Bisschen Mitleid muss man mit ihm haben, dem Kaiser Franz Joseph. Zumindest, wenn man sich vorstellt, wie er in Bruckneudorf im Garten des Soldatenwirtshauses sitzt. Hier soll der Kaiser – manchmal gar zusammen mit seiner Sisi – im Schatten der Riesenplatane zwar wunderbare Stunden verbracht haben. Nur: Würde er das heute, also rund 150 Jahre später tun, er könnte es zweifellos viel, viel mehr genießen. Der Unterschied zwischen damals und heute ist nämlich folgender: Aus dem Soldatenwirtshaus wurde ein Hotel samt Restaurant – und zwar eines, in dem man besser isst als jemals zuvor.
„Joseph“ heißt es und zollt seinem kaiserlichen Stammgast aus habsburgischen Zeiten stimmig Tribut. Kein Wunder, dass auch österreichische Klassiker wie Schnitzel und Rindssuppe auf der Karte stehen. Doch rückwärtsgewandt, das ist das „Joseph“ ganz und gar nicht: Hier dreht sich alles um frische Bio-Produkte aus der Region, und auch vegane Speisen mit hochwertigen Lebensmitteln aus der Umgebung sorgen dafür, dass es hier nicht nur geschichtsträchtig, sondern auch zukunftsweisend schmeckt.
Beim „Joseph” gibt’s hochwertiges Bio-Frühstück, genauso wie Mittag- und Abendessen. Gekocht wird vorwiegend mit regionalen Bio-Produkten – und zwar wie zu Omas Zeiten, nur eben noch besser. Im Gastgarten isst es sich übrigens besonders schön: Hier steht eine denkmalgeschützte Platane, unter der schon Kaiser Franz Joseph weilte.
Alles andere als auf dem Holzweg
„Als wir das damals desolate Gründerzeithaus 2017 gemeinsam mit zwei Freunden gekauft haben, ging’s uns vorrangig um das Gebäude und die Platane“, erzählt Katharina Neumann. „Was wir damit machen wollten, das wussten wir ehrlich gesagt gar nicht so richtig.“ Zugegebenermaßen klingt das aus dem Mund der erfolgreichen Unternehmerin fast schon etwas bedrohlich. Schließlich führt sie zusammen mit ihrem Mann unweit von besagter Platane einen holzverarbeitenden Betrieb, der zu den vielen hidden champions des Landes gehört: Dort nämlich werden die Kultholzboxen für die weltberühmte Sachertorte hergestellt.
Aber Neumann gibt gleich Entwarnung: Die Platane ist ja mittlerweile denkmalgeschützt, außerdem wurde eh bald klar, dass das ehemalige Soldatenwirtshaus am besten durch ein neues Gastrokonzept zu neuem Leben erweckt werden sollte. „Dass es Bio und regional sein würde, das war dann irgendwie selbstverständlich ,“ so Neumann. „Ich habe vier Kinder und weiß: Jeder von uns trägt Verantwortung für eine nachhaltigere Zukunft. Mit dem Joseph wollen wir einfach mit gutem Beispiel vorangehen.“ Wie gut das gelingt, das zeigt sich nicht nur mit einer kleinen, sehr feinen Speisekarte – sondern auch mit einem Brunch, in dem auch eine Holzbox eine Rolle spielt.
Frühstück out of the box
„Wir machen traditionelle Omaküche, aber mit
höchstem Anspruch an die Produktqualität.“
„Wir machen traditionelle Omaküche, aber mit höchstem Anspruch an die Produktqualität“, bringt es Neumann auf den Punkt. Und meint damit beispielsweise den herzhaften Bio-Zwiebelrostbraten vom Waldviertler Blondvieh mit Braterdäpfeln vom Biohof Perger.
Besagtes Blondvieh steht übrigens auch für das vollmundige Beef-Tatar oder die kräftig-puristische Mark- und Fleischknochensuppe Pate. Und genauso regional und Bio geht’s beim „Joseph“ übrigens auch vegan: Mit mariniertem Bio-Tempeh aus dem nahegelegenen Prellenkirchen, der mit Kimchi, Brokkoli, Jasminreis und Sesam brilliert. Oder einer aufregenden Teriyaki-Tofu-Bowl aus geräuchertem Seewinkler Bio-Tofu.
Und dann wäre da noch die Frühstücksbox, die mit bewährtem Holzknow-how eigens für das „Joseph“-Restaurant angefertigt wurde: „Da hast du wirklich alles drin“, schwärmt Katharina Neumann – zurecht. Die Box landet in der Mitte des Tisches und besteht aus mehreren Abteilungen, alle prallgefüllt, etwa mit Chia-Pudding, hausgemachten Aufstrichen, Lachs, Käse, Avocado, Ei oder Nüssen.
Ja, was bleibt einem da anderes übrig, als zuzugreifen und mit Blick auf die Platane an den Kaiser zu denken? Hätte er das nur erleben können! Nein, früher war mit Sicherheit nicht alles besser. Orte wie Joseph in Bruckneudorf beweisen das aufs Schönste.