„Bio ist zu teuer“, „Die Lieferantinnen und Lieferanten können nicht liefern“ oder „Unsere Gäste zahlen das nicht“ – das sind typische Vorurteile, die viele Gastronominnen und Gastronomen davon abhalten, auf Bio umzustellen. Doch die Luftburg im Wiener Prater beweist das Gegenteil: Mit 1448 Sitzplätzen und einer konsequenten Ausrichtung auf 100 Prozent Bio zeigt das Team von Bianca und Paul Kolarik, dass Nachhaltigkeit und Gastronomie sogar im großen Stil problemlos zusammenpassen.
Wie die Luftburg den Umstieg auf 100 % Bio geschafft hat
- Clever kalkulieren: „Wir haben versucht, so zu kalkulieren, dass wir vernünftige Preise zusammenbekommen“, sagt Bianca im Gaumen Hoch-Podcast „Übers Essen spricht man nicht”. Dabei wurde der Mehrpreis für Bio-Produkte zwar an die Gäste weitergegeben, aber in Maßen – „denn wir sind auch so ehrlich, dass wir sagen, dass weder die Mitarbeiter:innen noch der Strom deswegen nicht teurer sind“. Am Ende rechtfertigt bei den Kolariks das gesamte Erlebnis – nicht nur das Essen – den Preis.
- Investition ins Erlebnis: Der Fokus liegt nicht allein auf den Lebensmitteln, sondern auch auf dem Gesamtangebot. „Spielplätze für Kinder, hochwertige Sitzmöbel, ein schöner Garten – das Gesamtpaket rechtfertigt den Preis“, betont Bianca.
Übers Essen spricht man nicht
Im neuen Gaumen Hoch-Podcast führen Nina Hartmann und Alexandra Seyer Gmeinbauer Tischgespräche in einer gemütlichen Runde, die weiß: Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme – es ist Kultur, Emotion und Gemeinschaft. Und darüber darf und soll geredet werden. Aber keine Sorge: nicht mit vollem Mund. Jetzt überall, wo es Podcasts gibt! Hier abonnieren
Praxis-Tipp: Gäste sind bereit, für Qualität und Transparenz mehr zu zahlen, wenn sie wissen, dass das Geld in nachhaltige Werte fließt. Kommunizieren Sie klar, warum Bio-Produkte teurer sind, und schaffen Sie ein Erlebnis, das den Mehrwert unterstreicht.
Vorurteil 2: Bio ist logistisch nicht umsetzbar
Gerade in großen Betrieben wie der Luftburg wird oft argumentiert, dass die Umstellung auf Bio aufgrund der Mengen oder Verfügbarkeiten unmöglich sei.
Die Realität im Kolarik in Prater
„Wir brauchen von allem viel, weil wir viele Sitzplätze haben. Es war uns wichtig, dass unsere Lieferantinnen und Lieferanten garantieren können, dass sie langfristig liefern können“, erklärt Bianca. Doch anstatt aufzugeben, suchten die Kolariks Lösungen:
- Zusammenarbeit mit Lieferant:innen: „Wir sind an unsere Lieferant:innen herangetreten und haben gesagt: Schaut, was geht“, berichtet die Gastronomin. Die Lieferant:innen unterstützten die Kolariks aktiv, indem sie ihre Bauernvereinigungen mobilisierten und Engpässe lösten.
- Langfristige Planung: Mit Durchschnittswerten aus der Vergangenheit konnte die Luftburg ihren Bedarf kalkulieren und Lieferant:innen frühzeitig einbinden.
Praxis-Tipp: Kooperieren Sie eng mit Lieferant:innen und denken Sie langfristig. Es erfordert Mut und Geduld, aber die meisten Partner:innen werden mitziehen, wenn sie merken, dass Sie es ernst meinen.
Vorurteil 3: Unsere Gäste zahlen nicht mehr für Bio
Viele Gastronominnen und Gastronomen unterschätzen, wie sehr Gäste hochwertige Lebensmittel schätzen – besonders wenn sie die Geschichten dahinter kennen.
Wie die Kolariks überzeugen
Paul erklärt: „Die Gäste können sich darauf verlassen, dass alles, was wir servieren, tatsächlich 100 Prozent Bio ist. Unsere Produkte sind nicht nur zertifiziert, sondern werden auch regelmäßig überprüft.“ Diese Transparenz und die Qualität der Zutaten kommen bei den Gästen gut an. Paul fügt hinzu: „Wir haben Gäste, die extra aus ganz Österreich kommen, um das größte Bio-Restaurant der Welt zu erleben.“
Praxis-Tipp: Schaffen Sie Vertrauen durch Transparenz: Klären Sie auf, was 100 Prozent Bio wirklich bedeutet. Nutzen Sie das Bio-Siegel und Zertifizierungen, um Ihre Glaubwürdigkeit zu unterstreichen. Erzählen Sie die Geschichten Ihrer Produzentinnen und Produzenten und zeigen Sie, woher die Produkte stammen.
Der Prozess: So geht die Umstellung auf Bio
Bianca und Paul Kolarik teilen im Podcast ihre wichtigsten Schritte:
So geht 100 Prozent Bio
- Klein anfangen: „Wenn man das wirklich möchte, steht man sich am Anfang oft selbst im Weg“, erzählt Bianca. Sie erklärt, dass viele Gastronom:innen sich zu Beginn Gedanken machen, ob die Umstellung auf Bio überhaupt machbar ist und wie die Gäste darauf reagieren werden. Deshalb empfiehlt sie, klein anzufangen: „Beginnen Sie mit einzelnen Produktgruppen wie Gemüse oder Fleisch und erweitern Sie die Bio-Quote nach und nach. So können Sie sich schrittweise an die Umstellung herantasten und die Herausforderung besser bewältigen. Mit der Zeit wird es einfacher, das Konzept weiter auszubauen und auch andere Bereiche wie Getränke und Gewürze in die Bio-Philosophie einzubeziehen.“
- Lieferant:innen stärken: Arbeiten Sie mit regionalen Bäuer:innen und Lieferant:innen zusammen, um die Versorgung sicherzustellen. Die Luftburg sorgte sogar dafür, dass Bauernvereinigungen entstanden, um die hohen Mengen zu decken.
- Gemeinsam lernen: „Unsere Mitarbeiter:innen wurden Teil des Prozesses,“ erklärt Paul. In Schulungen lernten sie, warum Bio wichtig ist, und konnten diese Begeisterung an die Gäste weitergeben.
- Herausforderungen annehmen: Ein besonders schwieriger Punkt war für die Luftburg die Beschaffung von Bio-Bier. „Es war lang ein Thema, dass wir unser Budweiser-Bier nicht in Bio-Qualität bekommen haben,“ erzählt Bianca. Doch am Ende fand sich eine Lösung, weil der Betrieb kompromisslos auf Bio setzen wollte.
Fazit: Bio als Chance, nicht als Hindernis
Die Luftburg hat gezeigt, dass 100 Prozent Bio in der Gastronomie keine unerreichbare Vision ist, sondern eine machbare Realität. Es braucht Mut, Geduld und klare Werte, aber am Ende profitieren alle: Die Gäste, die Umwelt und die Produzentinnen und Produzenten. Wie Paul Kolarik betont:
„Nicht Bio geht nicht mehr für uns.“
Dieser Satz ist mehr als eine Überzeugung, er ist ein Appell an alle Gastronominnen und Gastronomen, den Standard für Qualität und Nachhaltigkeit neu zu definieren und die Zukunft der Gastronomie aktiv mitzugestalten.