Wien, 20. November 2025 – Wie trägt biodynamische Landwirtschaft mit samenfestem Saatgut, gesunden Böden und Kreislaufwirtschaft zu echtem Geschmack, Artenvielfalt, Bodenfruchtbarkeit und langfristiger Ernährungssicherheit bei – und warum ist das für eine enkeltaugliche Zukunft unserer Lebensmittel systemrelevant? Um diese Schlüsselfragen kreiste der Demeter-Talk „Vom Samen bis auf den Teller: Die Zukunft beginnt im Boden“, über Reinhild Frech-Emmelmann, EU-Bio-Bäuerin des Jahres 2024 und Expertin für samenfeste Saatgutzüchtung, Spitzenkoch Paul Ivić vom Restaurant TIAN und Gastgeber Werner Michlits, Demeter-Bauer im Meinklang Hofladen in Wien sprachen.

Im Mittelpunkt stand der Beitrag samenfesten, gentechnikfreien Saatguts zu nachhaltiger Ernährungssicherheit und hoher Lebensmittelqualität und dabei die Rolle der Biodynamie. ReinSaat-Gründerin Reinhild Frech-Emmelmann betonte, dass samenfestes Saatgut stabil und nachbaufähig ist – im Gegensatz zu Hybridsorten, die jährlich neu gekauft werden müssen.
„Samenfeste Sorten schreiben eine Biografie. Sie verändern sich mit der Umwelt und zeigen die Qualitäten von Böden, Sonne und Menschen. Diese Qualität wächst mit.“
Reinhild Frech-Emmelmann ist EU-Bio-Bäuerin des Jahres 2024, Gründerin und Geschäftsführerin von ReinSaat, einem der führenden Demeter-zertifizierten Saatgutbetriebe. Als Pionierin für samenfestes, gentechnikfreies Saatgut verbindet sie angewandte Züchtungsarbeit mit konsequent biodynamischer Landwirtschaft. ReinSaat produziert rund 800 Sorten samenfestes Gemüse-, Kräuter- und Blumensaatgut nach den Demeter-Richtlinien – eine Grundvoraussetzung für biodynamische Landwirtschaft. Denn im Demeter-System sind die Verwendung und Weiterentwicklung regional angepasster, samenfester Sorten ein zentrales Prinzip: Sie sichern Vielfalt, Bodenfruchtbarkeit und ermöglichen langfristig Produktqualität – für Landwirt:innen wie Konsument:innen gleichermaßen.

Zukunftsfähigkeit unserer Landwirtschaft sichern
Gastgeber und Demeter-Bauer Werner Michlits zeigte praxisnah die Vorteile samenfester Sorten:
„Wir haben testweise eine Hybridkarotte hineingeschmuggelt – und sofort gesehen, wie anders sie wächst. Wir hatten fast vergessen, wie echte Karotten aussehen. Das Wachstumsbild und die Pflanzen sind ganz anders. Ich hätte mir nicht gedacht, dass das so offensichtlich ist.“
Diese Beobachtung zeigt die sichtbaren Unterschiede: Samenfeste Sorten wachsen stabil und sind in ihrem Wuchsbild konstant, während Hybriden zwar oft hohe Erträge bringen, jedoch genetisch eingeschränkt sind und in der Folgegeneration keine verlässliche Nachzucht garantieren.
„Es ist wichtig, samenfeste Sorten nicht nur zu erhalten, sondern zu selektieren, zu entwickeln und sie als Nahrung in höchster Qualität verfügbar zu machen, denn: „Wenn wir die Vielfalt verlieren, dann verlieren wir auch unsere Nahrungsqualität.“
Happy soil – happy food
„Essen ist was Nahrhaftes, nicht nur den Magen, sondern auch die Seele“
Für Spitzenkoch Paul Ivić entsteht echtes Aroma nur mit hochwertigen, biodynamischen Lebensmitteln:
„Mit richtig guten Lebensmitteln brauchst du weniger, um mehr Geschmack hervorzubringen. Da ist sogar weniger mehr. Wer sich wirklich intensiv mit Lebensmitteln beschäftigt, hört auf, billig und minderwertig einzukaufen.“
Paul Ivić ist Küchenchef und Geschäftsführer des TIAN in Wien, dem einzigen vegetarischen Restaurant Österreichs mit Michelin-Stern. Seine Küche steht für kompromisslose Qualität, Nachhaltigkeit und enge Zusammenarbeit mit bio-zertifizierten Produzent:innen. Ivić engagiert sich öffentlich für bewussten Genuss, Biodiversität, Ressourcenschutz und den respektvollen Umgang mit Lebensmitteln.





