Kürnsteiner Hof

Daniela und Lukas verbinden am Kürnsteiner Hof altes und neues Wissen und geben dabei der Natur den Raum, den sie braucht.
© Patrick Griesbacher-Tafner

Ideenschmiede Bauernhof

von Anna Gugerell

Wer an einem sonnigen Morgen die Augen im Wohnwagen Isidor aufschlägt und den ersten Kaffee des Tages mit Blick auf die Mühlviertler Hügellandschaft auf den Stufen des Tiny Houses sitzend genießt, kann nachvollziehen, warum Daniela und Lukas Griesbacher diesen Ort bewahren wollten.

„Die Bauernbuben sitzen mit acht Jahren am Traktor, da habe ich als Quereinsteiger, der hier nicht aufgewachsen ist, viel Aufholbedarf.
Lukas Griesbacher
© Patrick Griesbacher-Tafner
Daniela und Lukas beherbergen Waldviertler Blondvieh auf ihrem Hof.

Obwohl das gar nicht so geplant war, übernahmen die beiden im Jahr 2020 die Landwirtschaft von Danielas Familie im oberösterreichischen Rechberg. Ganz abwegig war der Gedanke nicht, immerhin haben beide an der BOKU Wien Agrarwissenschaften studiert, Daniela weiterführend Landschaftsarchitektur und Lukas Soziale Ökologie. Trotzdem fühlt Lukas sich noch in der Lehre: „Die Bauernbuben sitzen mit acht Jahren am Traktor, da habe ich als Quereinsteiger, der hier nicht aufgewachsen ist, viel Aufholbedarf. In dem Beruf muss man sehr viel wissen.“ Gut, dass es da noch die Schwiegereltern gibt.

© Patrick Griesbacher-Tafner
„Der Hof atmet“, so steht es auf der Webseite und so sieht das auf einem Bild aus.

Zwischen den Welten

In dem Drei-Generationen-Haushalt gibt es für alle viel zu lernen. Danielas Vater Josef hat mit seiner Erfahrung die traditionellen Standbeine von der Grünland- bis zur Maschinenpflege über und Lukas und Daniela bauen nach und nach ihre eigenen Bereiche aus. Ursprünglich als konventioneller Milchviehbetrieb geführt, hat der Kürnsteiner Hof eine jahrhundertelange Tradition. Die Übernahme war der Beginn einer neuen Ära. „Als erstes haben wir auf Bio umgestellt und die Kühe gleich mal auf die Wiese rausgelassen“, erzählt Daniela.

© Patrick Griesbacher-Tafner

Die beiden stellten auf Muttertierhaltung mit Waldviertler Blondvieh um und halten aktuell 15 Tiere, wobei zwei- bis dreimal im Jahr geschlachtet wird. Die Vermarktung der Fleischpakete funktioniert bisher direkt im Familien- und Bekanntenkreis sowie über einen lokalen Kund:innenstamm. Das Streuobst, sowie Getreide von den Feldern verkauft Lukas unter anderem beim Bauernmarkt in Aisthofen bei Perg.

Der direkte Kontakt mit den Menschen ist für beide ein wichtiger Faktor der landwirtschaftlichen Arbeit. „Lukas ist einfach der Typ für den Markt“, meint Daniela. Dort wird geplaudert, aber auch viel zu den Produkten erklärt, um den Leuten die Verarbeitung und das Produkt näherzubringen. „Wir bewirten beide gerne und lieben es, Gäste zu haben. Darum haben wir auch beide in der Gastro gearbeitet“, ergänzt Lukas.

