Liebling aller Klassen – die häufigsten Fragen zu Marillen

Die Marille gilt als die perfekte Frucht – aber darf man sie einfrieren? Und welcher Teig passt am besten zu Marillenknödel?
von Katharina Seiser
Marillen
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Aus Marillen wird die beliebteste Marmelade Österreichs gemacht. Mit Marillen werden die begehrtesten Knödel des Landes gefüllt.

Was ist der Unterschied zwischen Aprikosen und Marillen?

Aprikose sollte auf österreichischem Boden eher nicht laut ausgesprochen werden, denn bekanntlich trennt uns von Deutschland die gemeinsame Sprache. Aber Aprikosen sind tatsächlich und botanisch korrekt Marillen. Im Gegensatz zu Pflaumen, die keine Zwetschken sind.

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Marillenbaum

Woran erkennt man reife Marillen?

Reife Marillen können gelborange, orange oder besommersprosst sein, einen grünen Hintern oder rote Backerl haben. Das ist zum einen sortenabhängig, zum anderen durch den Wuchs jeder einzelnen Marille auf dem Ast bedingt.

Woher kommt die Marille?

China gilt als Herkunftsregion der Marille. Dort in den Bergen um Peking ist es heiß und trocken, was die Bäume lieben – zu viel Kälte und nasse Füße dagegen überhaupt nicht. Darum gilt als Faustregel: Weinbauklima ist auch Marillenklima.

Wann haben Marillen Saison?

Der Juni ist marillentechnisch ungefähr doppelt so schwer auszuhalten wie der lange Winter und Frühling zusammen. Denn da kommen frustrierend geschmacksfreie Marillen auf die Märkte und in die Geschäfte, die man auf keinen Fall kaufen sollte. Gegen das Darben gibt es aber ein ganz einfaches Rezept, das garantiert für Neid sorgt: Einfach zur Hochsaison Marillen einfrieren und mit Marillenknödeln, -kuchen, -strudel oder -röster angeben, wenn die heimischen noch nicht reif sind.

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Marillenblüten

Vor Mitte Juli gibt es selten gescheite, reife, aromatische und ebenso süße wie leicht säuerliche Marillen. Am besten sind die alten Sorten aus der Sippe der Ungarischen Besten bzw. Klosterneuburger Marille. Sie müssen reif geerntet werden und sind nicht lagerfähig. Deshalb muss man sich zu ihnen begeben, sie gut gebettet nach Hause chauffieren und am selben Tag verarbeiten, aber ihr Geschmack entschädigt für alles. Da kann keine Supermarktmarille mit.

Kann man Marillen einfrieren?

Tiefkühlen hat zu Unrecht einen schlechten Ruf. Es gibt nur wenige Obstsorten, die sich so gut wie Marillen dafür eignen. Dafür die reifen Marillen verlesen, mit einem feuchten Tuch abwischen und einfrieren. Vergessen sollte man die Sache mit dem Würfelzucker, denn der löst sich auf und die Marille lässt beim Auftauen Feuchtigkeit. Gefrorene, leicht angetaute Marillen lassen sich mit einem kleinen, scharfen Messer problemlos halbieren und entkernen und sind somit von Knödeln bis Marmelade universell einsetzbar.

Wie viel Hitze vertragen Marillen?

Die Marille benötigt kurze und intensive Hitze. Roh kann sie ihr verführerisches Potenzial nämlich nicht annähernd ausspielen. Für Handsemmerl gilt das genauso. Sie sind gemeinsam mit frischer Butter die schönste Unterlage für hausgemachte Marillenmarmelade.

Was passt zu Marille?

