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Warum Bittersalate unverzichtbar sind

Achtung, giftig!, schreit die Natur, wenn wir etwas Bitteres essen. Dabei strotzen die Salate vor Gesundheit.
von Tobias Fels
Chicoree
@ Canva

Alle Fotos: Original © Klaus Fritsch, Bearbeitung © Gaumen Hoch

Von Natur aus sind Menschen darauf programmiert, bittere Geschmacksrichtungen zu meiden. Dies hat evolutionäre Gründe: In der Wildnis können bitter schmeckende Pflanzen oft giftig sein. Daher entwickelten unsere Vorfahrinnen und Vorfahren eine natürliche Abneigung gegen bittere Lebensmittel als Überlebensmechanismus.

Diese angeborene Abneigung gegen Bitterstoffe hat sich im Laufe der Zeit in vielen Kulturen fortgesetzt, auch wenn der Grund – die Giftigkeit – nicht mehr unbedingt gegeben ist. Hinzu kommt, dass die moderne Ernährung oft von süßen und salzigen Geschmacksrichtungen dominiert wird, wodurch der bittere Geschmack weiter in den Hintergrund tritt. Das Resultat ist, dass viele Menschen, besonders in westlichen Ländern, nicht an den bitteren Geschmack gewöhnt sind und ihn daher meiden.

Bittere Wahrheiten

Sprache bestimmt unser Denken, und ähnlich wie mit „sauer“ verbindet man mit „bitter“ eher negative Assoziationen – auch das mag ein Grund für eine ablehnende Haltung gegenüber bitteren Lebensmitteln sein. Insbesondere Medizin wird damit assoziiert: „eine bittere Pille“. Bittere Wahrheiten schmerzen oft – gut, dass Bittersalate weit davon entfernt sind.

Die Mutterpflanze aller Bittersalate ist die Wegwarte. Vielleicht ranken sich gar so viele Sagen und Legenden um die Schöne mit den himmelblauen Blüten, weil sie seit ewigen Zeiten auch als Heilpflanze gilt. Sie blüht monatelang. Die auffälligen Sterne öffnen sich am frühen Morgen, gegen Mittag sind sie schon wieder verblüht, doch täglich kommen bis in den Herbst neue Blüten nach. (Text: Ute Woltron)

So gesund macht bitter

Tatsächlich strotzen Bittersalate vor Gesundheit. Sie enthalten unter anderem Vitamin C, B-Vitamine, Kalium und Kalzium, was sie auch in der kalten Jahreszeit zu einem geschätzten Vitaminlieferanten macht und das Immunsystem stärkt. Die enthaltenen Bitterstoffe regen die Verdauung an und fördern die Produktion von Verdauungssäften in Magen und Leber. Dies kann insbesondere nach üppigen Mahlzeiten helfen.

Auch die Abkömmlinge der blauen Blume, also alle Formen des Zichoriensalates und -gemüses gelten in jeder Art der Zubereitung als besonders gesund. Früher aß man die Blätter der Wegwarte als Salat oder Spinat, bereitete Tee daraus zu und verspeiste auch die gekochte, geschälte Wurzel. Wer es versuchen will, legt sie vorher zwei Stunden ins Wasser, dass treibt die Bitterkeit aus. (Text: Ute Woltron)

Viele Bittersalate enthalten sekundäre Pflanzenstoffe, die als Antioxidantien wirken. Diese Verbindungen können helfen, den Körper vor freien Radikalen zu schützen, die Zellschäden verursachen können. Die Salate sind überdies kalorienarm, aber nährstoffreich, was sie zu einer idealen Zutat für eine gesunde Ernährung macht.

Was macht Bittersalate bitter?

Eine Reihe an Bitterstoffen ist verantwortlich für den bitteren Geschmack im Mund. Dazu zählen die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe, aber auch Verbindungen wie Lactucin und Lactucopikrin, die etwa in Chicorée und Radicchio vorkommen. Chemisch gesehen handelt es nicht um eine einheitliche Gruppe, allerdings aktivieren alle Bitterstoffe einen oder mehrere T2-Rezeptoren auf der Zunge, die für die Bitterwahrnehmung zuständig sind.

Insbesondere der Radicchio zeigt auffällig viele unterschiedliche Farbkombinationen und Blattformen. Manche Sorten wie die hier abgebildete Ceriolo Bianco sind so hübsch, dass man sie für großformatige Blüten halten könnte und gar nicht zerteilen will. Doch auch der Chicorée muss nicht immer weiß-grünlich sein, er kann ebenfalls lustige Tüpfelchen in Rosa und Zartgelb tragen. (Text: Ute Woltron)

Welche Bittersalate gibt es?

