In Österreich unterscheiden wir rund 32 Teilstücke beim Rindfleisch, was im internationalen Vergleich viel ist. Dort variiert die Anzahl je nach Land. Nicht nur, was die Namen betrifft, sondern auch die Größe oder die Schnittführung. Die Engländer orientieren sich an acht Haupt-Teilstücken, und Brasilien zählt rund zwanzig. Fest steht: Viele der Rinderteile hätten durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient.
1. Nierenzapfen
Wie etwa das Onglet, das auf Deutsch auch Nierenzapfen genannt wird – und streng genommen als Innerei gilt, obwohl es Muskelfleisch ist. Es liegt im inneren Bauchbereich des Rinds, ist grobfaserig und sehr geschmacksintensiv. Es eignet sich gut zum Braten oder zum Grillen und wird gerne medium-rare mit Gemüsebeilagen serviert.
Trockenreifung – gar nicht so trocken?
Unterläuft Rinderfleisch den Prozess des Dry Agings, wird es mehrere Wochen in einem kühlen Raum am Knochen abgehangen. Dadurch verliert es an Wasser, wird zarter und im Geschmack intensiver. Doch so trocken ist diese Angelegenheit nicht: Die Luft sollte rund 80 Prozent Luftfeuchtigkeit haben, um den charakteristisch erdig-nussigen Geschmack des gereiften Rindfleischs zu erzielen.
2. Wadschinken
Auf den ersten Blick weniger exotisch, aber immer noch zu wenig gewürdigt, ist auch das Beinfleisch zu erwähnen. Ja, klar, als Suppenfleisch sorgt es ohne Zweifel für schmackhaften Fettgehalt und geschmackliche Intensität. Doch es kann mehr: Gerade die Beinscheiben des Rinds, also der quer zum Knochen geschnittene Wadschinken, eignen sich für schmackhafte Schmorgerichte – in Italien wird etwa Osso Bucco daraus gemacht. Sie werden aber auch immer öfter mit Niedertemperaturmethoden im BBQ-Bereich zubereitet. Das darin enthaltene Kollagen, das durch langes Garen freigesetzt wird, macht das Fleisch himmlisch mürbe und saftig – so, wie man es aus dem Suppentopf so gar nicht kennt. Ein Trend mit Zukunftspotenzial.
3. Bürgermeisterstück
Ebenso noch eher unbekannt ist das Bürgermeisterstück. In seiner Form erinnert es an eine Haifischflosse, durch die schöne Marmorierung und sein intramuskuläres Fett entfaltet es seinen Geschmack vor allem beim Braten, kann aber auch geschmort werden. Es wird immer wieder – und öfter! – als Alternative zum Tafelspitz eingesetzt, das aus dem hinteren Teil der Rinderhüfte gewonnen wird. Ein noch immer zu unbekanntes Juwel ist außerdem der Flat-Iron-Cut, das aus dem in Österreich bekannten Schulterscherzl-Cut geschnitten wird. Nur wird dabei die Sehne in der Mitte entfernt, wodurch das Stück besonders dünn wird. Damit ist dieses Teilstück, das übrigens erst Anfang der 2000er-Jahre entdeckt wurde, geradezu fürs Kurzbraten prädestiniert – und wird gerne mit kräftigen Aromen und Saucen kombiniert.
Fest steht: Jenseits der üblichen Cuts gibt es in Sachen Rindfleisch noch viel zu entdecken. Und zwar ganz ohne schlechtes Klimagewissen. Zumindest, solange es sich um heimische Bio-Rinder handelt.