„Für den Salat nehmans Erika oder Linda. Rote Emma oder Blaue Elise sind natürlich super für die Farbe. Für Beilagen Jelly oder Belinda, für die Knödel aber auf jeden Fall die Melody!“ Was sich anhört wie die Namensliste einer hippen Volksschulklasse, meint eigentlich Erdäpfelsorten. Die gibt’s auf den Marktständen der Familie Loidolt nämlich zahlreich. Hier kauft man nicht einfach Erdäpfel, sondern kann aus mindestens 10 Sorten auswählen – auf Anfrage sind bis zu 350 verschiedene Sorten – darunter echte Raritäten – verfügbar.
„Ich möchte die Distanzen überbrücken und das Produkt den Leuten näherbringen.“
Die Tipps, wie welche Sorte am besten verarbeitet wird, gibt’s beim Einkauf gratis dazu. „Das ist das Schöne an der Direktvermarktung: Ich möchte die Distanzen überbrücken und das Produkt den Leuten näherbringen“, meint Jungbauer Jakob Loidolt.
Jeden Samstag ist der Biohof Loidolt gleich auf drei Wiener Märkten (Lange Gasse, Alszeile, Kutschkermarkt) vertreten und vertreibt nicht nur Erdäpfel, sondern auch unterschiedliches Gemüse – von Karotten über Rüben bis Fisolen – sowie Getreideprodukte (Nudeln ohne Ei, Reis, Flocken). Je nach Saison sind auch Äpfel, Birnen, Kirschen, Marillen und Zwetschken, so wie verschiedene Beerenfrüchte von Papa Loidolts Obstgarten dabei.
Aus Alt mach neu
Der Familienbetrieb im nördlichen Waldviertel bewirtschaftet 16 Hektar Ackerfläche – und das schon seit 2008 rein biologisch. Die Umstellung auf Bio war selbstverständlich und ganz natürlich. Auch der Generationenwechsel passiert langsam. Sohn Jakob (28) ist bei der Bewirtschaftung bereits voll eingebunden und studiert nebenbei noch Bioressourcenmanagement an der BOKU in Wien. „Ich konnte immer sehr frei sein am Betrieb. Ich durfte viel ausprobieren, habe aus Fehlern gelernt und kann mich einbringen“, erzählt er.
Am meisten lernt er beim Herumschrauben an den älteren Maschinen: „Da muss man adaptiv sein und sich zu helfen wissen. Ich bin mit der Tendenz aufgewachsen, etwas zu reparieren, anstatt neu zu kaufen. Daher wohl auch die Hingabe zu den Raritäten und zur Vielfalt. Das Motto lautet: Erhalten was da ist, weil was weg ist, ist weg.“
Aus dem Grund werden von manchen Erdäpfelsorten nur etwa 20 Stück angebaut, einfach, um die Sorte zu erhalten und zu beobachten. Jede alte Sorte hat ihre Berechtigung und Feinheiten. Die Vielfalt hat aber noch einen weiteren ganz simplen Grund: Wer breit aufgestellt ist, hat mehr Sicherheit. Sorten reagieren unterschiedlich auf Wetterbedingungen, die aktuell immer extremer werden, von kompletter Trockenheit bis Regenmassen. „Es hilft, resistente Sorten zu haben. Oftmals halten gerade die alten Sorten die meisten Schwankungen aus“, erklärt Jakob. Mit der Unvorhersehbarkeit des Wetters kämpfen aber ohnehin alle. Genauso wie mit dem Kartoffelkäfer.
„Das Motto lautet: Erhalten was da ist, weil was weg ist, ist weg.“
Vielfalt auf allen Ebenen
Der Schädling, vor allem seine Larven, kann beträchtlichen Schaden anrichten und wer nicht spritzen will, muss bei der Bekämpfung kreativ werden. Bastler Jakob möchte dafür eine eigene Maschine bauen, die die Pflanzen mechanisch von den Käfern befreit. Die Prinzipien sind klar: „Die Biodiversität ist hier zu wichtig, um den Käfer mit (selbst biologischem) Spritzmittel zu bekämpfen.“
Insektenvielfalt wird am Hof auch mit einigen Bienenstöcken gefördert. Die fühlen sich auf der Wiese bei den Obstbäumen besonders wohl und ergeben eine perfekte Synergie. Daneben leben noch die 15 Jahre alte Streichel-Zwergziege, ein paar Gänse, Enten, Hendl und die obligatorischen Katzen mit Hund. Man möchte fast „Bauernhofidylle“ sagen.
Wer sich selbst ein Bild machen möchte, kann die Loidolt-Produkte ab Hof kaufen. Die Familie setzt vorrangig auf direkte Vermarktung, weil die Wege kürzer und die Feedbacks unmittelbar sind. „Man bekommt eine direkte Wertschätzung für das, was man tut. Wenn jemand Erdäpfel kauft und die darauffolgende Woche kommt und sagt, das waren die besten Erdäpfel, die er jemals gegessen hat, dann ist das natürlich schön“, sagt Jakob. Über die Märkte kam es durch das Plaudern auch zu Gastrokooperationen, wie mit dem Tian und dem Hyatt.
Da jeden Samstag Markttag ist und die Uni auch noch nebenbei läuft, gibt’s für Jakob eine 7-Tage-Woche: „Meine Freizeit verbringe ich sowieso am liebsten draußen. Und irgendwas ist immer zu tun.“ Wobei seine Lieblingsarbeit das Pflügen ist: „Ich fahre aufs Feld und richte es eben her, drehe die Erde um und bereite alles für den Anbau vor. Das hatte ich schon als Kind gerne, das ist ein ganz eigener Erdengeruch und Klang. Es heißt: Wir fangen jetzt wieder an!“