Als Stefan Hajszan, Winzerfreund von Fritz Wieninger, 2014 auf ihn zukam und ihm neben der Buschenschank auch noch 20 Hektar biodynamisch vorbewirtschaftete Weingärten am Wiener Nussberg und in Grinzing zum Kauf anbot, hatten Fritz und seine Frau Lissi einige schlaflose Nächte. „Ich dachte mir am Anfang, na sauber. Aber ich wusste auch, dass ich es mein Leben lang bereuen würde, wenn ich nicht zusage. Also haben wir beschlossen: Wir packen das“, sagt Fritz Wieninger.
Er kaufte Hajszan die Flächen ab, und dieser war heilfroh, endlich seine Ruhe zu haben. Für Fritz und Lissi hingegen begann eine neue Ära. Heute betreibt die Familie zwei Weingüter und die oben genannte Buschenschank am Nussberg, einem Logenplatz in der Natur mit Blick auf die Stadt.
Biodynamische Bewirtschaftung
Auf den verschiedenen Flächen werden 14 Weißweinsorten nach biodynamischen Prinzipien angebaut, von Gemischtem Satz über Riesling und Grüner Veltliner bis zum Weißburgunder. Die natürlichen Präparate und der spezielle Kompost reichern den Boden an und sorgen für ein lebendiges Gleichgewicht und widerstandsfähige Rebstöcke. Die Ernte erfolgt händisch.
„Ich bin mir sicher, dass es einen Zusammenhang zwischen den Teespritzungen und anderen homöopathischen Mitteln und der Balance gibt, die in den Weingärten herrscht. Natürlich in Kombination mit anderen Maßnahmen.“
Das biodynamische Bewirtschaften ist für Fritz Wieninger keine Glaubensfrage, er orientiert sich am Ergebnis, dem prosperierenden Weingarten. „Ich bin mir aber sicher, dass es einen Zusammenhang zwischen den Teespritzungen und anderen homöopathischen Mitteln und der Balance gibt, die in den Weingärten herrscht. Natürlich in Kombination mit den anderen Maßnahmen, wie der Laubarbeit und dem regulären Pflanzenschutz.“
80.000 Flaschen der charakterstarken Weine werden jährlich abgefüllt, das Sortiment umfasst auch Naturweine, die in Amphoren vergoren werden. „Die Naturweine sind auffälliger, die Nicht-Naturweine sind alle recht knackig und mineralisch, sie haben einen geringeren Alkoholgehalt und gehen in Richtung der jungen Sommeliers“, sagt Fritz Wieninger.
„Die Naturweine sind auffälliger, die Nicht-Naturweine sind alle recht knackig und mineralisch.“
Ungeschöntes aus Wien
Naturweine sind nicht jedermanns Sache, keine Frage. Auch Fritz Wieninger hatte seine Skrupel. Aber mit der Zeit auch durchaus positive Erlebnisse. „2014 habe ich in New York einen Naturwein aus dem Juragebiet probiert, und der hat mich ehrlich geflasht. In dem Moment wusste ich: Naturweine sind nicht grundsätzlich falsch.“
„In dem Moment wusste ich: Naturweine sind nicht grundsätzlich falsch.“
In Istrien machte er eine ähnliche Erfahrung, und irgendwann stand fest: „Das will ich auch machen.“ Auch wenn die naturtrüben Tropfen mit den Ecken und Kanten ein Gegenprogramm zu den Weinen sind, die er mit seinem biodynamischen Weingut Wieninger anbaut. Unter der Marke Hajszan Neumann konnte er das Experiment wagen. Und es ging auf. Heute exportiert er sehr viel von den „Naturals“ in die USA, nach Japan und in die skandinavischen Länder.
No-Intervention und Low-Intervention
Fritz Wieninger bezeichnet sich selbst als Pragmatiker. Er mag das Nicht-Eingreifen-Müssen im Weinkeller, deshalb bezeichnet man Naturweine auch als No-Intervention- oder Low-Intervention-Weine, wenn man nur minimalistisch interveniert. Seit 2015 produziert er Weißweine ohne jegliche Eingriffe, also ohne Hilfsstoffe oder Zusätze wie Schwefel oder Hefe, naturbelassen und ungeschönt. „Dadurch lebt eine gewisse Individualität in den Weinen, die nicht jedes Jahr gleich und manchmal auch ein bisschen schräger schmecken.“ Gut und hochwertig müssen sie sein, das gilt für die Naturweine genauso wie für alle anderen Tropfen.
„Dieses Lebendige, Tänzelnde, das kannst du nicht vergleichen mit einem Traubensaft, das ist eine ganz andere Welt.“
Was ihn am Weinbau am meisten fasziniert? „Dass man so viele Jahre in die Natur hineininvestiert, um von der Scholle weg über die Rebe und die Trauben dann ein Produkt zu bekommen, das sich so radikal zum Wein verändert. Aus diesem patzigen, pappigen, süßen Traubensaft wird dieses höchst diffizile, feine, vielschichtige Produkt Wein, das dann Jahrzehnte haltbar ist. Dieses Lebendige, Tänzelnde, das kannst du nicht vergleichen mit einem Traubensaft, das ist eine ganz andere Welt. Und das fasziniert mich bis heute“, sagt der Winzer, der mit seinen beiden Weingütern die heimische und internationale Spitzengastronomie beliefert. Und es bestimmt keine Sekunde bereut hat, das Angebot seines Freundes Stefan angenommen zu haben.