komplett verwerten.“
Beim Fleisch verzichten Verena und Christoph Schüller bewusst auf Rind und Schwein und setzen dafür umso mehr auf Lamm, Ziege und Geflügel oder Wild wie Rehe, Hirsche, Kaninchen oder Nutria. Getreu dem Motto „from nose to tail“ kommen Fans der feinen Innereienküche voll auf ihre Rechnung. Bei der Verwertung geht Christoph konsequenter vor als die meisten Betriebe. Aus den Klauen und Ohren des Wilds produziert er Hundeleckerlis. Die abgezogenen Wildfelle werden in Tschechien gegerbt und zu Telleruntersetzern und anderen Gastro-Utensilien verarbeitet.
„Best of Weinviertel“ im Glas
Die Weinkarte der Genusswirtschaft bietet einen ebenso stimmigen wie spannenden Querschnitt durch die besten Weine des Weinviertels. „Hier gibt es so viele unterschiedliche Terroirs“, erklärt Weinexpertin Verena Schüller. „Diese Vielfalt möchte ich unseren Gästen zugänglich machen.“ Ergänzt wird das Angebot durch ausgewählte Weine aus dem Kamptal und der Wachau sowie durch Rotweine aus dem Burgenland. Viele davon sind auch glasweise erhältlich. Für alkoholfreie Trinkfreude sorgt Verena mit selbstgemachten Limonaden und einer erlesenen Auswahl regionaler Säfte.
Was in der Küche an Sorgfalt, Kreativität und Respekt vor dem Produkt zelebriert wird, setzt sich im Glas nahtlos fort – und macht die „Genusswirtschaft Mailberg“ zu einem Ort, der seinem Namen in jeder Hinsicht Ehre macht.