Zu den Bittersalaten gehören Sorten wie Chicorée, Radicchio, Endivien, Löwenzahn oder der Zuckerhut. Diese Salate haben oft eine intensivere Farbe, von tiefem Rot bis Dunkelgrün, und sind meist dichter und fester in ihrer Struktur als ihre milderen Cousins. Sie alle eint, dass sie deutlich bitterer schmecken als andere Salate.

Wie bringt man Kinder dazu, sich an Bitteres zu gewöhnen?

Obwohl Bittersalate einen intensiven Geschmack haben, können sie mit den richtigen Zutaten auch für Kinder schmackhaft gemacht werden – einerseits spielt die Gewöhnung eine Rolle, andererseits die Zubereitung. Generell ist es eine gute Idee, bittere Salate mit süßem Obst zu kombinieren. So eignen sich Äpfel und Birnen gut als Zugabe zu Radicchio oder Endivien, und auch Trauben lockern allzu bittere Salate gut auf.

Generell ist es eine gute Idee, bittere Salate mit süßem Obst zu kombinieren.

Cremige Dressings auf Mayonnaise-Basis können Bitterkeit kaschieren, und auch Zugaben wie Käse oder Nüsse fügen der Bitterkeit spannende Aromen hinzu. Nicht zuletzt lassen sich Salate wie Radicchio gut anbraten und verändern somit ihre Textur und werden knusprig – auch das ein Trick, den man bei Kindern gut ausprobieren kann, um ihnen bitteren Salat schmackhaft zu machen.

Ein wirklich gutes Exemplar dieser großen, knackigen Knospe ist sehr frisch. Es darf zwar leicht bitter schmecken, trägt jedoch noch ein ganzes Bukett anderer Geschmäcker in sich, die so gut wie unmöglich zu beschreiben sind. (Text: Ute Woltron)

Bitter erlebt eine Renaissance

Bitter als Geschmacksrichtung war in der westlichen Küche tendenziell weniger bevorzugt und kam seltener zum Einsatz als süße, salzige oder saure Aromen, nicht zuletzt aufgrund der bereits angesprochenen evolutionären Vorprägung. Mit der industriellen Revolution und der Verfügbarkeit von verarbeiteten Lebensmitteln, die oft auf süße und salzige Geschmäcker ausgerichtet sind, nahm die Präsenz von Bitterstoffen in der Ernährung weiter ab. Bestimmten Gemüsearten, etwa Kohlsprossen, wurde die Bitterkeit durch Züchtungen sogar immer weiter ausgetrieben.

Gourmetköche und Ernährungsbewusste integrieren Bitterstoffe zunehmend in ihre Gerichte, um die Geschmackspalette zu erweitern und die Vorteile für die Gesundheit zu nutzen.

In den vergangenen Jahren erlebt bitter allerdings eine Art Renaissance, da immer mehr Menschen die Vielfalt und die gesundheitlichen Vorteile dieser Geschmacksrichtung erkennen. Gourmetköche und Ernährungsbewusste integrieren Bitterstoffe zunehmend in ihre Gerichte, um die Geschmackspalette zu erweitern und die Vorteile für die Gesundheit zu nutzen.

Auch dem Radicchio tut ein wohldosierter Schuss Hitze in Pfanne oder Rohr oftmals gut. Einzelne Blätter großformatiger Sorten wie etwa Radicchio Rosa di Gorizia oder Castelfranco können mit allerlei Raffiniertem gefüllt und zu opulent gefärbten Röllchen gedreht werden. Ob roh, mariniert oder angebraten, die Vielfalt der Bittersalate will ausgekostet werden. (Text: Ute Woltron)

Bittersalate in Österreichs Winterküche

In Österreich sind Bittersalate – insbesondere in den Wintermonaten – sehr beliebt. Während viele andere Salatsorten in der kalten Jahreszeit nicht verfügbar sind, gedeihen Bittersalate auch bei kühleren Temperaturen. Chicorée und Radicchio sind dabei besonders populär und werden oft in Salatkreationen verwendet.

Bittersalate gedeihen auch bei kühleren Temperaturen und sind deshalb – insbesondere in den Wintermonaten – beliebt.

Bittersalate sind eine köstliche und gesunde Ergänzung zu jedem Speiseplan. Trotz ihrer Bitterkeit – oder gerade deswegen – bieten sie ein einzigartiges Geschmackserlebnis, das durch die richtige Kombination von Zutaten noch verfeinert werden kann. In Österreich haben sie daher einen festen Platz in der kulinarischen Landschaft.

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