Die Konsistenz von Rhabarber spaltet die Geschmäcker. Als ob er als zerkochter Gatsch auf die Welt gekommen wäre. Roher Rhabarber – den man in kleinen Mengen auch so essen darf – ist superknackig und -saftig. Gegart kann er Biss haben (z. B. scharf angebraten oder nur ganz kurz pochiert), weich, aber intakt sein (besonders gut ofengeschmort im eigenen Saft oder als kurz gegartes Kompott, das beim Auskühlen noch weicher wird) oder ganz zerfallen. Dafür sollte er aber entweder vorher kleiner geschnitten oder nachher püriert oder passiert werden, weil die langen Fäden beim Essen keine Freude machen. Darin sind sich alle einig.
Muss man Rhabarber schälen?
Abziehen muss man Rhabarber nicht zwingend. Die Fasern sind bei Frührhabarber kaum zu spüren, bei Freilandrhabarber je nach Sorte zart oder störrisch. Je grüner, desto gröber. Allerdings enthält die Schale mehr Oxalsäure als das Fruchtfleisch, daher sollten ihn Empfindliche lieber schälen.
Kann man Rhabarber-Blätter essen?
Blätter dürfen vom Rhabarber keinesfalls gegessen werden, sie enthalten sehr viel Oxalsäure und womöglich weitere, noch nicht zur Gänze identifizierte Giftstoffe.
Was hat es mit der Oxalsäure im Rhabarber auf sich?
Oxalsäure ist der gefürchtete Inhaltsstoff, der in allen Pflanzenteilen des Rhabarbers vorkommt, vor allem aber in den Blättern und in den Schalen. Der Gehalt in den Blättern (die nicht zum Verzehr geeignet sind) nimmt im Jahresverlauf zu. Gemeinsam mit Äpfel- und Zitronensäure ist sie aber auch für das unwiderstehliche Geschmacksspektrum der Stangen verantwortlich. Oxalsäure – die z. B. auch in Spinat, Mangold, Sauerampfer, Tee und Kakao enthalten ist – sollte bei Nierenerkrankungen bzw. -steinen vermieden werden, ebenso Vorsicht gilt bei Kindern. Sie bindet nämlich Kalzium. Darum wird auch häufig empfohlen, Rhabarber zu kochen, mit kalziumreichen Lebensmitteln (wie Milchprodukten) zu kombinieren und grundsätzlich nicht zu oft zu essen. Wegen der Oxalsäure darf Rhabarber keinesfalls mit Aluminium (in Kochgeschirr, -werkzeug oder Folie) in Berührung kommen.
Warum werden die Zähne beim Essen von Rhabarber pelzig?
Pelzig oder stumpf werden die Zähne beim Genuss von Rhabarber, vor allem jenem aus dem Freiland und ungeschält. Das hat wieder mit der Oxalsäure zu tun, die in ihm enthalten ist und die mit Kalzium gemeinsam zu einem Salz ausfällt, das sich auf den Zähnen ablegt. Das Gefühl verschwindet von selbst wieder, Zähneputzen sollte man nicht, weil das Salz sonst den Zahnschmelz beschädigen kann.
Woher hat Rharbarber seine Farbe?
Seine Farbe macht Rhabarber so begehrt im Frühling, weil all die leuchtend gelben und roten Sommerfrüchte noch lange auf sich warten lassen. Je nach Sorte sind Schale und/oder Fleisch hellrosa, pink, kräftig rot, gefleckt oder grün. Je röter, desto fruchtiger und milder. Je grüner, desto mehr Oxalsäure. Je weniger Flüssigkeit beim Garen, desto intensiver bleibt die Farbe erhalten.
Was passt zu Rhabarber?
Grapefruits passen ebenso erstaunlich gut zu Rhabarber wie Orangen – besonders Blutorangen, deren Saison sich mit dem Beginn des Freilandrhabarbers netterweise überschneidet. Man würde meinen, das wäre dann zu viel der Säure, aber: ausprobieren, z. B. Rhabarber mit frisch gepresstem Tarocco-Orangensaft pochieren.
Auch Himbeeren und Hollerblüten sind wie gemacht für Rhabarber. Erstere haben nur dann gemeinsam mit dem Stängelgemüse Saison, wenn sie vom Vorjahr im Tiefkühler warten. Dann wird aber das beste Rhabarberkompott daraus. Hollerblüten passen frisch oder noch besser in Form von Sirup zu Rhabarber, in pikanten Zubereitungen, z. B. als Pickles, auch hervorragend als Hollerblütenessig.
Ingwer versteht sich mit seiner durchdringenden, aber fruchtig-frischen Schärfe bestens mit Rhabarber, ganz egal ob altmodisch in getrockneter, gemahlener Form, kandiert (z. B. in Streusel), als Kekse im Trifle oder frisch als Scheibchen in süßen wie pikanten Zubereitungen mitgegart. Besonders gut auch in Getränken.
Dickcremiges, bloß nicht zu mageres Schafjoghurt, am Vorabend mit Himbeeren und Vanille pochierter oder im Ofen mit Orange und Gewürzen geschmorter Rhabarber und dazu hausgemachtes Granola (oder einfach ein paar geröstete Mandeln): So schön kann Frühstück sein.
Lamm zu Rhabarber ist eines der ältesten Rezepte mit den in diesem Fall wirklich wie Gemüse verwendeten Stangen. Khoresh Rivas heißt das Ragout aus der traditionellen persischen Küche mit viel Rhabarber und Unmengen Kräutern, sauer, duftig und auf irritierend intensive Weise anziehend. Der Basmatireis dazu befriedet Gaumen wie Gemüt.
Makrele gehört zu den besten Freunden von Rhabarber. Der intensive, fette Fisch verträgt ordentlich fruchtig-saures Kontra, worum sich die Stangen in Form von Chutney oder auch Schmorgemüse nicht lange bitten lassen. Eine gute Alternative zum Meeresfisch ist Aal oder Lachsforelle.
Auf das Naheliegende sollte man nicht leichtfertig verzichten. Während Rhabarber zunehmend auch in salzigen Speisen verwendet wird, schmeckt er auch ganz klassisch als Kompott oder ofengeschmort hervorragend. Seine vorlaute Säure harmoniert bestens mit Vanille und Zucker. Mehr braucht es oft gar nicht für ein Schüsserl Frühlingsglück. Alternativ zur Vanille können auch Anis und Sternanis bestens mit Rhabarber.
Zimt & Zucker passen zu erstaunlich vielen Süßspeisen, egal ob Butterbrösel für Topfen- oder Marillenknödel, Grießkoch oder Kuchenteige aller Art. Bei genauerem Hinsehen ist immer auch Butter im Bunde. Besonders gut harmonieren die drei auch mit Rhabarber, vor allem als ebenso klassischer wie köstlicher Crumble oder Germteig-Streuselkuchen.
Wann hat Rhabarber Saison?
Mittlerweile bekommt man Rha-barber zur Freilandsaison von April bis Juni (zugleich mit Spargel) in jedem Supermarkt, am besten aus Bio-Anbau. In Österreich wird Rhabarber in einer Größenordnung von ca. 1000 Tonnen pro Jahr – überwiegend in Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol – angebaut. Das entspricht ungefähr den Erntemengen von heimischem Fenchel oder Melanzani.