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Warum eine Medizinerin auf Barfußgehen schwört

Lucia Dorn rät, öfter auf Schuhe zu verzichten: „Ich hätte bestimmt um 75 Prozent weniger Patienten und Patientinnen.“
von Katharina Domiter
Barfussgehen
© Canva

26 Knochen, 33 Gelenke, 100 Bänder und 20 Muskeln – unser Fuß ist ein medizinisches Wunderwerk, ein richtiges Hightech-Gerät. Lucia Dorn, Fachärztin für Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation, sagt dazu: „Es hat einen Grund, warum unser Fuß so komplex aufgebaut ist. Die meisten Menschen behandeln ihn aber wie einen Huf. Sie belasten ihn, aber bewegen ihn nicht, nutzen ihn als Fläche, aber nicht als Sinnesorgan.“ Die Konsequenz: Das Fußgewölbe verschwindet, es entsteht ein Spreizfuß. Die Spätfolge davon wiederum ist der Hallux valgus, die Hammerzehe. „Das und andere Krankheitsbilder wie diffuse Beschwerden des Bewegungsapparates, Nackenverspannungen, Arthrosen, Bandscheibenvorfälle – all das ließe sich vermeiden, würden die Leute mehr barfuß laufen. Ich hätte bestimmt um 75 Prozent weniger Patienten und Patientinnen.“

„Die meisten Menschen behandeln den Fuß wie einen Huf.“
Lucia Dorn

Bei den Kindern anfangen

Bereits Jugendliche kommen mit Fehlhaltungen und Schmerzen in die Praxis. Deshalb ist es Dorns größtes Anliegen, schon bei den Jüngsten anzusetzen: „Kinder haben den natürlichen Drang, sich Schuhe und Socken auszuziehen. Wir arbeiten aber dagegen, weil sie sich ja weh tun könnten. Sie können von einer Biene gestochen werden, in eine Distel oder auf eine Nacktschnecke treten. Natürlich: Am Christkindlmarkt in Wien würde ich sie auch nicht ohne Schuhe laufen lassen, aber im Garten oder in einem Park, warum nicht?“

Dorn selbst ist Dreifachmutter, hat ihren Kindern im Freien so gut wie nie Schuhe angezogen. „Sie sind alle genau einmal in eine Distel gestiegen und das war eine wertvolle Erfahrung. Das ist ihnen danach nie wieder passiert. Es ist kein Nachteil, wenn man hinschaut, wohin man steigt. Kinder entwickeln außerdem sehr schnell eine ausgezeichnete Augen-Fuß-Koordination, wenn man sie lässt.“ Überhaupt schreckt sie die Entwicklung unserer Gesellschaft: „Ich beobachte Menschen, die nach Kroatien fahren, um Urlaub am Meer zu machen – und dann tragen sie die ganze Zeit Strandschuhe, weil sie es nicht aushalten, auf rundem Kiesel zu gehen.“

„Die Angst, krank zu werden, ist unbegründet.“
Lucia Dorn
© Christopher Sardegna | unsplash
Sandspur

Der ideale Untergrund

Sand, Gras, Waldboden – hier haben Füße viel zu tun. Und das ist gut so. „So werden alle Muskeln und Gelenke gefordert, stimuliert und trainiert. Im Grunde sind es die künstlichen Untergründe, die Probleme bereiten, etwa Asphalt oder grober Splitt mit unnatürlichen Kanten“, sagt Dorn.

Die Medizinerin schwört auch persönlich auf das Barfußgehen, und das seit Jahren. Mittlerweile sind ihre Füße so sehr daran gewöhnt, dass ihr selbst herausfordernde Untergründe nichts ausmachen: „Auf Madeira war ich auf Lavagestein wandern.“ Auch im Herbst und Winter verzichtet sie regelmäßig auf Schuhe. „Die Angst, krank zu werden, ist unbegründet“, sagt sie. „Im Gegenteil: Es härtet ab und stärkt das Immunsystem. Man soll einzig darauf achten, dass man sonst warm genug angezogen ist und nicht friert. Und: Man muss ja nicht eine Stunde lang unterwegs sein.“ Überhaupt rät die Ärztin dazu, es nicht gleich zu übertreiben: „Man sollte nicht sofort mit einer großen Wanderung oder Jogging-Runde starten, sondern es mal probieren und stetig steigern.“

Gut für Körper und Geist

Wer regelmäßig barfuß läuft, nimmt außerdem negative Elektronen auf, „die dabei helfen, dass sich unser Körper leichter und besser regeneriert. Das ist etwas, worauf bereits viele Spitzensportler schwören.“ Aber nicht nur unser Körper profitiert vom Gehen und Laufen ohne Schuhe – auch unsere Psyche: „Wer viel barfuß läuft, spürt sich und seine Umwelt intensiver. Fehlende Erdung tut uns auf Dauer nicht gut.“

Fünf Fakten über das Wunderwerk Fuß

  1. Ein Viertel aller Knochen.
    Beide Füße bestehen aus insgesamt 52 Knochen. Das sind etwa 25 Prozent der insgesamt 206 Knochen im menschlichen Körper.
  2. Komplexe Struktur.
    In jedem Fuß gibt es etwa 20 Muskeln, 24 Bänder und über 100 Sehnen. Die komplexe Muskulatur ermöglicht präzise Bewegungen und unterstützt die Stabilität.
  3. Sensible Sohlen.
    Die Unterseiten unserer Füße sind mit Tausenden von Nervenenden ausgestattet, die empfindlich auf Druck, Berührung, Temperatur und Schmerz reagieren. Diese Sensorik ermöglicht eine präzise Steuerung der Bewegungen und eine schnelle Anpassung an verschiedene Oberflächen.
  4. Ein Fuß wie kein anderer.
    Wie Fingerabdrücke sind auch Fußabdrücke einzigartig. Forensiker können Fußabdrücke nutzen, um Personen zu identifizieren oder Verbrechen zu rekonstruieren.
  5. Für mehr Bodenhaftung.
    Die Fußsohlen haben eine der höchsten Dichten an Schweißdrüsen im Körper. Pro Quadratzentimeter können sich bis zu 700 Schweißdrüsen befinden. Sie sorgen für eine Gesunderhaltung der Füße und für eine bessere Bodenhaftung beim Barfußlaufen.

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