Aus mongolischen Jurten ist sie seit Jahrhunderten nicht wegzudenken, in Russland sogar ein anerkanntes Heilmittel, das in eigenen Sanatorien zur Anwendung kommt – in Westeuropa dagegen fristet die Stutenmilch bis heute eine exotische Existenz. Es mag auch daran liegen, dass ihre Produktion keine ganz einfache Angelegenheit ist.
Wie Stutenmilch gewonnen wird
Dafür werden die Fohlen nach etwa sechs bis acht Wochen, sobald sie kräftig genug sind, um feste Nahrung zu vertragen, stundenweise von ihren Müttern getrennt und in eine Art Laufstall (liebevoll: „Fohlenkindergarten“) geschickt. In dieser Zeit kann die Stute gemolken werden. Das geschieht mehrmals täglich, meistens von Hand, manchmal auch mit speziell angepassten Melkmaschinen, und jeweils nur in geringer Menge von höchstens drei Litern pro Tag.
Zum Vergleich: Eine durchschnittliche Milchkuh kommt heute auf deutlich über zwanzig Liter täglich. Anders als eine Kuh gibt die Pferdestute auch nur Milch, solange sie tatsächlich ein Fohlen säugt, was eine lebensmittelindustrielle Produktion unmöglich macht. Sprich: Stutenmilch ist von Natur aus ein Manufakturprodukt.
Wo in Österreich Stutenmilch produziert wird
In Österreich sind nur wenige Gestüte auf die Produktion von Stutenmilch spezialisiert, darunter etwa der Wegwartehof der Familie Höritzauer in Göpfritz an der Wild im nördlichen Waldviertel, wo eine Herde von Haflingern in Demeter zertifizierter Landwirtschaft gehalten und die Stuten von Hand gemolken werden. Die Stutenmilch wird hier unter anderem zu Naturkosmetikprodukten verarbeitet, aber auch unbehandelt in Viertelliter-Einheiten verpackt und tiefgefroren verschickt.
Wie Stutenmilch schmeckt
Im Vergleich mit Kuhmilch schmeckt Stutenmilch aufgrund ihres geringeren Fettgehalts leichter, zudem eher süßlich-nussig. Ernährungsphysiologisch ähnelt sie mehr der menschlichen Muttermilch als handelsüblicher Kuhmilch, unter anderem enthält sie deutlich mehr langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren als diese, weist einen höheren PH-Wert auf, enthält mehr Vitamin C und Vitamin A, wobei die Inhaltsstoffe stark von der Art und Qualität der Fütterung abhängen. Weidehaltung hat hier deutliche Vorteile.
In den traditionell nomadischen Gemeinschaften der Mongolei, in denen Pferde bis heute die wichtigsten Nutztiere sind, wird Stutenmilch meist zum sauren Airag vergoren (in Europa kennt man das Getränk eher unter seinem russischen Namen Kumys): Dafür wird die frische Stutenmilch traditionell in einem Ledersack, heute auch in offenen Fässern und mit der Hilfe von Hefepilzen und Milchsäurebakterien fermentiert, was sie für den Verdauungsapparat noch bekömmlicher macht.
Welche Heilkraft in Stutenmilch steckt
Stutenmilch wird seit Jahrtausenden – erste Zeugnisse sind aus dem frühgeschichtlichen China belegt – eine diätetische Heilwirkung zugeschrieben, so soll sie etwa bei Erkrankungen der Haut und bei Störungen des Mikrobioms im Darm helfen und zudem auch antibakterielle Effekte haben. Man muss dafür auch nicht unbedingt darin baden, wie es die altägyptische Königin Kleopatra ihrer Haut zuliebe getan haben soll.
Heute wird Stutenmilch meistens im Zuge von mehrwöchigen Trinkkuren angewendet, die das Immunsystem stabilisieren sowie entzündungshemmend und dadurch positiv auf die Haut, die Darmflora, aber auch auf das Herz-Kreislauf-System einwirken. Dabei wird die Milch – die bisweilen auch als gefriergetrocknetes Stutenmilchpulver vertrieben wird – täglich in Viertelliter-Portionen möglichst morgens über mindestens vier bis sechs Wochen hinweg getrunken, wobei eine längere Dauer der Kur nicht nur möglich, sondern durchaus empfehlenswert ist.
Wusstest du…
…wie sich die verschiedenen Milch-Sorten unterscheiden?
kJ/100 ml | Fettgehalt | ungesättigte Fettsäuren* | Lactose | Eiweiß | Vitamin C** | |
Stutenmilch | 190 | 1,2 % | 55 % | 6,5 % | 2,1 % | 15 |
Muttermilch | 315 | 4,1 % | 51 % | 7,0 % | 1,3 % | 4 |
Kuhmilch | 275 | 4,0 % | 33 % | 4,5 % | 3,5 % | 2 |
Schafmilch | 400 | 6,3 % | 28 % | 4,6 % | 5,3 % | 4 |
Ziegenmilch | 281 | 3,9 % | 26 % | 4,2 % | 3,3 % | 2 |