Fast unnatürlich gelb wirken die Kuchen, die Irene Trummer immer macht. Ist da Kurkuma drin oder gar Lebensmittelfarbe, hat man sie schon gefragt. Weder noch, kann sie nur zurückgeben, denn es ist den Eiern zu verdanken, dass ihre Süßspeisen dieses intensive Gelb annehmen.
Je glücklicher das Huhn, umso gelber der Dotter
Und die Eier, die kommen von den rund 80 Apfelhühnern, die im Obstgarten des Biohofs Trummer ihren Ruhestand genießen, den sie sich nach harter Legearbeit wahrlich verdient haben. Bei den Apfelhühnern handelt es sich um sogenannte Nachnutzungs- oder Zweitnutzungshühner, die von Bio-Betrieben ausgestallt werden, wenn ihre Legeleistung abnimmt.
In Obstgärten wie jenem der Trummers flanieren sie dann entspannt herum und fressen dabei nicht immer erwünschtes Getier wie Würmer oder Ameisen – was sich positiv auf das Ökosystem auswirkt. Meistens kommen sie dann bald wieder zu Kräften und haben noch zwei bis drei Jahre zu leben; sofern sie nicht dem Habicht oder Fuchs zum Opfer fallen.
„Bio ist zwar schön und gut, aber Demeter ist besser“
Ganz am Anfang seines Bestehens war der Biohof Trummer ein konventioneller landwirtschaftlicher Betrieb, seit 2018 ist er ein Demeter-Betrieb. „Mein Mann und ich haben den Hof 1998 übernommen, der zu diesem Zeitpunkt ein reiner Obstbaubetrieb war. 2007 sind wir dann auf biologische Wirtschaftsweise umgestiegen, weil mir das immer wichtig war“, sagt Irene Trummer. Ihr Mann war anfänglich skeptisch.
„Wenn so ein Wunsch wirklich im Kopf und in der Seele ist, dann geht alles leichter von der Hand.“
Im Ort gab es einen Negativ-Biobetrieb, aber bei den Trummers sollte der Plan aufgehen. „2018 haben wir dann gesagt, Bio ist zwar schön und gut, aber Demeter ist besser.“ Die Umstellung von Bio auf Demeter sei weitaus weniger herausfordernd gewesen als jene von konventionell auf Bio. „Wenn so ein Wunsch wirklich im Kopf und in der Seele ist, dann geht alles leichter von der Hand.“
Um den Gedanken der Kreislaufwirtschaft, der für Demeter zentral ist, umzusetzen, fingen die Trummers an, sukzessive mehr Vielfalt auf den Hof zu bringen. Zu den Schafen, die es bereits gab, gesellten sie neben den Apfelhühnern auch zwei Dexter-Rinder, „das Lieblingsprojekt meines Mannes und meines Sohnes“. Rinder und Kühe sind unter anderem für die Komposterzeugung im Sinne der Kreislaufwirtschaft verantwortlich, „es sollte sie in jedem Demeter-Betrieb geben.“
„Es ist wunderschön, wie sich aus einer ganz zarten Apfelblütenknospe eine Blüte entwickelt und man im Herbst dann einen Apfel ernten kann.“
Neben den Tieren gibt es etwa acht Hektar Obstanlagen und zwei Hektar Getreideäcker. Apfelbäume, Aronia, Birnen, Pfirsiche, Zwetschgen, Kriecherl, Brombeeren und Trauben wachsen vor Ort, außerdem Getreide, Erdäpfel, Kürbisse, Käferbohnen, Tomaten, Paprika und Chili. Ein lebendiger, bunter Mikrokosmos, in dem alles zusammenspielt und sich ineinanderfügt wie Puzzleteile.
„Es ist wunderschön, mit der Natur an der Natur arbeiten zu können, zu sehen, wie sich aus einer ganz zarten Apfelblütenknospe eine Blüte entwickelt und man im Herbst dann einen Apfel ernten kann.“ Die Erntezeit startet Ende August und geht bis Mitte Oktober, es ist die herausforderndste Zeit, auch wegen vermehrter Extremwetter-Ereignisse. Im Frühjahr, wenn die Blüte beginnt, hatten die Trummers auch oft mit Spätfrost und starken Niederschlägen zu tun, „da stehen wir unter Strom, weil diese erste Zeit entscheidend für die Entwicklung des Obstes ist. Man ist da stark gefordert.“
Kooperation statt Konkurrenz
Ein funktionierendes Ökosystem ist einer der Grundpfeiler der nach der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter benannten Philosophie. Ein anderer ist die Kooperation, aber nicht nur die zwischen Boden, Pflanze, Tier und Mensch innerhalb dieses Systems, sondern auch die der Betriebe untereinander. Die Trummers sind in der „Arbeitsgruppe Obst“ der Steiermark vertreten, wo für den Demeter-Betrieb maßgebliche Präparate hergestellt und angewendet werden. Bei den Demeter-Hofgesprächen wiederum findet Austausch statt, man bespricht aktuelle Herausforderungen und Erfolgsgeschichten, lernt voneinander und steht sich beratend und tatkräftig zur Seite.
„Ich wünsche mir, dass die Produkte, die wir erzeugen, den Konsumenten und Konsumentinnen besser zugänglich gemacht werden“
Ein funktionierender landwirtschaftlicher Betrieb ist eine Aufgabe, keine Frage. Aber eine, die sich lohnt, wenn man Irene Trummer fragt. Auch, weil sie dabei so viel gestalten kann. Weil sie sich weiterentwickeln und das, was am Hof wächst, veredeln, damit experimentieren kann. Was sie sich für die Zukunft wünscht? „Wertschätzung für die Arbeit, die wir leisten. Und dass die Produkte, die wir erzeugen, den Konsumenten und Konsumentinnen besser zugänglich gemacht werden, dass die Reichweite vergrößert wird.“
Ihre eigene Reichweite hat sich durch den Hofladen, den die Trummers im Dezember 2020 eröffnet haben, jedenfalls schon erweitert. Neben Obst, Gemüse und Mehl gibt es dort auch selbstgemachte Chutneys und Säfte sowie Nudeln aus Apfelhuhn-Eiern zu kaufen, natürlich alles Demeter-konform. Dafür reisen Menschen auch schon mal aus Graz und Umgebung an, sagt Irene Trummer. Und wenn man Glück hat, ist vielleicht auch ein Stück Kuchen zu bekommen, in diesem wunderbar saftigen Gelb.