Sie werden auch „Trüffelpapst“ genannt. Wie kommt das?
Luca Miliffi: Vielleicht, weil ich als Händler so religiös bin bei Trüffeln und deren Qualität. Und weil es bei mir fast so schwierig ist, eine Audienz zu bekommen – wie beim Papst.
© Massimiliano Martinelli

Miliffis Heimat Acqualagna ist eines der wichtigsten Zentren der nationalen Trüffelproduktion und stellt zwei Drittel der italienischen Trüffelproduktion für internationale Märkte.
Welche Länder bekommen Ihren Segen als Herkunftsländer für Trüffel?
Luca Miliffi: Trüffel gibt es weltweit. Das finde ich wunderschön, denn sie sind der Geschmack der Erde und wecken wunderbare Gefühle in uns. Was die Länder betrifft, bin ich befangen, denn für mich ist Italien – langfristig gesehen – das beste Land für Trüffel. Und wenn ich von Trüffeln spreche, dann immer von den weißen. Gutes Terroir dafür gibt es in Italien in Acqualagna in den Marken, in Alba im Piemont und in der Toskana. Saubere Gebiete sind für mich auch Kroatien, Istrien und Meteora in Griechenland.
„Trüffel sind der Geschmack der Erde und wecken
wunderbare Gefühle in uns.“
Luca Miliffi
© Catharina Gaissmaier-Heindl
Auf Trüffelsuche in Luca Miliffis Heimatregion, den italienischen Marken. Frühmorgens ging es in die Berge – Trüffel gedeihen ideal auf einer Seehöhe zwischen 800 und 1000 Metern.
Apropos Herkunftsländer – gibt es eine Herkunftskennzeichnung für Trüffel?
Luca Miliffi: In Italien muss man zunächst den Ursprung der Trüffel garantieren können. Man muss sich ein Zertifikat für Qualitätstrüffel ausstellen lassen, das ist gesetzlich geregelt. Diese Herkunftskennzeichnung ist wichtig, weil damit Trüffel allgemein geschützt werden und die Umgebungen, aus denen sie stammen.
Blicken wir nach Österreich: Wie ist hier die Nachfrage nach Trüffeln bzw. kann man hierzulande gute Trüffel finden?
Luca Miliffi: Dank meinem Vater Arnaldo Miliffi wird Österreich seit den 80er Jahren mit einer sehr guten Qualität von Trüffeln versorgt. Umgekehrt beginnen immer mehr Menschen in Österreich, mit speziell ausgebildeten Hunden nach Trüffeln zu suchen. Österreich wird in den nächsten zehn Jahren zu einem der besten Trüffelländer werden, hoffentlich nicht zu einem besseren als Italien.
„Mittlerweile werden in Österreich auch Sommer- und Wintertrüffel gefunden. Weiße Trüffel gibt es noch nicht, aber es kann sein, dass auch diese hier bald vorkommen.“
Luca Miliffi
© Catharina Gaissmaier-Heindl
Für die Suche nach wilden Trüffeln werden Spürhunde ausgebildet. Eine Rasse, die dabei vorzugsweise genutzt wird, ist der Lagotto Romagnolo (siehe Bild unten), aber auch bei anderen Jagdhunden gibt es Tiere, die zur Trüffeljagd geeignet sind (siehe Bild oben).
© Catharina Gaissmaier-Heindl
Woran liegt das?
Luca Miliffi: An mehreren Faktoren: Das Klima verändert den Boden, immer mehr Menschen gehen auf Trüffeljagd und es werden immer mehr Hunde für die Suche ausgebildet. Doch das Klima hat die meisten Auswirkungen: In Österreich gibt es immer mehr Bäume, die Trüffel lieben. Früher gab es zum Beispiel in Österreich keine Feigen-Bäume, doch die gibt es jetzt. So können sich die Sporen von Trüffeln immer weiter verbreiten. Früher konnte man in Österreich nur rote Trüffel – Tuber rufum – finden, die so eine schlechte Qualität haben, dass wir sie in Italien sofort wieder wegschmeißen. Und es gab schwarze Trüffel – Tuber mesentericum –, die sind auch nicht qualitativ hochwertig. Mittlerweile werden aber in Österreich auch Sommer- und Wintertrüffel gefunden. Weiße Trüffel gibt es noch nicht, aber es kann sein, dass auch diese hier bald vorkommen.
