Während Österreichs öffentliche Einrichtungen bei der Beschaffung von Bio-Lebensmitteln versagen, liegt die Bio-Quote in Dänemark und Schweden bei über 25 Prozent. Warum? Und was kann der Bund in Österreich tun, damit endlich etwas passiert?
2021 beschloss die österreichische Bundesregierung den sogenannten „Nachhaltigen Aktionsplan“. Das Ziel: Ab Januar 2023 müssen ein Viertel aller Lebensmittel in den Einrichtungen des Bundes wie etwa Schulen, Krankenhäusern, Kantinen oder Kasernen Bio sein. Ein löbliches Unterfangen, keine Frage. Und doch: im internationalen Vergleich sicher nicht das ambitionierteste. Immerhin gibt es Länder, in denen die Bio-Quote von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen bereits über 30 Prozent beträgt.
Aber bleiben wir in Österreich: Wie Ende vergangenen Jahres bekannt wurde, scheitert der Bund selbst an besagten 25 Prozent. Laut dem Verein „Enkeltaugliches Österreich“ lag die Quote im November letzten Jahres bei gerade einmal bei vier Prozent.
Das ist für die rund 450.000 Österreicher:innen, die täglich auf das Essen von Bund und Ländern in diversen Einrichtungen angewiesen sind, in vielerlei Hinsicht bitter. Schließlich könnten die Ausgangsbedingungen hierzulande besser nicht sein: Österreich ist EU-weit auf Platz 1, was den Anteil der biologischen Landwirtschaft betrifft (dieser liegt bei 27 Prozent). Und auf Platz 2, wenn es um den Anteil der Bio-Einkäufe von Konsument:innen im Lebensmitteleinzelhandel geht. Heißt: Österreich ist Bio-Land, nur bei den Einrichtungen des Bunds nicht.
„Dänemark und Schweden haben als Staaten zwei unterschiedliche Herangehensweisen – aber beide haben sich als ziemlich effizient und erfolgreich erwiesen.“
Dass das anders – und vor allem: besser – geht, zeigen Länder wie Schweden oder Dänemark. Dort nämlich liegen die Bio-Quoten von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen weltweit am höchsten: In Dänemark sind es 27 Prozent, in Schweden gar 39.
Know-how ist König – und der Großhandel auch (noch)
„In Dänemark wurde in den staatlichen Einrichtungen massiv in das Know-how einer vegetarischen, pflanzenbasierten und abfallfreien Küche investiert.“
„Dänemark und Schweden haben als Staaten zwei unterschiedliche Herangehensweisen – aber beide haben sich als ziemlich effizient und erfolgreich erwiesen“, sagt einer, der es wissen muss: Carsten Daugbjerg ist Professor für Agrar- und Lebensmittelpolitik an der Universität Kopenhagen und forscht seit Jahren zum Thema der biologischen Lebensmittelbeschaffung an öffentlichen Einrichtungen. Er erklärt: „In Dänemark spielte der Staat eine aktivere Rolle als in Schweden, weil das dänische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Fischerei in den staatlichen Einrichtungen ab 2011 massiv in das Know-how einer vegetarischen, pflanzenbasierten und abfallfreien Küche investierte.“
„Für die Verarbeitung von Bio-Lebensmitteln braucht es Köch:innen, die wissen, was sie tun.“
Und das aus einem simplen Grund, wie Daugbjerg erklärt: „Bio-Lebensmittel sind hochwertige Rohmaterialien, die gekonnt verarbeitet werden müssen. Außerdem sind diese Produkte bei der Beschaffung auch günstiger als die hochverarbeitete Convenience-Ware, die viele öffentliche Einrichtungen davor lange bezogen hatten. Nur braucht es dafür eben Köch:innen, die wissen, was sie tun.“ Zwischen 2012 und 2014 investierte der dänische Staat fast vier Millionen Euro – „hauptsächlich für Beratungen und Kurse“, wie Daugbjerg sagt.
„Beide Länder haben dafür gesorgt, dass im Großhandel der regionale Bio-Anteil massiv gestiegen ist. Denn bei solchen Mengen, wie ihn öffentliche Einrichtungen brauchen, ist dieser momentan noch der einzige Player, der die Bio-Nachfrage quantitativ decken kann.“
Das sind verhältnismäßig kleine Summen – doch sie bringen viel. Nicht nur in Dänemark, auch in Schweden haben Bio-Lebensmittel durch die Umstellung der öffentlichen Einrichtungen ein beeindruckendes Marktvolumen erreicht. „Beide Länder haben dafür gesorgt, dass im Großhandel der regionale Bio-Anteil massiv gestiegen ist“, so Daugbjerg. „Denn bei solchen Mengen, wie ihn öffentliche Einrichtungen brauchen, ist der Großhandel momentan noch der einzige Player, der die Bio-Nachfrage quantitativ decken kann. Vor allem in Dänemark ist das der Fall – Schweden war in dieser Thematik immer schon etwas kleinstrukturierter.“
Bio-Lebensmittel als Public-Health-Faktor
Das liegt daran, dass die Umstellung auf Bio-Produkte in öffentlichen Einrichtungen in Schweden weniger zentralstaatlich organisiert, sondern stark auf Gemeinde- oder Stadtebene umgesetzt wird. „Die Regierung in Stockholm einigte sich bereits im Jahr 2006 auf ein nachhaltiges Beschaffungsprogramm – delegierte dieses aber ohne nennenswertes Budget auf die Städte und Gemeinden“, so Daugbjerg. „Aber anders als in Dänemark wurde dieses Beschaffungsprogramm auch als öffentliche Gesundheitsmaßnahme kommuniziert, womit den Menschen der Mehrwert nochmals klarer wurde.“
„Österreich ist ja schon Bio-Land, deswegen denke ich, dass ganz klar wie in Dänemark der Staat am Zug ist.“
Das Ergebnis ist erstaunlich, denn seither übertrafen sich unterschiedlichste Städte mit hohen Bio-Quoten in den öffentlichen Einrichtungen, mit Malmö als Spitzenreiter mit satten 70 Prozent. Wie geht das? „Das Vertrauen in staatliche Vorgaben ist in Schweden überdurchschnittlich hoch, und viele lokale Entscheidungsträger:innen verstanden von Anfang an, warum sich mehr Bio in öffentlichen Einrichtungen lohnt“, erklärt Daugbjerg.
Und welches Modell würde er einem Land wie Österreich empfehlen, damit auch hier die Quote endlich die anvisierten 25 Prozent erreicht? „Österreich ist ja schon Bio-Land, deswegen denke ich, dass ganz klar wie in Dänemark der Staat am Zug ist. Es sollte auf jeden Fall in Know-how und Strukturen investiert werden: Das Investment ist gering, und wie man sieht, gewinnen alle.“