  • Ingwer. Man möchte es ja nicht glauben, aber er unterhält beste Beziehungen mit der Marille. Die mögen ihren Ursprung in der gemeinsamen Herkunft haben oder einfach in der Tatsache, dass die frische Schärfe der süßen Molligkeit hervorragend steht, ob im Chutney, in pikanten Zubereitungen mit Gemüse wie Mangold oder rotem Paprika, zu Fleischgerichten wie Ente, Schwein oder Wild oder zu Frischkäse, z. B. von Ziege oder Schaf.
  • Joghurt. Wer braucht schon Joghurt „mit Fruchtzubereitung“, wenn sie oder er bestes grie- chisches Joghurt (dickcremig, fett und aromatisch) und hausgemachte Marillenmarmelade (oder Röster) zu Hause hat? Ein paar frisch geröstete Mandelblättchen oder -stifte obenauf und gekauftes Marillenjoghurt ist Geschichte.
  • Lavendel passt ebenso wie Lorbeer hervorragend zu Marillen. Lavendel z. B. in kleiner Dosis in der Marmelade. Dafür von den Blüten einzeln und peinlich genau den inneren, verholzten Teil abziehen. Frische Lorbeerblätter machen sich ausgesprochen gut in Marillenkompott (und noch besser in jenem aus Kriecherln).
  • Orangen passen in Form von Saft, Schale, Likör und Blütenwasser zu Marillen. Da frische Orangen zur Marillensaison nur von sehr weit her (z. B. Südafrika, Chile) erhältlich sind, greift man besser gleich zum Likör. Und wer sich kulinarisch nach dem Nahen Osten sehnt, kombiniert Marillen z. B. im Kompott (das übrigens auch aus getrockneten Marillen schmeckt) mit einem kleinen Spritzer Orangenblütenwasser.
  • Quark ist natürlich ein Topfen und als solcher ein Partner in Crime der Marille. Im Doppel verführen sie als Marillenknödel, Soufflé oder Strudel. Er darf in keinem Fall zu feucht sein – daher besser in einem sauberen Geschirrtuch ausdrücken.
  • Vanille und Verbene riechen wie die zwei Pole des süßen Würzspektrums: Die dunkle, süße Vanille, die sich besonders gut als Begleiterin heißer Marillen, ganz pur mit handgeschlagenem Obers, kalter Vanillesauce oder in Form von Vanilleeis macht. Oder die zitrusduftige Zitronenverbene oder auch Zitronenmelisse, die sich in den wässrigeren, kalt servierten Zubereitungen – sei es Kompott, aber auch Röster oder Sorbet – als frische, erhebende Ergänzung bewährt.
  • Yuzu darf stellvertretend für die Zitrone einspringen, denn je nach Süße vertragen die pelzigen Lieblingsfrüchte erstaunlich viel Säure und Zitrusaroma. Da im Sommer, wenn die Marillen reif sind, keine Zitrussaison ist, kann man ohne schlechtes Gewissen die Marmelade auch einmal mit einem Schuss möglichst hochwertigen Yuzusaftes abschmecken.
  • Zucker ist der beste Freund der Marille, obwohl sie selbst schon reichlich davon mitbringt. Weniger eindeutig ist die Antwort auf die Frage, welcher Zucker sich auf Marillenknödeln schickt: Ist es der unauffällige und konsistenztechnisch langweilige Staubzucker oder doch der knusprig-knirschende Kristallzucker, vor allem auf dem kleinen, heißen Marillensaftsee, der sich beim Entfernen des Kerns aus den Hälften offenbart?
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Marillen

Darf man noch Marillenmarmelade sagen?

Marmelade ist das beste Beispiel für österreichische Renitenz, denn nur deshalb darf die Königin aller Marmeladen, die Marillenmarmelade, entgegen EU-Recht dank Ausnahmeregelung noch immer so heißen – und nicht Konfitüre oder Fruchtaufstrich. Die beste Marillenmarmelade ist hausgemacht aus alten Sorten, die reifen, etwas zerkleinerten Früchte mit nicht zu viel Zucker einige Stunden mazeriert, nur kurz gekocht und nicht passiert. Nur dann hat sie das begehrte intensiv-fruchtige Aroma und die saftig-weichen Fruchtstückchen.

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Marillenmarmelade

Übrigens: Xanthan als Bindemittel braucht keine Marillenmarmelade, denn reife Marillen enthalten viel Pektin, dessen Gelierkraft durch etwas Säure aus Zitronensaft noch verstärkt wird.

Woraus besteht Marillennektar?