„Wilde Trüffel können nicht anders als bio sein.“
Luca Miliffi
© Catharina Gaissmaier-Heindl
Nach zweiStunden intensiver Suche finden die Trüffelhunde einen weißen Trüffel.
Unsere Gemeinschaft Gaumen Hoch setzt sich dafür ein, dass mehr Bio-Lebensmittel auf die Teller kommen. Sind Trüffel immer bio?
Luca Miliffi: Wilde Trüffel können nicht anders als bio sein. Hier stehen wir sogar eine Stufe über bio: eine weiße Trüffel, die im Waldboden gefunden wurde – mehr bio geht nicht. Bei kultivierten Trüffeln wird und sollte es eine Bio-Zertifizierung geben. Was man in Italien bereits zertifizieren kann, sind Trüffelgegenden, -jäger:innen, -hunde und -produkte.
Wenn ich Trüffel kaufen möchte, worauf muss ich als Konsument:in achten?
Luca Miliffi: Wenn man eine Person kennt, die gute Qualität und die Vielfalt der Geschmäcker unterscheiden kann, ist das schon die halbe Miete. Man kann auch bei vertrauenswürdigen Händler:innen und Delikatessengeschäften beziehen. Die Trüffel muss möglichst frisch sein – am besten schmeckt sie am gleichen Tag, an dem sie aus der Erde geholt wurde. Die Trüffel muss nicht knackig, aber solide sein, wenn man sie angreift. Und auch anhand des Geruchs kann man eine gute Trüffel von einer schlechten Trüffel unterscheiden: Am besten macht man die Augen zu und riecht tief in die Frucht hinein. Wenn es ein angenehm balancierter Duft ist, der Emotionen hervorruft, handelt es sich wahrscheinlich eine gute Qualität.
„Die weiße Trüffel ist ein Star. Sie ist der Hauptakteur, der Geschmacksträger, und will zeigen, was sie kann. Gleichzeitig liebt sie es, simpel zu sein.“
Luca Miliffi
Wenn ich Trüffel noch nicht so oft gegessen habe, mit welchem Gericht taste ich mich am besten an den Geschmack heran?
Luca Miliffi: Die weiße Trüffel ist ein Star. Sie ist der Hauptakteur, der Geschmacksträger, und will zeigen, was sie kann. Gleichzeitig liebt sie es, simpel zu sein. Man kann sie toll kombinieren, weil sie bereits in einer Symbiose geboren wird. Wenn sie in der Erde ist, geht sie eine solche mit der Erde und den Bäumen ein. Und wenn sie gegessen wird, mit den Produkten, mit denen sie kombiniert wird. Die Trüffel übergibt ihren Geschmack und nimmt Geschmack an, deshalb sollte man zum Beispiel Fisch und Knoblauch niemals mit Trüffel servieren. Wichtig ist immer, sie zu begleiten und nicht zu verstecken bzw. überdecken.
© Catharina Gaissmaier-Heindl
Für Tagliolini al Tartufo wird der Eier-Nudelteig dünn geschnitten und in einer aromatischen Brühe gegart. Die Sauce besteht auf Brühe und Butter, zum Schluss wird reichlich schwarze Trüffel darüber gehobelt.