Geschmack ist für den TIAN-Chef Erfahrung, Beobachtung und Handwerk, nicht das Befolgen eines Rezepts. Wie gute Landwirtschaft braucht auch Kochen Nähe zur Natur, Achtsamkeit und Zeit – kein 9-to-5-Denken und keine App-Logik. Am Ende hängt alles zusammen:
„Happy soil – happy food. Wenn die Erde glücklich ist, bekommen wir Lebensmittel, die uns wirklich nähren.“
Verlieren wir die Vielfalt, verlieren wir die Nahrungsqualität
Er unterstrich außerdem die Bedeutung der freien Zugänglichkeit von Saatgut. Frech-Emmelmann erläuterte die Problematik der zunehmenden Saatgut-Patente und Monopole: „Patentierungen und Konzerne wollen die Hoheit über Saatgut an sich reißen. Dadurch verlieren Bäuerinnen und Bauern ihre Souveränität und wir riskieren Vielfalt und Zukunftsfähigkeit.“ Und forderte:
„Wir müssen uns für samenfestes, gentechnikfreies Saatgut einsetzen, das frei zirkulieren kann, damit die Landwirtschaft unabhängig bleibt und wir weiterhin gesunde Böden und authentische Lebensmittel produzieren können.“
Bildung wurde als Schlüssel zum dauerhaften Wandel hervorgehoben. Frech-Emmelmann mahnte: „Bildung und Bewusstsein sind die Grundlage für eine enkeltaugliche Landwirtschaft. Wir müssen schon bei Kindern anfangen, den Respekt für Boden, Pflanze und Tier zu vermitteln.“ Ivić ergänzte:
„Ernährungsbildung beginnt bei der Wertschätzung von Lebensmittelqualität und bei der Frage nach Herkunft und Herstellung. Nur so können wir bewusste Entscheidungen treffen.“
Im Dialog wurde klar: „Wenn wir die Vielfalt verlieren, dann verlieren wir auch unsere Nahrungsqualität“, brachte es Frech-Emmelmann auf den Punkt.
Bildung als Schlüssel
Bildung spielte beim Demeter-Talk eine zentrale Rolle, denn nur durch Wissen und Bewusstsein könne nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung für kommende Generationen gesichert werden. Reinhild Frech-Emmelmann betonte: „Bildung und Bewusstsein sind die Grundlage für eine enkeltaugliche Landwirtschaft. Wir müssen schon bei Kindern anfangen, den Respekt für Boden, Pflanze und Tier zu vermitteln“
Auch Paul Ivić hob die Rolle der Bildung hervor, speziell in der Gastronomie und der Gesellschaft:
„Ernährungsbildung beginnt bei der Wertschätzung von Lebensmittelqualität und bei der Frage, woher unsere Produkte kommen. Nur wenn wir uns mit der Herkunft und der Herstellung beschäftigen, können wir wirklich bewusste Entscheidungen treffen.“
Tisch der Vielfalt
Abgerundet wurde der Nachmittag durch eine Degustation von biodynamischen Produkten aus dem Meinklang Hofladen, die die Echtheit und Bandbreite des Geschmackserlebnisses eindrucksvoll belegte. Die Gäste nutzten die Gelegenheit, mit den Referent:innen ins Gespräch zu kommen und sich beim „Tisch der Vielfalt“ über Produkte und Saatgut auszutauschen.





Der Weg zu nachhaltiger, gesunder Ernährung
Als Fazit des Nachmittags wurde deutlich, dass der Weg zu nachhaltiger, gesunder Ernährung über eine ganzheitliche Landwirtschaft führt, die beim Samen beginnt und sich in lebendigen Böden, regional angepassten Sorten und verantwortungsvollem Wirtschaften manifestiert. Biodynamie steht für ein System, das Menschen, Tier und Erde miteinander verbindet und langfristig Geschmack, Vielfalt und Sicherheit in unserer Ernährung gewährleistet. Jeder Einkauf, jede Entscheidung trägt dazu bei, dieses nachhaltige System zu stärken und eine Zukunft zu sichern, in der kulinarischer Genuss und ökologische Verantwortung Hand in Hand gehen.
„Wenn die Erde glücklich ist, bekommen wir Lebensmittel, die uns wirklich nähren.“
Demeter ist als ältester Bio-Anbauverband weltweit bekannt für seine besonders strengen Richtlinien, die weit über die EU-Bio-Verordnung hinausgehen. Aktuell fordert Demeter verstärkt den Schutz von samenfestem, gentechnikfreiem Saatgut und die Sicherung der bäuerlichen Souveränität angesichts wachsender Saatgutpatente und Konzentration in der Branche. Zugleich wird das Angebot an Demeter-Produkten im Lebensmittel-Einzelhandel immer präsenter: Viele Supermärkte und Biofachgeschäfte führen inzwischen ein breites Sortiment an Demeter-zertifizierten Lebensmitteln, von frischem Obst und Gemüse bis zu Milchprodukten und Getreideerzeugnissen. Damit werden Verbraucher:innen direkt erreicht, die Wert auf höchste Qualität, Geschmack und Nachhaltigkeit legen.



















