Die Giesserei in Ried ist vieles, aber keine Giesserei. Nur der Name erinnert noch daran, dass im Haus der Nachhaltigkeit und Regionalität, wie es sich heute nennt, früher mal Zinn geschmolzen und in Formen gegossen wurde.

Immerhin wurde das ursprünglich abbruchreife Haus nicht abgerissen und ersetzt, sondern – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit – behutsam saniert. Dafür verantwortlich waren der Verein und die Genossenschaft der Giesserei, die das Haus vor einigen Jahren übernommen hat. Nun hat die Community einen Ort, an dem sie zusammenkommen kann, um an der Verwirklichung von Ideen zu arbeiten, die der Region zugutekommen sollen.
Alltagstaugliche Abwechslung
Wenn die Giesserei sowas wie ein lebendiger Organismus mitten in Ried ist, ist die Gastro ihr Herz, wie Manfred Rumpl, der Leiter des Hauses, findet: „Da spielt sich das meiste Leben ab.“ Es gibt Frühstück, Mittagessen und nachmittäglichen Kaffee mit Kuchen. Die nachhaltige Ausrichtung trifft selbstverständlich auch auf die Speisen zu, die das Küchenteam auf die wöchentlich wechselnde Karte setzt und immer frisch zubereitet.
„Die Wochenkarte haben wir, um die regionalen Lieferketten so gut wie möglich nutzen zu können“, sagt Manfred. Der Fokus liegt auf Regionalität und Bio-Qualität, „wobei es erschwinglich bleiben muss, leistbar im Alltag“. Auch Leistbarkeit hat mit Nachhaltigkeit zu tun. Das Eingehen auf unterschiedliche Ernährungsweisen ebenso. Mittags gibt es neben einem Fleischgericht auch einen vegetarischen und einen veganen Teller. „Wir leben von der Vielfalt“, sagt Manfred.
Einige der Lieferantinnen und Lieferanten sind auch in der Genossenschaft vertreten, die das Haus betreibt, in dem außerdem Co-Working-Plätze zur Verfügung stehen und Flächen an nachhaltig orientierte Betriebe vermietet werden. Derzeit befinden sich ein Friseur, ein Kaffeeröster und ein Weltladen vor Ort. Auch Veranstaltungen, Seminare und Feiern finden in der Giesserei statt. Manchmal kommen Firmen oder Schulklassen, für die dann auch gekocht wird.
„Der Gast ist zufrieden, man spürt eine Wertschätzung.“
Das Giesserei-Degustationsmenü
Viermal im Jahr veranstaltet die Giesserei Degustationsmenüs, um neue Produzentinnen und Produzenten kennenzulernen. Ein Pilzzüchter aus Vöcklabruck ist zum Beispiel neu dazugekommen. „Wichtig ist, dass die Produkte auch lieferbar sind“, sagt Manfred. Das sei bei kleinen Produzentinnen und Produzenten oft problematisch. „Deswegen haben wir auch einen Großlieferanten, mit dem wir den größten Bedarf decken.“
Der Bedarf ist nämlich gestiegen. Sprich: Das Konzept ging auf. Die Tische sind voll, das Geschäft läuft, wie Manfred sagt: „Der Gast ist zufrieden, man spürt eine Wertschätzung.“ Trotz der allgegenwärtigen Herausforderungen, mit denen die Gastronomie zu kämpfen hat – Personalmangel, fordernde Arbeitszeiten, geringer werdende Margen. Aber er will sich nicht beschweren. „Es ist überall dasselbe.“ Manfred muss es wissen, er hat selbst über 20 Jahre in der Gastro gearbeitet. Unter anderem hat er die auswärts.bar in Ried betrieben. Er ist keiner, der stehenbleibt. Eher einer, der weitermacht.
Pläne für die Giesserei gibt es einige. So soll die Eventlocation ausgebaut werden mit einer Dachterrasse, die auch der Gastro zur Verfügung stehen soll. Die Genossenschaft soll gestärkt werden, „wir wollen von 270 auf bescheidene 1000 Mitglieder kommen“, sagt Manfred. Auch sollen Bäume ins Pflaster vor das Haus eingepflanzt werden, „um das Ganze noch grüner zu gestalten“.
Mut zum Unperfekten
Die Giesserei ist ein guter Ort, wie Manfred findet. „Das Klima ist sehr familiär. Es geht nicht nur um Umsatz, sondern auch darum, etwas Sinnvolles zu tun.“ Er spricht von einer Grundzufriedenheit, die spürbar sei.
„Auch wenn nicht alles perfekt ist. Charmant ist das Haus auf jeden Fall, das Flair einzigartig: eine ehrliche Kombination aus alt und neu, kein Bobo-Chic. Wir haben Mut zum Unperfekten.“ Den Mut zur Unvollkommenheit hat übrigens schon Viktor Frankl, der Wiener Psychiater und Begründer der Logotherapie, propagiert: „Wären alle Menschen vollkommen, dann wären alle einander gleich, jeder Einzelne durch einen beliebigen Vertreter also ersetzlich. Gerade aus der Unvollkommenheit des Menschen folgt aber die Unentbehrlichkeit und Unaustauschbarkeit jedes Einzelnen; denn der Einzelne ist zwar unvollkommen, aber jeder ist es in seiner Art.“