Es ist nicht so, dass die kulinarische Verwendung von Blüten etwas gänzlich Neues wäre. Auch bei uns haben es einige von ihnen schon vor Jahrzehnten auf die Speisekarten und vor allem auf die Getränkekarten geschafft. Denn wer einen Kamillen-, Malven- oder Jasmintee bestellt, kommt unweigerlich in den Genuss der aromatischen und gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe der jeweiligen Blüten.
Blütentees – ein Trend aus China
Während die Beimischung von Blüten im chinesischen Kaiserreich einst dazu diente, qualitativ unzureichende Teemischungen ein wenig aufzuwerten, erkannte man bald, welchen positiven Einfluss ihr Einsatz vor allem auf den Geschmack des Tees hatte. Ihr Image als nett anzuschauendes Ablenkungsmanöver konnten sie daher schnell ablegen, sodass Blütentees heute den klassischen Blätterteesorten in nichts mehr nachstehen.
Wusstest du, dass viele Blüten geschmacklich wahre Schätze sind? So ‚schmecken‘ Erbsenblüten frisch und „grün“, während die Blüten von Zwiebelgewächsen eine würzige Note mitbringen.
Von der Teetasse auf den Teller – welche Blüte den Anfang machte
Bis die Blüten den Sprung aus der Teetasse und auf unsere Teller geschafft hatten, sollten noch einige Jahrhunderte vergehen. Eine der ersten dokumentierten Verwendungen von Blüten in der Küche genießen wir noch heute gerne im Urlaub oder im mediterranen Restaurant ums Eck: gefüllte Kürbis- und Zucchiniblüten. Nach wie vor streiten sich einige Mittelmeerstaaten darum, wer zuerst auf die Idee gekommen ist, die leuchtend gelb-orangefarbenen Blüten zu füllen und zu backen. Richtig zubereitet sind die zarten, aber dennoch fleischigen Blütenblätter der Zucchini ein wahrer Genuss.
Gefüllte Zucchiniblüten sind nicht nur in der Türkei, sondern auch in Griechenland, Italien und Zypern beliebte Delikatessen.
Essbare Blüten im Sinne von ‚root to leaf‘ verwerten
Würden wir das kulinarische Potenzial von Blüten weiterhin auf Tees und gefüllte Zucchiniblüten reduzieren, so würde uns einiges entgehen. Dieser Meinung ist auch Sarah Schmolmüller von unserem Mitgliedsbetrieb Dirndln am Feld. In ihrer kleinen Bio-Marktgärtnerei in Kirchberg am Wagram baut sie eine Vielzahl an verschiedenen Gemüse-, Obst- und Kräutersorten an, von denen sie längst nicht nur die offensichtlichen Bestandteile verwendet, sondern auch die Blüten zu schätzen weiß.
Beispiele essbarer Gemüse- und Kräutersorten
- Erbsenblüten – mild, „grün“
- Lauch- und Knoblauchblüten – würzig mit einer feinen Schärfe
- Petersilien- und Schnittknoblauchblüten – intensiver als die Blätter
- Zucchiniblüten – neutral, mit leicht bitterem Unterton
„Die meisten Gemüse- und Kräuterblüten kann man essen. Schon allein im Sinn der Ganzheitlichkeit à la ‚root to leaf‘ müsste man sich also eigentlich eher fragen, warum man die Blüten nicht verwenden sollte.“
„Essbare Blüten sehen ja nicht nur schön aus, viele haben auch einen ganz eigenen Geschmack. Erbsen-Blüten zum Beispiel ‚schmecken‘ sehr grün, obwohl sie weiß oder pink sind. Die Blüten von Zwiebelgewächsen wie Lauch oder Knoblauch sind würzig, schmackhaft und haben eine tolle Schärfe“, sagt Schmolmüller. Generell gilt, dass der Geschmack eines Krauts oder Gemüses und der Geschmack seiner Blüten zwar oft Hand in Hand gehen, sie sich hinsichtlich ihrer Intensität allerdings unterscheiden können.
