Andreas Wiesinger ist kein 0815-Bauer. Dafür ist er zu neugierig. Als Bio-Bauer ist er immer auf der Suche nach Alternativen, um die Landwirtschaft innovativer zu machen. Gerade tüftelt er an einem Bewässerungssystem für Erdäpfel und Gemüse. „Das macht in der Gegend bisher eigentlich niemand“, erzählt er.
„Das kann man als Landwirt jetzt positiv oder negativ sehen. Fakt ist, man muss sich anpassen.“
„Die Klimaveränderungen, vor allem die längeren Dürren, merkt man bei uns im Weinviertel vorrangig bei den Dauerkulturen, aber auch im Ackerbau. Das kann man als Landwirt jetzt positiv oder negativ sehen. Fakt ist, man muss sich anpassen.“ So werden jetzt etwa Süßkartoffeln und Sonnenblumen als spannende Alternativen angebaut. Mit dem neuen Bewässerungssystem möchte Andreas das Wasser in der Region halten und im Betrieb integrieren. Niederschlag gibt es nämlich genug, nur kommt alles auf einmal. Und das meist nach einer längeren Trockenperiode.
„Ich möchte einen Speicher anlegen, damit man das Wasser länger nutzen kann und damit es in der Region bleibt.“ Klimamodelle für das Weinviertel prognostizieren mediterrane Verhältnisse mit sehr trockenen Sommern und mehr Niederschlag im Winter. Eine kluge Bewässerungsstrategie würde die Arbeit erleichtern.
Das Motto seit Generationen: Vielfalt
Egal, wie es kommt: Andreas ist offen dafür, sich anzupassen, und ist gleichzeitig vielfältig aufgestellt. Das hat er wohl von Seniorchef Walter, der schon vor 25 Jahren Hanf anbaute und den Hof bereits 1995 auf Bio umgestellt hat. Andreas wusste schon damals, dass er den Familienbetrieb eines Tages übernehmen möchte, und ist nach dem Agrarwissenschaftsstudium an der BOKU Wien mittlerweile der Betriebsleiter. „Ohne die Mitarbeit meiner Eltern würde es nicht gehen“, meint er. „Die beiden machen es aber gerne. Die Landwirtschaft ist eben eher Berufung als Beruf.“
Andreas ist froh, dass der Hof, seit er sich erinnern kann, biologisch geführt wird. „Ich würde es nicht anders wollen. Bio ist für mich Nachhaltigkeit. Mir gefällt auch das Prinzip der Direktvermarktung, was ja kein neues System ist. Mit dem Welthandel war es modern, dass man alles immer verfügbar hat, was mittlerweile mit Klimawandel und CO₂-Fußabdruck sehr zu hinterfragen ist. Wir haben selbst genug gute Produkte und wir sollten wieder zurück zu den Wurzeln“, meint er.
Der Biohof hat neben dem Weinbau den Ackerbau – vorrangig Weizen, wie im Weinviertel typisch – als Hauptstandbein. Gemeinsam mit Sonnenblumen, Hanf (für die Körnernutzung) und Luzerne, die die Fruchtfolge optimiert, wird der Weizen im Großhandel verkauft. Neben Klassikern werden auch speziellere Sorten, wie die seltene Ölfrucht Saflor, angebaut. An die 15 verschiedenen Kulturen pro Jahr sind keine Seltenheit, auch wenn die Vielfalt arbeitsintensiv ist.
„Die Leute wollen wissen, wo die Lebensmittel herkommen, sobald sie selbst kochen.“
Erdäpfel, Süßkartoffel, Knoblauch, Wein und verschiedene Traubensäfte werden direkt vermarktet. Etwa im Selbstbedienungshofladen oder in den Bauernläden in Mistelbach, Laa oder Wolkersdorf. Einmal die Woche werden auch Stationen in Wien beliefert: die Lokale G’schamster Diener und Café Sperl sowie Maran Vegan, Rita bringt’s und seit neuestem auch zwei Landwirtschaftsschulen in Schönbrunn und Klosterneuburg, die dank verpflichtendem Bio-Anteil für Großküchen auf Bio-Erdäpfel umgestellt haben.
„Die Leute wollen wissen, wo die Lebensmittel herkommen, sobald sie selbst kochen“, meint Andreas. Der Rekord-Verkaufstag von Erdäpfeln am ersten Tag des Corona-Lockdowns bleibt in Erinnerung. „Mir wäre es wichtig, dass die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln noch mehr wertgeschätzt werden.“ Darum findet er es gut, dass selbst Kochen auch wieder im Trend ist. Viel wichtiger aber ist noch: Gemeinsam essen. „Das Reden geht dann ganz von allein und das Essen hat wieder den Stellenwert, den es verdient.“