Trotz seiner einmaligen gesundheitlichen Vorteile gibt es schlechte Neuigkeiten für den österreichischen Rettich: Der Anbau des heimischen Radi steht vor dem Aus. Wie der ORF Mitte April berichtete, haben sich zahlreiche Gemüsebäuerinnen und -bauern entschlossen, den Rettichanbau stark herunterzufahren oder sogar gänzlich einzustellen.
Grund ist ein Verbot für einen Unkrautvernichter, der für den Radianbau essenziell ist. „Rettich kann auch nicht händisch gehackt werden. Das ist das Hauptproblem gewesen jetzt zum Schluss“, sagt Stefan Hamedinger, Gemüsebaureferent der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, gegenüber dem ORF. Der Unkrautvernichter Butisan sei nur noch ganz eingeschränkt bei anderen Kulturen zulässig, nicht mehr jedoch beim Rettich. Die Konsequenz: In großem Stil wird Rettich in Österreich nicht mehr angebaut, die Lebensmittelindustrie bezieht ihre Ware aus Deutschland und Italien, wo Butisan bislang noch eingesetzt werden darf.
Diese Entwicklung kann auch, so finden wir, als Chance betrachtet werden: Kleine Produzentinnen und Produzenten wie Robert Brodnjak und sein Krautwerk haben nun das heimische Monopol auf unseren heiß geliebten Jausenradi und können zeigen, wie lohnenswert der naturnahe und regionale Anbau von Produkten sein kann – für die Umwelt, für die Menschen und auch für den Geschmack.
Dinge, du du über den Rettich auch nicht wusstest
1. Rettich ist ein echtes Superfood
„Wir wissen, dass aus den Bitterstoffen im Rettich eine geringere Wahrscheinlichkeit für die Krebsentstehung resultiert und auch eine antientzündliche Wirkung.“
Durch seinen hohen Wasseranteil und seine feste Zellstruktur enthält Radi so gut wie keine Kalorien, dafür aber große Mengen wertvoller Ballaststoffe. Die Schärfe bringenden Senföle können positive Auswirkungen auf Leber, Galle und Verdauung haben, ebenso die enthaltenen Bitterstoffe.
Wie Diabetologe und Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedel gegenüber dem Deutschen Südwestrundfunk sagt, sind es gerade diese Bitterstoffe, die im gesamten Körper ihre Wirkung entfalten und damit eine ganze Reihe positiver Effekte erzielen können: „Wir wissen, dass daraus eine geringere Wahrscheinlichkeit für die Krebsentstehung resultiert und auch eine antientzündliche Wirkung.“ (Falls gewünscht, hier auch eine aktuelle Studie dazu) Die hohe Kaliumkonzentration im Rettich kann zudem bei der körpereigenen Regulation des Blutdrucks helfen und so das Risiko für Infarkte oder Schlaganfälle reduzieren.
Großmutters Hausmittel: Rettichsaft gegen Husten
Um auf natürlichem Wege den Hustenreiz einer Erkältung zu lindern, nimmt man einen schwarzen, runden Rettich zur Hand, höhlt ihn aus und füllt ihn mit Kandiszucker. Anschließend sticht man noch ein kleines Loch in die Unterseite des Rettichs und legt diesen mit dem Loch nach unten auf ein Glas. Dort sammelt sich nun langsam der Rettichsaft, der schon zu Omas Zeiten ein beliebtes Hausmittel gegen Husten war.
2. Der Boden macht die Schärfe
Die Schärfe des Rettichs wird nicht allein von der Sortentypizität bestimmt, sondern auch vom Boden, in dem der Rettich gewachsen ist. Wird er in schweren, dichten und wasserreichen Böden wie Lehm, Humus oder Terra Rossa angebaut, neigt er dazu, milder zu schmecken als eine Wurzel derselben Sorte, die auf leichten Sandböden gewachsen ist.
Der Grund dafür findet sich in der Biologie der Pflanze: Wird sie gut mit Nährstoffen versorgt, wie es bei feuchten Böden in der Regel der Fall ist, bildet sie weniger Senföle aus, die für den scharfen Geschmack der Wurzel verantwortlich sind. Ist es jedoch zu trocken bzw. speichert der Boden nicht genügend Wasser, gerät der Rettich schnell in Trockenstress, worauf die Pflanze mit gesteigerter Produktion von Senföl reagiert. Mit diesem Wissen im Hinterkopf kann in der Landwirtschaft ebenso wie im Hobbygarten mit etwas Glück und botanischem Geschick der jeweils gewünschte Schärfegrad in die Rettichpflanzen gebracht werden.
