Der Kreislauf des Käses beginnt jedes Jahr kurz vor Frühlingsbeginn, ziemlich exakt Mitte Februar. Zumindest ist das am Hafnerhof der Familie Nuart im Kärntner Mittertrixen, einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Völkermarkt, so der Fall.

Man kann das aber womöglich gar nicht verallgemeinern, denn zugegebenermaßen ist die Familie Nuart nicht irgendeine käseproduzierende Familie, und nicht umsonst reicht ihr Renommee weit über Völkermarkt, ja über Kärnten hinaus.
Hochsaison ab Frühlingsbeginn
Mitte Februar jedenfalls kommen die Junglämmer auf den Hof der Familie Nuart, und die seit Oktober trockengestellten Mutterschafe geben wieder ihre Milch, „und für uns beginnt die Hochsaison.“ Eva-Maria Nuart, Schafkäseproduzentin in zweiter Generation, erzählt vom Kreislauf des Käses, der in ihrem Fall eine besondere Schleife nimmt. Denn die Muttertiere, von denen die Rohmilch stammt, aus der Eva-Maria Nuart und ihre Familie ihre famosen Bio-Schafkäse machen, werden nicht auf dem Hof der Familie gemolken.
Man betreibt eine ganz besondere Arbeitsteilung, eine Seltenheit im handwerklich-landwirtschaftlichen Rahmen: Die Mutterschafe stehen am befreundeten Biohof Padnig bei der Familie Widrich-Lippitz, werden dort auch gemolken, und die Rohmilch wird von den Nuarts zu Käse veredelt.
„Mit unserer Rohmilch leisten wir einen positiven Beitrag für die Menschen und für die Gesellschaft – für ein gesünderes Mikrobiom und einen niedrigeren CO₂-Ausstoß, mit einem Lebensmittel, das auch wirklich lebt und nicht nur ein Produkt ist.“
Die Aufzucht der Junglämmer teilen sich die beiden Betriebe aber auf. „Die Herde hat 140 Tiere, da kommen im Jahr fast 300 Lämmer zur Welt. 180 davon, die nicht in die Nachzucht kommen, nehmen wir im Februar zu uns. Weil wir es nicht fair fänden, wenn wir sagen: ‚Wir nehmen die Milch, aber was mit den Jungen passiert, ist uns egal.‘“
Also werden die Lämmer am Hafnerhof aufgezogen, durchaus aufwändig mit Bio-Kuhmilch zunächst, später mit Heu. Mitte Mai, wenn die Lämmer ungefähr 40 Kilogramm schwer sind, beginnt die Schlachtsaison, die bis in den August läuft. Verkauft werden die Tiere nur im Ganzen oder als Hälften, und zwar fast ausschließlich in der Gastronomie. „Das hat der Papa seinen Kundinnen und Kunden schon immer so kommuniziert: Wenn sie einen Käse oder Joghurt von uns haben wollen, dann müssen sie sich auch Gedanken darüber machen, was mit dem Lammfleisch passiert.“
Eine „spinnerte“ Idee und ihre Folgen
Eva-Maria Nuart erzählt, wie sich ihre Eltern damals, vor ungefähr 40 Jahren, einmal gedacht haben, dass sie es eigentlich verkehrt machten. Denn da wohnten sie in einer so wunderschönen Lage, dass sich Millionärinnen und Millionäre alle Finger nach so einem Domizil abschlecken würden – und fahren jeden Tag kilometerweit weg zur Arbeit. Warum sie nicht daheim am Hof blieben? Nun, damals war mit so einer kleinen Landwirtschaft in Mittertrixen eben kein Vollerwerb denkbar. Oder vielleicht doch? Evas Vater Sepp dachte noch einmal nach, erkundigte sich und kam aufs Schaf. „Bei einem Vortrag, bei dem es eigentlich um Fleischschafe ging, wurde in einem Nebensatz erwähnt, dass man die Tiere auch melken kann.“ Sepp wurde hellhörig, machte sich schlau und sagte zu seiner Frau: Wir machen jetzt Schafkäse. Die Antwort seiner Frau Margit, der das alles ein bisschen griechisch vorkam: Du hast ja einen Vogel.
„Wir waren der 104. Biobetrieb überhaupt, der in Kärnten zertifiziert wurde. Nachhaltigkeit ist für uns eine Lebenseinstellung.“
„Nachhaltigkeit ist für uns eine Lebenseinstellung“
Sepp Nuart hat seinen Vogel dann aber durchgesetzt, also kamen die ersten fünf Schafe auf den Hafnerhof, „und so ist das immer weitergewachsen“ – autodidaktisch, harmonisch und von Anfang an biologisch. „Wir waren der 104. Biobetrieb überhaupt, der in Kärnten zertifiziert wurde. Nachhaltigkeit ist für uns eine Lebenseinstellung.“ Eva-Maria Nuart ist seit 2009 zu Hause mit am Werk, nach einem längeren Auslandsaufenthalt in Irland „bin ich dann wieder daheim picken geblieben“. Vor vier Jahren hat sie den Hof gemeinsam mit ihrem Mann Daniel übernommen.
Die Eltern arbeiten aber auch immer noch mit, und gemeinsam machen sie, in durch und durch traditioneller Handarbeit, Käse. Die reißen ihnen die heimische Spitzengastronomie, aber auch Auskenner:innen in den Feinkostgeschäften des Landes geradezu aus den Händen: den in Holzasche gereiften Frischkäse „Schwarzes Schaf“ etwa, die Nuart-Rohmilchkäse nach Art von Camembert oder Reblochon, Topfen und Joghurt.
Rohmilch für eine bessere Welt
Dass Familie Nuart ausschließlich Rohmilch verarbeitet, ist natürlich auch kein Zufall: „Das ist uns ein echtes Anliegen, weil wir denken, dass wir damit einen positiven Beitrag für die Menschen und für die Gesellschaft leisten – für ein gesünderes Mikrobiom und einen niedrigeren CO₂-Ausstoß, mit einem Lebensmittel, das auch wirklich lebt und nicht nur ein Produkt ist.“ Und wenn wir schon bei den Lebensmitteln sind: Mit der Molke, die bei der Käseproduktion anfällt, wird am Hof der Nuarts natürlich auch kein Schindluder getrieben, sondern eine Herde glücklicher Weideschweine gefüttert. So steht am Ende des Schafkäse-Kreislaufs nicht nur ein glücklicher Käsekunde, sondern auch ein waschechter Bio-Schweinsbraten.