In Naturteichen mit frischem Bergwasser aus der kühlen Aurach tummeln sich kräftige und wendige Bach-, See- und Regenbogenforellen ebenso gerne wie Saiblinge und Lachsforellen. Hier, am Fuße des Höllengebirges im Salzkammergut, liegt die Großalm. Sie ist Ausgangspunkt für Wanderungen und seit 2007 das Zuhause der Fischzucht von Markus Moser. Er hat die Anlage, die Fischzuchtpionier Hans Bräuer in den 1960er Jahren gebaut hat, von den österreichischen Bundesforsten gepachtet. Seit 2011 ist sein Betrieb biozertifiziert.
Lukas Nagl mag Markus Mosers Fische
Markus‘ Fische kann man in veredelter Form in der gehobenen Gastronomie unter anderem bei Lukas Nagl im Bootshaus am Traunsee genießen. Der 4-Hauben-Koch gilt als bester Fischkoch des Landes. Außerdem verkauft Markus seine Fische an Privatpersonen und auf Märkten in Oberösterreich, wo er auch seine Fischsuppe sehr schnell loswird.
Denn Abnehmer:innen gibt es genug. Auch ein Kochbuch hat er geschrieben: „Fisch echt einfach“. Sein Favorit, und – wie er sagt – „auch in der Zucht sehr sympathisch“, ist die Seeforelle.
Das Fleisch eines Bio-Fisches ist fester, zarter und nahrhafter als das eines konventionell gezüchteten Artgenossen. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe: Ein Bio-Fisch hat mehr Platz im Wasser, bekommt nahrhafteres Futter ohne Antibiotika, Hormone und Farbstoffe und kann sich in einem Fließkanal mit starker Strömung bewegen. Dadurch setzt er weniger Fett an, was auch die gute Konsistenz des Fleischs erklärt. Im Grunde kann man die biologische Fischzucht in vielerlei Hinsicht mit der Haltung von Bio-Hühnern vergleichen. Bei beiden gibt es Vorgaben hinsichtlich Platz, Futter und Bewegung. Und man spricht hier wie da von tiergerechter Haltung, vom glücklichen Huhn oder dem würdevollen Fischleben.
Fische fressen Fische
Eine Besonderheit in Markus‘ Teichen besteht darin, dass er sich selbst um die Nachzucht kümmert. „Ich nehme an, dass sich die Fische deshalb so gut an unser Bergwasser und unser Terrain angepasst haben. Wenn wir, um die Genetik aufzufrischen, andere Jungfische aufnehmen, tun diese sich oft ein bisschen schwerer.“ Er kauft also nicht nur Brütlinge ein, die er großzieht, sondern entnimmt ausgewählten weiblichen Fischen die Eier und männlichen den Samen: Es folgt eine künstliche Befruchtung im Kübel.
Die befruchteten Eier werden dann in einem Indoor-Brutbecken untergebracht. Um den Jahreswechsel schlüpfen die Fische. Nach weiteren drei bis vier Monaten kommen die Jungfische in kleinere Aufzuchtteiche. Und wenn sie 10 bis 15 Zentimeter groß sind, dürfen sie zu den Größeren. Es ist fast so wie in der Schule. Außer, dass sie im schlimmsten Fall von den Größeren gefressen werden. Dass Fische ihre Artgenossen fressen, kann vorkommen.
Indirekt tun sie es sowieso die ganze Zeit: Biologisches Fischfutter besteht zu einem großen Teil aus Fischmehl, also pulverisierten Fischresten: von den Gräten über den Kopf bis zu den Flossen. Beim konventionellen Fischfutter ist es anders – da werden teilweise ganze Fische verarbeitet, die von Fischfangflotten aus den Gewässern gefischt werden, was ein Ungleichgewicht im Ökosystem bewirkt.
Für die Fischzucht braucht man Gespür, Erfahrung und Wissen. Markus entstammt einer der ältesten Fischer:innenfamilien des Landes. Seine Eltern hatten in den späten 1960er Jahren eine Fischerei und betreiben seitdem ein Fischlokal.
Es war sein zweites Zuhause. Nach der Matura und anschließendem „Herumstudieren“ landete auch er in die Gastronomie. Er betrieb mehrere Lokale, unter anderem das Wiener Café am Traunseeufer in Gmunden und wurde zu einer Institution. Nach über 25 Jahren hatte er von der Gastro genug und beschloss 2016, sich ganz der Fischzucht zu widmen. Am Salzburger Institut für „Gastrosophische Wissenschaften“ hat er sich dafür wissenschaftlich mit dem Thema „Biologische Aquakultur” befasst.
„Ich bin keiner, der sagt: Esst mehr Fisch. Ich bin eher für weniger. Und wenn, dann einen gescheiten, einmal in der Woche oder alle zwei Wochen“
Ein Unwetter im ersten Jahr als Vollzeitfischzüchter kostete ihn 80 Prozent des Ertrags: eine Katastrophe aus zwei Tonnen verlorenem Fisch. Es ging weiter, mit der Hilfe anderer Bio-Teichwirtinnen und -wirte. Die „Jahrhundertflut“ im September 2024 hat ihn verschont. Aber die Hitze im Sommer wird immer mehr zum Risiko. „Wenn das Wasser 19 Grad hat, wird’s eng für die Bach-, See- und Regenbogenforellen. Da muss man einiges umstellen.“
Vom Sonntagsbraten und Freitagsfisch
Eine Umstellung in Richtung Wachstum will er nicht. „Es muss nicht mehr werden, es darf gleichbleiben oder auch weniger werden“, sagt Markus. Das Sonntagsbraten-Denken, das viele hinsichtlich Fleisch an den Tag legen, hat er in Sachen Fisch: „Ich bin keiner, der sagt: Esst mehr Fisch. Ich bin eher für weniger. Und wenn, dann einen gescheiten, einmal in der Woche oder alle zwei Wochen.“ Eine Einstellung, die sich auf viele Lebensbereiche übertragen lässt, wie er findet. Das rechte Maß, das schon Aristoteles beworben hat, findet wieder Eingang in die postmoderne Welt: Genuss in Maßen ist gegenwärtiger denn je.