Wenn Jakob und Kim von Herbert, Collins und Duke oder von Darrow, Ivanhoe und Bluetta schwärmen, ist nicht eine Großfamilie gemeint. Obwohl, gewissermaßen schon. Die Rede ist von Heidelbeersorten. Wer sich durchkostet, merkt schnell: Die Collins schmeckt ein bisschen nach Äpfeln und Kirschen, wobei das Birnenaroma bei der Duke mehr rauskommt. Vielfalt ist am Beerenberg das oberste Credo, und das hört auch nicht bei den Heidelbeeren auf.

Die Walnusskulturen machen mit vier Hektar Fläche das zweite Aushängeschild aus. Gleichzeitig bauen die beiden Quereinsteiger:innen in der Nähe von Linz zahlreiche Obst- und Gemüsesorten an, halten Waldschafe, Zwergrinder, Hühner und Enten und lassen sich dabei in ihrer Arbeitsweise schwer in gängigen Kategorien einordnen.
Die Bio-Zertifizierung ist im Betrieb eine selbstverständliche Basis. „Wir sind ein Gesamtheits-Agroforstbetrieb, wenn man so möchte, und das seit 10 Jahren“, erklärt Jakob. Beim Gemüseanbau experimentiert Kim mit Elementen aus der Permakultur und regenerative Landwirtschaft ist immer das Ziel. „Wir suchen Begrifflichkeiten, damit Kund:innen oder Außenstehende halbwegs begreifen, was bei uns eigentlich abgeht“, meint Jakob.
Beeinflusst von unterschiedlichen landwirtschaftlichen Philosophien picken sich die beiden überall das Beste raus, wobei der Demeter-Hoforganismus mit dem Menschen im Zentrum ein besonders wertvoller Zugang für den Beerenberg ist. Jakob versucht, ihre Philosophie so zu erklären: „Es geht am Ende des Tages darum, dass wir für ein paar Jahrzehnte hier Gast sind und dafür verantwortlich sind, diesen Ort in einer guten Energie zu halten und ihn zum Blühen zu bringen und hoffentlich ein Stück besser an die nächste Generation zu übergeben.“
Mit dem Wandel, statt dagegen
Essbare Landschaften waren das Ziel. Mit etwas Vorstellungskraft konnten Jakob und seine Familie, allen voran sein Vater Klaus Schmied, diesen Traum schon vor zehn Jahren vor sich sehen, als der Beerenberg noch eher aussah wie ein „Golfplatz mit fünf Hektar Heidelbeerkultur und vier Hektar Walnüssen“. Omas großer Garten aus der Kindheit war von Anfang an die Inspiration, die mit viel Schweiß und Hingabe Wirklichkeit wurde. Die Geschichte des Beerenbergs geht bis ins 18. Jahrhundert zurück, Jakobs Familie hat den Hof 2014 übernommen. Kim hat eigentlich Modemanagement in London studiert, bewarb sich später als Gemüsebäuerin am Betrieb und ist zum Beerenberg „gekommen, um zu bleiben“. Als Quereinsteiger:innen und Teil einer neuen landwirtschaftlichen Bewegung blickt das Paar zwar nicht auf Jahrzehnte von Erfahrung zurück, geht aber dafür mit umso mehr Offenheit, Kreativität und Tatendrang an die Sache heran. Die Fähigkeit zur ständigen Wandelbarkeit ist in dem Business elementar und der Wille und die Motivation zur andauernden Anpassung und Veränderung sind für beide der Kern ihres täglichen Tuns.
„Wir hassen nichts mehr als Stillstand oder eben diese klassische österreichische Aussage: ‚Das haben wir immer schon so gemacht‘.“
„Das ist auch das, was uns taugt“, meint Jakob. „Wir hassen nichts mehr als Stillstand oder eben diese klassische österreichische Aussage: ‚Das haben wir immer schon so gemacht‘.“ Oft sind Jakob und Kim gezwungen, sich Gegebenheiten – wie dem Klima – anzupassen und werden so zu Vorreiter:innen, wie beim Agroforst.
„Viele Menschen in der Stadt entfernen sich immer mehr von der Natur. Bei uns können sie wieder in die Natur eintauchen.“
Die Vision weitergeben
Genau diese Einstellung kommt gut an: Die Heidelbeeren vom Beerenberg werden an die Gastronomie – mehrheitlich in Wien – verkauft, im Einzelhandel in Linz und vorrangig im eigenen Hofladen, wo auch die anderen Produkte wie Nüsse, Obst und Gemüse angeboten werden. „Wir wollen uns auch in Zukunft auf den Hofladen fokussieren und diesen noch ausbauen“, erzählt Kim. „Die Leute müssen hierherkommen, um zu sehen, dass wir ein Gesamtpaket bieten. Sie müssen sehen, dass wir mit der Hand ernten.“ Aus diesem Grund bieten die beiden auch Führungen an, sowie die Möglichkeit Heidelbeeren auch selber zu pflücken. „Wir haben für uns einen Bildungsauftrag definiert“, so Jakob. „Viele Menschen in der Stadt entfernen sich immer mehr von der Natur. Bei uns können sie wieder in die Natur eintauchen“, erklärt Kim. Wobei sie denken, dass vor allem Führungen für Kinder immer wichtiger werden. „Wir sehen, dass wir bei der Jugend etwas bewirken können. Und ich glaube auch, dass die Veränderung, die diese Kinder dann bei ihren Eltern auslösen können, sehr positiv sein kann“, sagt Kim.
Die Bereitschaft, Wissen auszutauschen, ist nicht nur für die nächste Generation essenziell, sondern etwas, das sich Jakob auch innerhalb der Branche und in der Zusammenarbeit mit der Gastronomie mehr wünschen würde. „Eine Köchin oder ein Koch, die:der selbst mal auf dem Feld steht, versteht besser, dass ich nicht täglich das perfekte Früchtchen liefern kann und welche Arbeit dahinter steckt. Hier wären eine engere Zusammenarbeit für ein besseres gegenseitiges Verständnis sehr schön.“
Jakob und Kim Schmied
Kim: Würden wir woanders leben, würde ich noch Papaya ergänzen.
Kim: Ganz klar – Kaiserschmarrn mit Apfelmus.