Leichte, trockene Sandböden: schärferer Rettich
Schwere, dichte, wasserreiche Böden: milderer Rettich
3. Rettich ist nicht gleich Rettich
Viele haben das Bild eines Weißen Bierretichs – auch bekannt als Bierwurz, Radi oder Jausenradi – im Kopf, wenn sie an Rettich denken: 10 bis 40 Zentimeter lang, cremefarben und unten spitz zulaufend. Doch diese wohlbekannte Sorte ist längst nicht die einzige, die die Familie der Rettichgewächse für uns bereithält: „Wir bauen viele verschiedene Rettichsorten an“, sagt Marktgärtner Robert Brodnjak, der sich auf den Anbau alter und seltener Gemüsesorten spezialisiert hat. „Wir haben zum Beispiel Misato Rose Flesh, Pusa Jamuni Lille, Pusa Gulabi Rot, Eiszapfen oder Rosa Pink Candle.“ Außerdem findet sich in Brodnjaks Sortiment auch der Wassermelonenrettich, der mit seinem leuchtend pinken, eher süßlichen Fruchtfleisch besticht – eine echte Rarität.
Bei uns ebenfalls eher selten, dafür aber in Ostasien weit verbreitet: der Daikon-Rettich. Hierzulande kennen wir ihn hauptsächlich in lange, feine Streifen geschnitten als Beilage zu Sushi; in Japan hingegen gehört er zu den beliebtesten Gemüsesorten überhaupt und wird dank seines sehr zurückhaltenden, erfrischenden Aromas gerne pur gegessen.
Die bunte Vielfalt der Rettichsorten
Weißer Bierrettich
lang, dick, weißlich-cremefarben, mild bis scharf
Schwarzer Rettich
rund, klein, schwarz, eher scharf
Daikon
lang, dick, grünlich weiß, eher mild bis geschmacksneutral
Wassermelonenrettich
und, außen grünlich, innen leuchtend pink, leicht süßlich
Eiszapfen
länglich, kurz, weißlich-cremefarben, Radieschen-Aroma
Misato Rose Flesh
kurz, rund, weißliche Schale, pinkfarbenes Fruchtfleisch, sehr süßlich
4. Nicht nur Bier und Rettich sind ein Perfect Match
Zugegeben, bei einem Gemüse, das auch den Namen ‚Bierrettich‘ oder ‚Bierwurz‘ trägt, liegt es nicht allzu fern, beide zu kombinieren. Man kann gar nicht oft genug betonen, wie gut Bier und Rettich zusammenpassen. Entdeckt haben dies die Bayern, irgendwann um 1800. Seit jeher ist es in bayerischen Biergärten gang und gäbe, dass die Gäste ihre eigenen Speisen mitbringen dürfen und vor Ort nur die Getränke bestellen. Seit 1825 dürfen die Biergärten selbst aber auch Speisen servieren. Von Anfang an auf den Karten: der dünn gehobelte oder geschnittene Radi, der sich bis heute großer Beliebtheit erfreut – auch bei uns in Österreich.
Kulinarische Tipps
- (aus)gebacken als Rösti oder Bestandteil eines bunten Ofengemüses
- gedünstet als Beilage von Fischgerichten
- geräuchert oder gegrillt als Solist eines vegetarischen Hauptgerichts
- roh und dünn aufgeschnitten auf einem Brot mit Butter oder Topfen
- fein gehobelt als Salattopping
- in Essig oder fruchtiger Marinade eingelegt als Pickle
- kunstvoll aufgeschnitten und gut gesalzen als Imbiss zum Bier
Jausenradi ohne Hobel schneiden
Den Rettich waagerecht hinlegen und in einem Abstand von einem bis zwei Millimetern zwei Drittel tief einschneiden. Das Messer darf nicht ganz durch die Wurzel gleiten.
Ist der ganze Rettich geschnitten, wird er umgedreht und die Prozedur an der Unterseite wiederholt, dieses Mal leicht angeschrägt in einem Winkel von 45 Grad.
Auseinanderziehen und gründlich salzen. Das Salz muss zwischen alle Scheiben gelangen.
Den Rettich für 20 Minuten ‚weinen‘, also Wasser ziehen lassen. Fertig!