© Patrick Griesbacher-Tafner
Die Griesbachers empfangen auf dem Kürnsteiner Hofes auch Gäste – in ihrem Tiny House in absolut ruhiger Lage mit dem Blick Richtung Süden.
Wir kennen beide Welten: die urbane Welt und die ländliche, bäuerliche Welt. Wir wollen hier Brücken bauen. Man muss das alte Wissen wertschätzen und mitnehmen, vor allem im Mehrgenerationenhaushalt.“
Lukas Griesbacher

Das zusätzliche Standbein mit der Vermietung des Tiny Houses war also eine ideale Möglichkeit, um diesen schönen Ort für Gäste zugänglich zu machen und gleichzeitig neue Abnehmer:innen für die Produkte zu finden. Lukas und Daniela ist es besonders wichtig, dass schöne Synergien zwischen den Bereichen entstehen, sehen sie sich doch oft auch in einer Vermittlerrolle. „Wir kennen beide Welten: die urbane Welt und die ländliche, bäuerliche Welt. Wir wollen hier Brücken bauen. Man muss das alte Wissen wertschätzen und mitnehmen, vor allem im Mehrgenerationenhaushalt“, betont Lukas. Mit ihrer Experimentierfreude und unkonventionellen Herangehensweise bringen sie dafür neue Ideen – mit Erfolg. So ist das Agroforstsystem, welches mit Wassergräben kombiniert wurde, zu einem Pionierprojekt für die Community geworden.

© Patrick Griesbacher-Tafner
„Naturnahe und wesensgemäße Landwirtschaft” steht auf der Webseite des Kürnsteiner Hofs – hier der Bildbeweis.

Die Philosophie ist klar: „Naturnah ist uns wichtig“, bestätigt Lukas. „Wir sind biologisch zertifiziert als i-Tüpfelchen. Wir machen das alles aber prinzipiell so, weil wir es wollen. Wir versuchen, eine gute Balance zu schaffen zwischen einer Landwirtschaft, von der man leben kann, und gleichzeitig der Natur ihren Platz zu lassen. Wir wollen im Gleichgewicht mit ökologischen Räumen und Strukturen leben und nicht nur alles auf maximalen Profit auslegen.“

Ein Hof bietet so viel Gestaltungsspielraum. Wir wollen unseren Kindern zeigen, dass Bauer oder Bäuerin sein nicht nur etwas mit Gestank und Gummistiefel zu tun hat.“
Daniela Griesbacher
© Patrick Griesbacher-Tafner
Ein Blick in das Tiny Haus für Gäste.

Ein Vorhaben, das die Griesbachers auf ihre individuelle Weise angehen: Der Birnenschaumwein wird in traditioneller Flaschengärung hergestellt und darf seine geschmacksintensivierenden und optisch interessanten Trübstoffe behalten, beim Fleisch-Verkauf steht aus Respekt der Name des geschlachteten Tiers dabei und die Natur wird nicht als Feind gesehen. „Ein Hof bietet so viel Gestaltungsspielraum. Wir wollen unseren Kindern zeigen, dass Bauer oder Bäuerin sein nicht nur etwas mit Gestank und Gummistiefel zu tun hat. Die Wertschätzung für diesen schönen Beruf wollen wir der nächsten Generation weitergeben“, sagt Daniela.

Daniela und Lukas Griesbacher

Was ist euer Lieblingsessen?
Lukas: Roastbeef von unseren Rindern
Daniela: Italienische Pizza.
Wie entspannt ihr euch?
Daniela: Ich setz mich sehr gerne mit einem Kaffee in die Sonne und bewege mich da eine Stunde nicht weg. Gehe auch gerne spazieren oder mache Yoga.
Lukas: Sporteln: Laufen oder Fußball spielen. Kühe streicheln funktioniert auch gut.
Geschmack der Kindheit?
Daniela: Gezogener Apfelstrudel mit Milch, Semmelbröseln und Zimt.
Lukas: Reisfleisch.
Beste kulinarische Erfahrung?
Beide: Das Chef’s Choice Menu im Haubenrestaurant 1070 in Wien.
Was wollt ihr noch lernen?
Lukas: Französisch.
Daniela: Ich mache gerne Musik, lerne gerade Cello und möchte das noch vertiefen.

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