Bei manchen Menschen ist der Lebensweg einfach vorgezeichnet. Da gibt es keine kindlich-romantischen Umwege, sondern es reift eine früh entwickelte Leidenschaft ins Erwachsenenalter hinein. So war das bei Andrea Breitenthaler und Robert Rübsam, dem gastronomischen Traumpaar vom „Schützenwirt“ im südlich von Salzburg gelegenen Dörfchen St. Jakob am Thurn. Als die Mitschülerinnen in der Volksschule der Flachgauer Gemeinde Köstendorf über Häschen und Kätzchen plauderten, hielt Andrea ihr Referat über Nudelsalat – und brachte den auch gleich zum Verkosten mit. Gut 500 Kilometer weiter nördlich, im Thüringer 160-Seelen-Örtchen Übelroda, lernte Robert als Sohn eines Metzgers schon in jungen Jahren die wichtigste Lektion für sein weiteres Leben: „Essen zubereiten ist eine einfache und direkte Art, Menschen glücklich zu machen.“
„Wenn ich privat etwas esse, will ich wissen, wo es herkommt. Und so halten wir es auch in unserem Wirtshaus.“
Weit gereist, viel gelernt
Andrea und Robert machen heute als Wirtsleute viele Menschen auf diese Weise glücklich. Das Rüstzeug dafür erwarben sie bei einigen der besten Lehrmeister der gehobenen Küche wie bei Nils Henkel auf Burg Schwarzenstein. Sie waren viel unterwegs, um dazuzulernen, und auf einer dieser Stationen lernten einander Andrea und Robert 2015 kennen und recht bald auch lieben: Im Luxusresort „Vila Joya“ an der Algarve – damals eines der besten Restaurants der Welt –, in dem beide als Souschefs in der Küche arbeiteten.
Davor hatte Robert unter anderem in den Schlosshotels Velden und Lerbach Erfahrungen gesammelt, Andrea war es nach drei Jahren im Hangar 7 etwas abenteuerlicher angegangen. Sie kochte ein Jahr lang für das damalige Formel-1-Team „Force India“ und in Saint-Tropez auf einer privaten Yacht. Mit all diesen Erfahrungen im Gepäck wagte das Paar mit einem kleinen, feinen Team 2020 den Schritt in die Selbständigkeit und übernahm das Traditionswirtshaus „Der Schützenwirt“ in St. Jakob am Thurn.
„Es hat ein bisschen gedauert, keine Frage. Aber heute kann ich sagen: Wir haben die Gäste, denen wir mit unserer Philosophie gefallen.“
Ein sehr spezielles Wirtshaus
Auch wenn der Start corona–bedingt denkbar schwierig war und die Eröffnung auf Mai 2021 verschoben werden musste, setzte sich letztlich die Leidenschaft dieses besonderen Paares durch. 25 Produzentinnen und Produzenten aus dem näheren Umfeld liefern die hochwertigen Rohstoffe, und was in der Region nicht wächst, aber dennoch benötigt wird, besorgen sich Andrea und Robert über „Crowd-Farming“-Patenschaften in Europa: „Wir sind schon sehr speziell in dem, was wir machen“, sagt Robert. Es gibt keine Speisekarte im Schützenwirt, sondern sieben Hauptgerichte, die auf eine Kreidetafel geschrieben werden: „Was da oben steht, richtet sich nach dem, was unsere Produzentinnen und Produzenten saisonal gerade liefern können.“
Diese Philosophie hat mittlerweile nicht nur die Gäste voll überzeugt, sie machte das Gastro-Pärchen auch weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. In der TV-Show „Mein Lokal – dein Lokal“ gingen die beiden in Staffel 17 als Sieger hervor – und das Telefon hörte nicht mehr auf zu läuten, weil so viele Menschen einen Tisch ergattern wollten. Andrea und Robert freute das natürlich. Aber mehr noch als die plötzliche Bekanntheit beglückte sie die Genugtuung darüber, dass ihre große Leidenschaft und Liebe für ihre Arbeit und ihr sehr spezieller Stil in einem traditionellen Dorfwirtshaus mit einer Prise von großer, weiter Welt belohnt wurden. Und all das mit einer Philosophie, die nicht ausschließlich wirtschaftlichen Erfolg, sondern vor allem auch Nachhaltigkeit und Respekt vor den Gaben der Natur als Basis hat.