„Bei Kräutern wie Petersilie, Schnittknoblauch, Majoran, Borretsch oder Kapuzinerkresse, deren Blüten man alle essen kann, ist es tatsächlich so, dass die Blüten oft intensiver schmecken als die eigentlich verwendeten Blätter.“
Essbare Blüten sind für Sarah Scholmüller weit mehr als ein bloßes Nebenprodukt. Abgesehen von den Kräutern und Gemüsen, deren Blüten sie verwendet, baut sie eine Vielzahl von Pflanzen an, bei denen es ihr in allererster Linie um die Blüte geht: „Tagetes, Löwenmäulchen und Dahlien sind da nur einige Beispiele. Auch die Blüten von Kornblumen, Rosen oder Speisechrysanthemen kann man zum Beispiel sehr gut essen. Hierbei geht es meistens nicht ganz so sehr um einen intensiven Eigengeschmack wie bei den Kräuter- oder Gemüseblüten – manche von ihnen sind einfach eine hübsche Dekoration auf dem Teller –, einen eigenen aromatischen Charakter bringen die meisten aber trotzdem mit sich. Speisechrysanthemen mag ich zum Beispiel sehr gerne als Zutat in Fisch-Gerichten.“
Liste essbarer Blüten (Auswahl)
- Anisysop
- Apfel
- Aster
- Bärlauch
- Basilikum
- Begonie
- Borretsch
- Buchweizen
- Chrysantheme
- Dahlie
- Duftgeranie
- Duftveilchen
- Eis-Begonie
- Flieder
- Gänseblümchen
- Herbstaster
- Hibiskus
- Holunder
- Hornveilchen
- Jasmin
- Kamille
- Kapuzinerkresse
- Klee
- Kornblume
- Kürbis
- Lavendel
- Liebstöckel
- Lindenblüte
- Löwenmäulchen
- Löwenzahn
- Malve
- Mohnblume
- Nelke
- Obstblüten
- Passionsblume
- Phlox (Flammenblume)
- Pimpernelle
- Ringelblume
- Rose
- Rucola
- Salbei
- Senfblüte
- Schafgarbe
- Schlüsselblume
- Schnittlauch
- Schnittknoblauch
- Sonnenblume
- Stiefmütterchen
- Taglilien
- Thymian
- Taubnessel
- Veilchen
- Vergissmeinnicht
- Wilde Stiefmütterchen
- Zucchini …
Was man mit essbaren Blüten machen kann
Generell gibt es wenige Produkte, die so vielseitig eingesetzt werden und jedes Gericht auch optisch aufwerten können, wie Blüten. Während rohe, fein gezupfte Schnittlauch- oder Knoblauchblüten einen grünen Salat aromatisch aufpeppen können, eignen sich Ringelblumenblüten sehr gut als Zutat für Süß- und Mehlspeisen wie Kuchen, Gelee oder Pudding. Aus Lavendel- oder Veilchenblüten gekochter Sirup ist eine spannende Zutat für Sorbets oder Cocktails. Wer es klassisch mag, überbrüht frische Kamillen- oder Hibiskusblüten mit heißem Wasser und genießt sie als Tee oder verteilt für einen stilvollen Aperitif ganze Hibiskusknospen auf Sektgläser und gießt sie mit Champagner auf. Rosenblüten eignen sich als Topping für Zuckerwerk, während – ein heißer Tipp von Sarah Scholmüller – Borretschblüten mit ihrem einzigartig frischen Aroma jeden Tsatsiki bereichern können. Der Kreativität sind fast keine Grenzen gesetzt.
- Schnittlauch- und Knoblauchblüten: Perfekt für Salate.
- Ringelblumenblüten: Ideal für Kuchen oder Pudding.
- Lavendel- und Veilchenblüten: Super für Sirup und Cocktails.
- Borretschblüten: Ein frischer Kick für Tsatsiki.
Vorsicht vor giftigen Blüten!
„Mit Blüten ist es wie mit Pilzen. Um sie gefahrlos genießen zu können, muss man wirklich jede einzelne identifizieren können.“
„Ob Fingerhut, Engelstrompete oder Maiglöckchen – es gibt einige giftige Blüten, die den essbaren manchmal auch sehr ähnlich sehen können“, sagt Susanne Klinger von der Hessischen Gartenakademie im deutschen Geisenheim. Aufgrund dieser Verwechslungsgefahr empfiehlt Klinger, die Blüten lieber selbst anzupflanzen oder sie direkt bei den Erzeuger:innen zu kaufen und sich nicht selbst mit Bestimmungsbuch oder -app bewaffnet auf die Suche zu machen.
Liste giftiger Blüten (Auswahl)
- Akelei
- Amaryllis
- Christrose
- Eisenhut
- Engelstrompete
- Fingerhut
- Goldregen
- Hahnenfuß
- Herbstzeitlose
- Maiglöckchen
- Nachtschattengewächse
- Oleander
- Pfaffenhütchen
- Schierling
- Steinklee
- Seidelbast
- Tomate
- Tollkirsche …
Blüten als Superfood
Wer zu den richtigen Blüten greift, tut seinem Körper mehr Gutes, als ihn einfach nur nicht zu vergiften. Die meisten Blüten, das liegt in der Natur der Sache, enthalten große Mengen ätherischer Öle, die ihnen besondere Wirkungen auf den Körper verleihen. Während Lavendelblüten nachweislich beruhigend auf das Nervensystem einwirken, haben Kamillenblüten eine entzündungshemmende Wirkung und die ätherischen Öle der Rosenblüte wirken stimmungsaufhellend.
Reich an Antioxidantien sind beinahe alle essbaren Blüten, ebenso enthalten viele von ihnen verdauungsfördernde Gerbstoffe. Der hohe Vitamingehalt vieler Blüten sollte nicht vergessen werden, wenngleich man sie in den meisten Fällen in so geringen Mengen zu sich nimmt, dass dies nicht allzu sehr ins Gewicht fällt.
Bitte vor dem Verzehr informieren und im Zweifelsfall lieber auf essbare Blüten von Produzentinnen und Produzenten eures Vertrauens fragen.
Fazit: Mehr als nur Dekoration
Die kulinarischen Verwendungsmöglichkeiten von Blüten sind nahezu unerschöpflich. Sie sind weitaus mehr als eine hübsche Dekoration am Tellerrad. Wer auf die Produkte guter Erzeuger:innen zurückgreift oder sogar selbst den grünen Daumen zum Einsatz kommen lässt, kann sich getrost dem blühenden Genuss hingeben und tut ganz nebenbei auch noch etwas für den eigenen Körper. Was will man mehr?