Von dem Trend, den Alkoholkonsum zu reduzieren oder ganz bleiben zu lassen, merken die Zahels nicht viel. Eher ist das Gegenteil das Fall. 2024 war ein schwieriges Jahr für die Gastronomie – auch in Österreich. Trotzdem verzeichnete das Wiener Weingut eine erfreuliche Umsatzsteigerung im Verkauf.

„Die Leute trinken zwar weniger, aber bewusster. Und gehen dann eher auf Qualität“, so erklärt es sich Junior-Chef Valentin. „Außerdem setzen wir schon lange auf leichte Weißweine, die jetzt gern getrunken werden.“ Fans von entalkoholisierten Weinen seien sie keine. Unter anderem, weil es mit einem Riesenaufwand einhergeht, den Alkohol loszuwerden. Wer ein Produkt ohne Promille will und nicht über die benötigten Gerätschaften verfügt, um den Alkohol zu entziehen – was hierzulande derzeit einfach nicht der Fall ist – müsste seine Flaschen nach Deutschland schicken, erklärt Vertriebsleiter Lars Lackner-Petz. Und dann wieder retour. „CO2-mäßig eine Katastrophe“, sagt er. Und ein Verstoß gegen die Demeter-Richtlinien, denen das Weingut sich verpflichtet hat.
Seit 2018 ist der Familienbetrieb Demeter-zertifiziert. Es wird nach biodynamischen Prinzipien bewirtschaftet, ganz ohne künstliche Eingriffe. 80 Prozent der Weingärten sind in Mauer zuhause, die restlichen 20 Prozent befinden sich im Norden Wiens am Nussberg und im Osten in Oberlaa, wo die Böden wiederum ganz eigene Weine hervorbringen.
Wodurch das Portfolio der Zahel-Weine – und übrigens auch Sekte und PetNats – recht divers ist: Gemischter Satz, Grüner Veltliner, Riesling, Gewürztraminer, Muskateller, Sauvignon Blanc. Und ein paar Rote wie Pinot Noir und der Blaufränkische. Ganz besonders: die Orangetraube. Eine hauseigene Sorte, von der es weltweit nur wenige Hektar gibt.
„Wenn man in ein Hotelzimmer mit viel Plastik kommt, hat man ein ganz anderes Gefühl als beim Betreten eines Raums mit viel Holz und natürlichen Materialien. Ein biodynamisch betriebener Weingarten in seiner ganzen Lebendigkeit erzeugt auch so ein warmes Wohlgefühl.“
Wahrscheinlich betreiben die Zahels das einzige Weingut der Welt, das die Traube reinsortig anbaut. Der Gemischte Satz, der auch in Japan, Kanada und den Niederlanden gut ankommt, ist der Signature-Wein der Familie.
Schmetterlinge, Bienen und Interventionen gegen „Trockenstress“
Was die Weine geschmacklich eint und charakterisiert? Sie sind trinkfreudig und gesellig, zeigen aber gleichzeitig Komplexität, Tiefe und Ernsthaftigkeit, so Valentin. Allesamt tragen sie poetische Etiketten. Auf einigen ist ein fein gezeichneter Schmetterling abgebildet. Er versteht sich als Symbol für die Biodiversität, die biodynamisch bewirtschaftete Weingärten so an sich haben.
Vertriebsleiter Lars spricht in diesem Kontext von einem Raumgefühl: „Wenn man in ein Hotelzimmer mit viel Plastik kommt, hat man ein ganz anderes Gefühl als beim Betreten eines Raums mit viel Holz und natürlichen Materialien. Ein biodynamisch betriebener Weingarten in seiner ganzen Lebendigkeit erzeugt auch so ein warmes Wohlgefühl“, sagt er. Bienen gibt es in Maurer Lage seit neustem auch. Dieses Jahr will Valentin seinen ersten eigenen Stock aufstellen.
„Wir versuchen, Klimaveränderungen abzupuffern, indem wir nicht nur die Reben, sondern auch die Böden mit biodynamischen Methoden stärken, sodass sie gut durchlüftet und gelockert sind und einen hohen Humusgehalt aufweisen.“
Die Böden, in die die Zahel-Reben hineinwurzeln, werden nicht bewässert. Deswegen ist die Bodengesundheit ein prioritäres Thema bei den Zahels. Im Sommer kommt es, des Klimawandels wegen, immer häufiger zu „Trockenstress“. „Wir versuchen, Klimaveränderungen wie diese abzupuffern, indem wir nicht nur die Reben, sondern auch die Böden mit biodynamischen Methoden stärken, sodass sie gut durchlüftet und gelockert sind und einen hohen Humusgehalt aufweisen“, sagt Valentin.
Der Absolvent der Weinbauschule Klosterneuburg ist am Weingut, das seit 1932 in Familienhand ist, groß geworden. Sein Vater Richard, der die Weingärten auf 30 Hektar erweitert und den Heurigen mit seiner Frau Cornelia zu einer Top-Adresse gemacht hat, hat ihn und seine Geschwister Franziska und Florian, als sie noch klein waren, immer mit dem Traktor vom Kindergarten abgeholt. Und dann hin und wieder in den Weingarten gestellt oder zur Presse mitgenommen. Das Weinmachen war immer schon Teil des Alltags der Geschwister.
Experimentieren geht über Studieren
Heute sitzt Valentin selbst am Lenkrad des Traktors und fährt „durch die Zeilen“, wie er sagt. „Wenn dann im Radio noch ein italienisches Lied spielt und die Sonne scheint, ist es überhaupt perfekt.“ Traditionalisten sind Vater und Sohn keine. Bei den Zahels gehört der Versuch dazu: Ob Kohlensäuremaischung („Mazération carbonique“), kurze Maischegärung oder der Ausbau in Gebinden wie Amphoren oder kleinen Fässern für Natural Wines, die das Weingut in limitierten Auflagen auch immer wieder auf den Markt bringt.
Und in Zukunft wieder im Shop anbieten wird, der dieses Jahr wiedereröffnet werden soll, nachdem er in der Corona-Zeit schließen musste. Auch ein alkoholfreier Verjus, der beim Auspressen unreifer Trauben gewonnen wird, ist angedacht. „Dann kommt wieder mehr Leben auf den Hof“, sagt Valentin. Vorstadtidylle am Rande der Großstadt: Das kann auch nur Wien.