Kleine Höfe, gepflegte Wiesen und Almen gehören im Kaiserwinkl zum Alltag – und sind die Grundlage für international gefragte Berg- und Schnittkäse. Aus dieser Umgebung holt die Biokäserei Walchsee jeden Tag die Milch ihrer Bäuerinnen und Bauern – aus Walchsee, Kössen, Rettenschöss, Niederndorf und Ebbs. 54 Betriebe, alle höchstens acht Kilometer entfernt, tragen die älteste, noch aktive Genossenschaftskäserei Tirols.
Die Genossenschaft wurde bereits 1898 gegründet, 1903 begann man mit dem Bau einer Mustersennerei, die 1904 in Betrieb ging. Seither fließt hier Tag für Tag frische Milch in die Käsekessel – und hält eine Tradition lebendig, die bis heute ununterbrochen weitergeführt wird.
Ein mutiger Schritt
Anfangs war die Sennerei für die Bäuerinnen und Bauern im Kaiserwinkl ein Mittel, ihre Milch überhaupt vermarkten zu können. Fast ein Jahrhundert lang wurde hier Emmentaler hergestellt. 1994 folgte der Einschnitt: 60 Landwirt:innen stellten ihre Betriebe geschlossen auf biologische Wirtschaftsweise um – ein Schritt, der weit über die Region hinauswirkte. „Unsere Bäuerinnen und Bauern haben schon davor naturnah gearbeitet. Der Weg zu Bio war deshalb kein Bruch, sondern eher eine konsequente Weiterentwicklung“, sagt Genossenschafts-Obmann Gottfried Hallbrucker.
Heumilch als Schatz
In der Käserei werden rund 4,5 Millionen Liter Heumilch pro Jahr verarbeitet. Heumilch ist bekanntermaßen ein besonderes Produkt: Im Sommer fressen die Kühe frische Gräser und Kräuter auf der Alm, im Winter bestes Heu. Auf Silage wird verzichtet.
„Unsere Bäuerinnen und Bauern haben schon davor naturnah gearbeitet. Der Weg zu Bio war deshalb kein Bruch, sondern eher eine konsequente Weiterentwicklung.“
Das macht die Milch reich an wertvollen Fettsäuren und Antioxidantien – und für viele Menschen deutlich bekömmlicher. Aus dieser Grundlage entsteht der Tiroler Bergkäse g.U., dessen Name seit 1992 europaweit geschützt ist. „Mild nach drei Monaten, würzig nach fünf und intensiv nach zehn Monaten – und als Spezialität sogar über zwei Jahre gereift“, schwärmt Hallbrucker von der Lieblingssorte vieler Käsefans.
„Es wäre wünschenswert, wenn wir noch mehr Gastronom:innen für unsere Produkte gewinnen könnten.“
Starker Absatz, starke Bäuer:innen
Die Käserei ist ein beliebter Nahversorger im Dorf, mit eigenem Geschäft und Bistro. Vor allem aber ist sie Produzent für einen weiten Markt: Käse aus Walchsee ist in ganz Österreich gefragt und in Deutschland flächendeckend erhältlich. Auch Gastronomiebetriebe werden beliefert – ein Bereich, in dem noch Potenzial liegt.
„Es wäre wünschenswert, wenn wir noch mehr Gastronom:innen für unsere Produkte gewinnen könnten“, sagt Hallbrucker. „Denn der kontinuierliche Absatz ist die wichtigste Einnahmequelle unserer Bäuer:innen. Damit die Betriebe weiterhin bestehen und gut wirtschaften können, braucht es neben dem Absatz auch einen Preis, der der gelieferten Qualität entspricht.“
Architektur mit Ausstrahlung
Ein Meilenstein in der Geschichte der Käserei war der Neubau im Ortsteil Moosen, der 2020 eröffnet wurde. Modern, funktional und doch mit Gespür für die Landschaft gebaut, gilt er als Aufwertung für die ganze Region. „Mit dem Neubau haben wir nicht nur unsere Produktionsmöglichkeiten erweitert. Das Haus ist ein schönes Objekt geworden, das viele Besucher:innen beeindruckt. Wir bekommen oft das Feedback, dass sich die Architektur wunderbar in die Landschaft einfügt – das freut uns sehr“, sagt Hallbrucker.
Landschaft als Kapital
Es sind nicht nur die Produkte, die den Mehrwert für die Region schaffen, sondern auch die Arbeit der vielen kleinen Höfe. Sie pflegen die Almen, erhalten das Landschaftsbild und sorgen dafür, dass der Kaiserwinkl seine besondere Ausstrahlung behält.
„Die Erhaltung der kleinteiligen Landwirtschaft bedeutet nicht nur gute Milch für unsere Käserei. Sie sichert auch das Landschaftsbild.“
Für Einheimische bedeutet das eine besondere Lebensqualität, für Gäste einen guten Grund, wiederzukommen. „Die Erhaltung der kleinteiligen Landwirtschaft bedeutet nicht nur gute Milch für unsere Käserei“, betont Hallbrucker. „Sie sichert auch das Landschaftsbild – und genau das bringt die Menschen immer wieder zu uns.“
Zukunft in Gemeinschaft
Die Stärke der Biokäserei liegt in ihrer Organisationsform: Als Genossenschaft entscheiden die Bäuerinnen und Bauern gemeinsam über Preise, Investitionen und Ausrichtung. Dieses Modell sorgt für Verantwortung und Stabilität – auch in schwierigen Märkten.
„Natürlich müssen wir wachsen und uns entwickeln“, sagt Hallbrucker, „aber unser größter Wunsch ist, dass die Struktur bleibt, wie sie ist: überschaubar, authentisch und tief in der Region verwurzelt.“ Damit zeigt die Käserei, dass gemeinsames Wirtschaften mehr ist als Tradition: Es ist ein Zukunftsmodell, das diese lebenswerte Region dauerhaft stärkt.