Wer das Südburgenland noch nicht am kulinarischen Radar hat, sollte dies schleunigst ändern und den nächsten Wochenendausflug südwärts antreten. Zumindest laut Wirt Jürgen Csencsits, der sich mit seinem Wirtshaus in Harmisch zu einer Gastro-Destination entwickelt hat. „Als meine Frau Melanie und ich 2007 mit dem Lokal begonnen haben, hat sich zeitgleich in der Region viel entwickelt. Da waren viele Aussteiger:innen und Spitzenleute dabei“, erzählt er. Da gibt es die Familie Elpons, die das Krainer Steinschaf züchtet, den Taubenhof Methlagl, der seine Tauben in der Spitzengastronomie vertreibt, den Biohof von Julia Wolf, wo sie spannende Kräuter, Blüten, Gemüse und Raritäten anbaut, oder die Pilzfarmer von KiMa Organics. „Das Südburgenland ist ein Schlaraffenland, was Gemüse, Fleisch und Wein angeht – ich würde mich freuen, wenn das noch mehr Menschen erkennen würden. Wenn man zu uns runterkommt, findet man Entschleunigung und Gastfreundschaft vor“, meint Jürgen.
Die Mischung macht’s
Im Gasthaus Csencsits wird’s noch dazu abwechslungsreich. Traditionelle Wirtshausküche, Fine Dining und Buschenschank-Flair dürfen hier nämlich nebeneinander bestehen. Koch Jürgen kehrte nach 15 Jahren Spitzengastronomie im Taubenkobel mit seiner Frau Melanie zurück in die Heimat und übernahm das elterliche Wirtshaus. Jürgen gibt zu, dass er zu Beginn etwas blauäugig aufwändige Speisekarten samt Zwischengerichten und Spompanadeln geschrieben hat, um dann draufzukommen, dass er ja allein in der Küche steht. „Auch die Basics der Wirtshausküche musste ich erst wieder von meiner Mutter lernen. Wir konnten nicht direkt mit Fine Dining loslegen, die Stammgäste mussten auch mitbedacht werden“, erinnert er sich.
„Ich beschreibe meine Küche stets als gehoben, aber nicht abgehoben.“
Heute wird drei Abende lang fancy gekocht, am Wochenende gibt’s außerdem Mittagsbrunch in Form von Menü und Aperitif und im Sommer sorgt Auscsteckt – die beliebte Buschenschank – für Abwechslung. Von Schwammerlgulasch bis Langos darf es hier bodenständiger zugehen.
„Ich beschreibe meine Küche stets als gehoben, aber nicht abgehoben. Wir versuchen wirklich gutes Zeug auf den Tisch zu bringen und kompromisslose Qualität als Selbstverständlichkeit anzusehen, ohne großes Tamtam darum zu machen“, erklärt Jürgen seine Philosophie. Die Zutaten für die saisonal wechselnden böhmisch-pannonischen Gerichte werden regional bezogen, wenn möglich Bio.
„Da versuche ich in nächster Zeit noch mehr Fokus darauf zu legen. Wir haben auch einige Ideen mit den Feldern hinterm Haus. Der Gemüsebauer Sebastian Krekuska aus Kukmirn wird uns hier unterstützen. Das könnte auch für die Verwendung von Bio-Mist ideal sein. Mit Gemüseresten kochen wir Fonds und Saucen, trocknen Schalen und schmeißen so wenig wie möglich weg“, ergänzt Jürgen.
„Wenn ich es schaffe, dass sich jemand von einem Gericht in seine Kindheit und in die Küche der Oma zurückversetzt fühlt, berührt mich das auch.“
Offenheit mit Tradition
Das Herzstück der Wirtshausküche ist seit den 1970er Jahren der Holzofen. „Diese Langsamkeit macht viel aus“, sagt Jürgen. „Es kann vorkommen, dass ein Topf mit Sauce hier zwei Tage lang vor sich hin kocht, und die Zeit nehmen wir uns.“ Auch zu wissen, dass der Ofen, der noch von Jürgens Großmutter angeschafft wurde, im Zentrum steht, macht einen Unterschied. Schließlich soll es darum gehen, die Gäste mit hervorragendem Essen zu berühren. „Wenn ich es schaffe, dass sich jemand von einem Gericht in seine Kindheit und in die Küche der Oma zurückversetzt fühlt, berührt mich das auch.“ Hin und wieder gelingt Jürgen nämlich „ein richtiger Wurf“, wie er es nennt. Dazu gehört zum Beispiel das Lamm-Sugo, das während der Coronazeit im Glas verkauft wurde und noch immer nachgefragt wird.
Die Vielfalt des Betriebs wird auch in der Weinkarte mit über 400 Positionen deutlich. Der Großteil kommt aus dem Südburgenland, es geht aber auch quer durch Österreich, und angeboten wird „was uns taugt und schmeckt“, darunter auch viele Naturweine oder ein alkoholfreier Uhudler Frizzante. „Ich will keine Religion aus Naturwein machen und ich drücke niemandem was aufs Aug‘, aber wir probieren gerne Dinge aus und das Wichtigste ist, dass der Gast glücklich ist.“
An die südburgenländischen Weine sollte man sich laut Jürgen langsam „herantrinken“, da sie Ecken und Kanten haben und nicht als Gaumenschmeichler bekannt sind. Dafür eignet sich so ein Wochenendausflug ins Burgenland optimal. Im Gasthaus Csencsits gibt’s nämlich demnächst auch Übernachtungsmöglichkeiten.