Nektar wird der Saft aus Marillen korrekt genannt, weil auch das Fruchtfleisch darin ent-halten ist. Nach dem Pürieren und Passieren werden Zucker und Wasser beigefügt. Den idealtypischen Marillennektar gibt’s aus handgepflückten, reifen Marillen der Sorte Ungarische Beste.

Was kann man aus Marillen machen?

  • Marillenfleck. Nicht der, den die Marillen auf weißem Leinen machen, sondern der, den man mit Marillen belegt. Steht oft im Schatten seines späteren Bruders Zwetschkenfleck, der immer aus Germteig gemacht wird. Bei den Marillen oszilliert der Begriff zwischen Rühr- und Germteig, schlägt aber eher bei ersterem aus. Lauwarmer Marillenfleck auf dem Teller, während die Zehen im warmen Gras parken, gehört zum Schönsten, was der Hochsommer zu bieten hat.
  • Marillenpalatschinken. Palatschinken sind die wahrscheinlich liebste Behausung von Marillenmarmelade (neben der glatten Oberfläche der Sachertorte, den Windungen der Biskuitroulade und den weichen Höhlen der Buchteln). Heiß, frisch, flaumig und an den Rändern zart knusprig die Hülle, ebenso heiß, sehr fruchtig und aromatisch die erhitzte Fülle. Die Marmelade bitte nicht mit aromatisiertem Inländerrum verhunzen.
  • Marillenröster. Röster aus reifen Marillen gehört zu den Speisen, die noch immer und alle verblüfft haben. Genau zwei Zutaten – Marillen und Zucker – köcheln gemeinsam zu cremig-stückiger Vollkommenheit. Zur Saison aus den frischen, das ganze Jahr über aus den eingefrorenen Früchten. So eine große Schüssel leuchtend orangen Marillenrösters nach einem winterlichen Menü mitten auf den Tisch gestellt, hat Zauberkräfte.
  • Marillenknödel. Knödel mit einem Herz aus reifen Marillen sind der Gipfel des österreichischen Mehlspeisen-Olymp und eine Lieblingsspeise, nach der lange nix kommt. Sehr rasch kommt es jedoch zur Diskussion über den richtigen Teig. Weniger Fettnäpfchen halten die obligatorischen Butterbrösel dazu bereit. Sie müssen goldgelb, buttrig, knusprig und niemals zu wenig sein. Ob mit etwas Zucker und Zimt, ist Geschmackssache.
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Marillenknödel
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Marillenkuchen
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Marillenkuchen

Welcher Teig passt zu Marillenknödel?

Alle Jahre wieder Stoff für Überwerfungen mit an sich netten Menschen. Der Klassiker Topfenteig schmeckt dank der Säure des Topfens frisch und weich und ist schnell gemacht. Erdäpfelteig ist je nach Verfügbarkeit mehliger Erdäpfel (im Hochsommer nicht ganz einfach) der zurückhaltendere im Geschmack mit etwas mehr Substanz im Biss. Diplomaten (wie die Großmutter der Autorin) plädieren für halb halb: Erdäpfel-Topfenteig, der Molligkeit mit Frische kombiniert.

Welche ist die beste Marillen-Sorte?

Ungarische Beste ist der Marillensorten-Urmeter und geschmacklich gemeinsam mit der ihr nahe verwandten Klosterneuburger Marille Garant für ausgezeichnete Marillenmarmelade, umwerfend guten Röster, die besten Knödel und überhaupt alles Marillige.

Was hat es mit der Marille und der Wachau auf sich?

Wachau ist der Inbegriff der Marille, weil sie dort tatsächlich sehr gut gedeiht (was sie aber auch im Weinviertel oder im Burgenland tut). Die herkunftsgeschützte „Wachauer Marille“ kann von verschiedenen Sorten, muss aber in der betreffenden Region angebaut worden sein. So viele Marillen, wie in Österreich als Wachauer verkauft werden, wachsen jedoch wahrscheinlich in ganz Niederösterreich nicht. Die Wachau ist auch für Marillenbrand berühmt, der gar nicht so einfach in guter Qualität herzustellen ist, weil das Aroma zart und flüchtig ist. Apropos Niederösterreich: Aus dem Waldviertel stammt der elegante Graumohn, der sich hervorragend mit der Marille versteht.

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