Wenn Sarah Schmolmüller auf ihr Feld in Kirchberg am Wagram schaut, dann sieht sie die Vielfalt. Sie sieht zig verschiedene Bio-Gemüsesorten. Von der einfachen Karotte bis zur seltenen Senfkohlsorte, sie sieht blühenden Topinambur und langsam verwelkende Tomatenstauden.
Pflanzen, die gerade in vollem Ertrag stehen und andere, die gerade erst austreiben. Dazwischen immer wieder auch welche, die das blühende Leben schon hinter sich haben: „Du siehst das Wachstum und das Vergehen, es ist der ganze Kreislauf des Lebens auf einen Blick. Und wenn du dann noch weiter hineingehst, dann weißt du gar nicht mehr, ob du rechts oder links schauen sollst, so viel ist da los, so viele unterschiedliche Dinge tun sich da.“
Die Vision: Gemüse anbauen wie früher
Da, das ist der Bio-Obst- und Gemüsegarten von „Dirndln am Feld“. Im Herbst 2020 pachtete Sarah einen Hektar Ackerfläche von der Familie Salomon vom Gut Oberstockstall, am Anfang stand eine Vision: Gemüse so anzubauen, wie man es früher gemacht hat und in Zukunft wieder tun sollte: auf kleinem Raum, saisonal, autark, nachhaltig und ohne Verschwendung, aber doch in einer verschwenderischen Vielfalt der Formen, Farben, Geschmäcker.
„Du siehst das Wachstum und das Vergehen, es ist der ganze Kreislauf des Lebens auf einen Blick.“
Sarah war schon länger an verschiedenen Projekten im nachhaltigen Obst- und Gemüsebau beteiligt. Sie hatte zum Beispiel mit Rudi Hoheneder in Kirchberg am Wagram zu tun, einem Pionier der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) in Niederösterreich. Und sie studierte am IMC in Krems Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement – hatte also schon eine gewisse Ahnung von dem, was sie vorhatte. Aber andererseits hatte sie auch keinen Schimmer, wie sie selber sagt.
Kein Budget, aber ein Feld
„Das ganze Ding war und ist immer noch ein Experiment“, erklärt Sarah, während sie ihre Paradeiserstauden hegt: „Wir haben wirklich bei null angefangen, mit einem leeren Feld und fast keinem Budget. Wir haben einen Brunnen gegraben, wir haben Strom verlegt, Beete angelegt und Folientunnel gebaut.“
„Wir haben wirklich bei null angefangen, mit einem leeren Feld und fast keinem Budget.“
300 Sorten wachsen heute auf ihrem Feld
Aus dem Wenigen wurde viel und bald wird daraus noch mehr: Über 60 Kulturen und 300 Sorten wachsen heute auf ihrem Feld in Kirchberg am Wagram. Darunter Artischocken, Salate, Rhabarber, Zwiebel, Paradeiser-Raritäten, Pak Choi, Fenchel, Kohl, Rucola und, und, und – je nach Jahreszeit immer anders, immer neu. Dabei beschränkt sich Schmolmüller nicht nur auf Gemüse – das Sortiment umfasst auch Jungpflanzen, Bio-Kräuter, essbare Blüten, Honig und Eier.
Für die Spitzengastronomie
Vermarktet wird das Bio-Gemüse – und zunehmend auch Bio-Obst – an die heimische Spitzengastronomie, an Tian, Mast oder &Flora beispielsweise. Sie bietet aber auch flexible Gemüsekisten zum Verkauf an (mehr Infos dazu auf der Website).
Wie man zur „Essbaren Gemeinde“ wird
Kirchberg ist überhaupt ein guter Boden für Dirndln am Feld. Das Dorf versteht sich als „essbare Gemeinde“, und nein, man soll dort keine Knusperhäuschen verputzen und auch keine Bushaltestellen abschlecken. Allerdings werden hier an öffentlichen Orten Obstbäume statt Hecken gepflanzt, es gibt Streuobst im Park, und ein öffentlicher Permakulturgarten lädt dazu ein, sich exotisches Zeug wie Indianerbananen aus nächster Nähe anzuschauen.
Gegenseitige Unterstützung mit Samen und Maschinen
Dirndln am Feld haben sich aber auch über Kirchberg hinaus ein starkes Netzwerk aufgebaut, zu gleichgesinnten Bäuerinnen und Bauern. Man hilft sich gegenseitig mit Rat und Tat, mit Samen und Maschinen. „Natürlich sind wir in einer Bubble“, sagt Sarah Schmolmüller, „aber man merkt schon, dass die jüngere Generation auch in den großen landwirtschaftlichen Betrieben inzwischen etwas mit der Marktgärtnerei anfangen kann.“
„Natürlich sind wir in einer Bubble.“
Das Prinzip ist ja auch wirklich unwiderstehlich
Es sind schlicht und einfach Lebensmittel, die Sarah erzeugt. Es sind Dinge, die gesund sind für die, die sie essen, und wohltuend für die, die sie herstellen, die der Natur guttun und dem Menschen. Dass sie auch wesentlich besser schmecken, ist ein angenehmer Nebeneffekt, so wie auch die Tatsache, dass das Bio-Gemüse der Dirndln deutlich länger hält, weil es eben bis zur echten Reife heranwachsen darf. Am Feld, im Paradies.