Elisabeth Ruckser ist Sommerfrische-Wirtin im Waldviertel, Backschulleiterin ebendort, vielfache Buchautorin und eigentlich Journalistin mit Background Politikwissenschaft. Ein wahrlich breites Spektrum könnte man meinen. „Stimmt, aber mein Job hat sich ein bissl wie von selbst verlagert“, sagt sie. „Von Jahren der Recherche, der Gespräche und der Theorie mitten hinein in die Praxis, sozusagen vom drüber Schreiben zum selber Tun.“ Und so steht sie den Sommer über seit mittlerweile drei Jahren im Buffet des historischen Strandbades von Drosendorf an der Thaya und gibt den Rest des Jahres Backworkshops rund um Sauerteig, Urgetreide & Co.
Einkaufen „im Vorbeifahren“
Das Schwierigste daran? „Wie das, was ich an tollen Bio-Produkten verarbeiten und servieren will, auch tatsächlich zu mir kommt.“ Das preisgekrönte Sonnenblumenöl etwa, das Elisabeth direkt aus der Mühle bezieht. Oder das herausragende Gemüse der Waldviertler Manufaktur, die zwar nicht allzu weit weg ist, aber auch nicht wirklich ums Eck. Das spezielle Aronia-Kracherl aus der Region, die geräucherten Lachsforellen, die Erdbeeren, der Apfel-Cider, der Lammschinken, der Schafkäse, das Urgetreide-Mehl, ja selbst die Eier, die die Neo-Gastronomin ebenfalls allesamt direkt beim Hersteller einkauft.
„Kleine Produzentinnen und Produzenten haben kaum Kapazitäten, um ihre Produkte auszuliefern und ich nicht, um sie abzuholen – da müssen wir schon gemeinsam ziemlich kreativ sein, um das zu bewerkstelligen.“ Und so werden Freunde und Familie gerne für Botendienste „im Vorbeifahren“ angeheuert, oder man plant Routen, die man ohnehin fahren müsste, mit Abstecher zu vereinbarten Lieferpunkten a lá „am Eck bei der Einfahrt unterm Baum“ ein.
Bio? Klar! Wenn man will
Bio ist ihr dabei privat wie beruflich eine seit Jahren gelebte Überzeugung. Gekauft, gekocht, gebacken, getrunken, gegessen und serviert wird so gut wie ausschließlich, was zertifiziert ist und am besten aus der unmittelbaren Umgebung stammt. Die Herausforderungen von der Organisation bis zur Kalkulation sind groß. Aber „für mich funktioniert das nur ganz oder gar nicht.“
„Am schönsten ist es doch, zu wissen, wo ein Produkt herkommt, wer es in den Händen hatte.”
Klar geht‘s, wenn man will, heißt daher der Tenor, selbst wenn sich g‘standene Wirten wohl die Haare raufen würden über so viel Aufwand. „Ich bestelle schon auch bei regionalen Bio-Lieferanten oder kauf im Handel ein, aber am schönsten ist es doch, zu wissen, wo ein Produkt herkommt, wer es in den Händen hatte, oder ganz kitschig formuliert: Wieviel Zuwendung und Überzeugung, die man natürlich auch schmeckt, da tatsächlich drinsteckt.”
Gartenparty an einem magischen Ort
Vor drei Jahren hat die gebürtige Wienerin mit großer Liebe zum Waldviertel die Pacht des alten Thaya-Bades übernommen. „Ich hab mich beworben, wurde unter mehreren Bewerbern ausgewählt und hab mich einfach reingestürzt.“ Ein historischer Badepavillon ist‘s, der seit 1929 hier an der Thaya thront und viel Geschichte mit sich bringt. „Ein magischer Ort, anders kann man es nicht sagen.“ Und ein Platz, an dem die Zeit tatsächlich ein wenig den Atem anhält. Hier zieht das Wasser der Thaya seit fast 100 Jahren gemächlich an Liegewiese und Holzbaracke vorbei und hierher kommen Gäste teils seit Generationen.
Das gastronomische Konzept soll dabei das Gefühl „wie beim Besuch einer Gartenparty bei guten Freunden vermitteln“. Es gibt feine Snacks und ausgesuchte Drinks. In der Küche wird tagsüber für die Badegäste vom Ribiselkuchen oder Desserts im Glas über Linsensalat bis hin zur „sauren Meise“ – einer gekochten Selchfleischwurst, die hauchdünn aufgeschnitten und mit feiner Marinade serviert wird – alles ausnahmslos frisch zubereitet.
Bio-Brot mit Herz & Können
Eine besondere Rolle spielt bei der Bio-Backschulleiterin natürlich auch Brot. „Das Erdäpfelbrot stellt unser Bäcker im Ort speziell für mich aus Bio-Zutaten her und wir machen daraus unter anderem unsere getoasteten Tartines, die wir mit hausgemachten Toppings belegen, selbstgemachten Humus, gegrillte Zucchini, Zitronenfrischkäse, Räucherlachsforelle, Basilikum-Schafskäse, …” Alles, was Spaß macht, was Region und Saison zu bieten haben und was schmeckt.
„Ganz ehrlich? Ich brauch nur dazwischen einmal in diese wunderbare Landschaft hinausschauen schon geht’s mit neuer Energie weiter.“
Dasselbe gilt auch für die Füllung der speziellen Fladenbrote, die es an Wochenenden gibt. Und die Weckerln – die kommen dann auch direkt aus dem eigenen Backofen. „Das Rezept dafür hab ich eigentlich für die TV-Sendung Studio2 entwickelt, in der ich immer wieder Brotbackideen für daheim präsentieren darf – und es passt ganz hervorragend für unsere Strandbadküche.”
Apropos Küche. Die wird den Sommer über gerne auch speziellen Gästen überlassen: Köchinnen und Köche aus der Umgebung oder auch Menschen, mit denen Elisabeth eine langjährige Freundschaft und Begeisterung für Genuss verbindet. An solchen Abenden sind dann Gastköchinnen und Gastköche im Einsatz und verwandeln das Strandbad zum Beispiel in ein Pop-Up-Wirtshaus.
Es sind lange Arbeitstage, die dann auf die Wirtin und ihr Mini-Team warten, aber „ganz ehrlich? Ich brauch nur dazwischen einmal in diese wunderbare Landschaft hinausschauen, kurz einmal in die Thaya eintauchen oder mit Gästen tratschen, die sich einfach freuen, dass es das alles hier gibt – und schon geht’s mit neuer Energie weiter.“