Zwischen Kriecherl direkt vom Baum holen, bei den „Mostviertler Feldversuchen“ im Birnengarten kochen und befreundete Winzer:innen empfangen, ist eine Sorge unbegründet: dass Theresia Palmetzhofer zurück in ihrem Heimatort Neuhofen fad werden könnte.
Die mehrfach ausgezeichnete Haubenköchin hat nach lehrreichen Stationen in Italien, Kopenhagen, San Sebastian und Wien – wo sie als Sous-Chefin für Konstantin Filippou tätig war – im Jahr 2016 entschieden, den elterlichen Betrieb in Neuhofen an der Ybbs im niederösterreichischen Mostviertel doch zu übernehmen.
„Ich wollte immer über den Tellerrand hinaus spannende Sachen sehen und meinen Horizont erweitern.“
„Wenn ich gleich von Anfang an übernommen hätte, wäre ich nicht mehr in der Gastronomie. Ich habe auch Zeit gebraucht, um neue Dinge kennenzulernen. Ich wollte immer über den Tellerrand hinaus spannende Sachen sehen und meinen Horizont erweitern“, erzählt Theresia.
Das Beste aus der Region
Die Neuhofener Bevölkerung freut’s – die wenigsten 3000-Einwohner:innen-Orte haben ein Fine-Dining-Restaurant dieses Kalibers mitten am Marktplatz. Das Vier-Gänge-Menü wechselt saisonal alle zwei Monate oder wenn es frische Steinpilze, Spargel oder besagte Kriecherl vom Garten einer Stammgästin gibt, dann auch mal ganz spontan. „Ich richte mich nach dem, was es gibt, und dann entscheide ich, was ich koche“, beschreibt Theresia den Prozess. Zwei Drittel des Angebots sind auf jeden Fall regional. Ab und zu darf was Ausgefallenes wie ein Oktopus auf die Speisekarte – vor allem am Land gibt’s das nicht oft.
Das Netzwerk an lokalen Produzentinnen und Produzenten hat sich gut entwickelt und von der Gemüsebäuerin bis zum Bio-Alpenfisch-Produzenten melden sich alle mit der frischen Ware. „Ich weiß mittlerweile, zu wem ich gehen muss, und schaue auch, dass wir kleine Lieferungen in unsere Wege eingliedern: den Sauerhonig bekomme ich aus Göstling, das Wild von der Jagdgemeinschaft nebenan und die Eier von der Tante Mitzi in Euratsfeld. Das sind die schönsten Eier, und die werden wegen der Farbe auch nur für die Torten von der Mama verwendet. Meine Lehrbuben kriegen eine am Deckel, wenn sie die für was anderes verwenden wollen“, erzählt Theresia.
„Der Fokus liegt am Essen und auch an der Bescheidenheit meiner Gerichte. Ich bin sehr geradlinig und nicht von oben herab.“
So ehrlich und unkompliziert läufts auch in der Küche. „Der Fokus liegt am Essen und auch an der Bescheidenheit meiner Gerichte. Ich bin sehr geradlinig und nicht von oben herab. Wir sind wir und wir wollen niemandem was aufzwingen. Die Gäste sollen sich wohlfühlen“, meint die Köchin. „G’spritzt“ ist hier also gar nichts, außer vielleicht die Weinkarte. Theresias neu ausgebauter Weinkeller beheimatet mittlerweile über 300 verschiedene Weine. Etwa 40 Prozent davon sind Bio und 20 Prozent Naturweine. Klassiker und unkonventionelle Sorten werden kombiniert und bei der Weinbegleitung langsam an das – manchmal etwas skeptische – Publikum herangeführt. Auch Fleischliebhaber:innen werden neue Welten eröffnet: Theresias geschmortes Kraut mit Karotten oder raffinierte Zwischengänge wie Rote Rübe mit Kohlrabi, Ricotta von Milchmäderl, Steinpilzen und Nüssen haben aber noch jede:n überzeugt, dass Gemüse alles andere als eintönig ist.
Dorfwirt mit Fine Dining – die Balance macht‘s
Zur Freude der Stammgäste von früher wird zweimal die Woche noch traditionelles Mittagsmenü angeboten – von Eiernockerl bis Fleischlaberl. Das ist ideal, um den Dorfwirt-Charakter nicht ganz zu verlieren, um wertvolle Reste aus der Fine-Dining-Küche sinnvoll zu verwerten und auch um den Lehrlingen verschiedene Arten des Kochens beizubringen. Die Ausbildung ihrer Lehrlinge ist Theresia ein besonderes Anliegen. „Das ist die Zukunft der Branche! Es macht Spaß, das Wissen weiterzugeben, auch wenn es eine Herausforderung ist. Ich schätze es, wenn sich junge Leute für den Job interessieren, und möchte ihnen ein spannendes Arbeitsfeld zeigen.“ Immer am Wandel dranzubleiben ist für Theresia ein wichtiger Teil, um die Gastronomie zu fördern und aufrechtzuerhalten.
„Wir sind einfach authentisch und verbiegen uns nicht. Außerdem sind meine Lehrbuben so liab!“
Menschen den Zugang zu hochwertigen Produkten näherzubringen, ist Teil des Jobs. Bei Events wie den eingangs erwähnten „Mostviertler Feldversuchen“ wird nicht nur gut gekocht und genossen, sondern auch Aufklärungsarbeit geleistet. Und das zahlt sich offenbar aus. „Dass Stammgäste seit Jahren regelmäßig kommen, ist für mich das Schönste!“, meint Theresia. „Wir sind einfach authentisch und verbiegen uns nicht. Außerdem sind meine Lehrbuben so liab!“