Deshalb passen am besten Mehl, Eier und Milchprodukte – wenn auch nicht alle – zu ihr. Mein Lieblingsgericht, das ich sehr gerne persönlich koche, sind „Paolo-Parisi-Eier“: Spiegeleier mit weißem Trüffel. Für mich ist das ein ‘tartufo soluto‘, – ein absolutes Gericht. Man erkennt ein gutes Trüffelgericht an seiner Einfachheit. Ein weiteres Gericht sind Tagliolini al Tartufo – diese dünneren Tagliatelle kann man auch im Geschäft kaufen – aber unbedingt aus Eierteig. Diese kocht man nicht in normalem Wasser, sondern in einer einfachen Brühe. Dann braucht man dann nur noch etwas Parmesan und Trüffel. Wenn man keine Trüffel hat, kann man auch Trüffelbutter nehmen, bloß kein Trüffelöl.
Gibt es eigentlich auch gutes Trüffelöl?
Luca Miliffi: 99 Prozent davon basiert auf Chemie, wenn man eine kleine Schale darin sieht, ist es fake. Trüffel stirbt in Öl – in Italien ist es sogar verboten, Trüffel in Öl einzulegen. Sie gibt den Geschmack nicht an das Öl ab, sondern wird faulig und stirbt. Das einzige Gericht, in dem ich Trüffelöl verwenden würde, wenn es unbedingt sein muss, dann in einem feinen Rinder-Carpaccio.
© Catharina Gaissmaier-Heindl
Rinder-Carpaccio mit schwarzem Trüffel, Zucchiniblüten und Parmesan.
„Eine tischtennisballgroße weiße Trüffel kostet vielleicht 50 Euro bis 100 Euro. Das ist nicht unbezahlbar.“
Luca Miliffi
Am häufigsten werden wir gefragt, was man für den Star am Teller bezahlen muss – sagen wir für eine weiße Trüffel in der Größe eines Tischtennisballs.
Luca Miliffi: Viele Personen haben Angst, dass die Trüffel nicht für alle ist. Und ja, sie ist sehr exklusiv. Aber wenn man will, kann man sie sich ein- oder zweimal im Jahr leisten. Ein Stück in dieser Größe kostet vielleicht 50 Euro bis 100 Euro. Das ist nicht unbezahlbar. Man darf nur bei der Verwendung in einem simplen Gericht nicht sparen, man muss großzügig sein.
Welche Sorten außer der weißen Trüffel sind aus Ihrer Sicht noch zu empfehlen?
Luca Miliffi: Die zweitbeste Art ist die Perigord-Trüffel, eine schwarze Trüffel aus den Regionen Perigord und Provence in Frankreich. Im schwarzen Trüffelbereich gibt es viele verschiedene Sorten, und das ist die nobelste Sorte von ihnen. Dabei handelt es sich um eine süße Trüffel, anders als die weiße Trüffel. Perogord gibt es erst Ende Dezember, also erst sehr spät. Dann kommen Wintertrüffel und Sommertrüffel.
5 TRÜFFELARTEN, DIE MAN KENNEN SOLLTE | |
Weiße Trüffel oder Alba.Trüffel (Tuber Mangnatum Pico) | |
Schwarze Périgord-Trüffel (Tuber Melansporum Vitt.) | |
Sommer-Trüffel oder Burgundertrüffel (Tuber Aestivum Vitt.) | |
Wintertrüffel (Tuber brumale Vitt.) | |
Chinatrüffel (Tuber Indicum) sieht der schwarzen Trüffel zum Verwechseln ähnlich, kann beim Geschmack aber nicht mithalten und hat einen geringen gastronomischen Wert. |
In den letzten Jahren ist der Preis für Perigord auf das Niveau von Wintertrüffeln gesunken, weil die Industrie begonnen hat, viele Trüffelprodukte zu produzieren: Trüffelschinken, Trüffelchips, … Wenn man beide zur Auswahl hat, empfehle ich, keine Wintertrüffel zu kaufen, denn die schwarze hat eine viel bessere Qualität. Sommertrüffel hingegen darf man nicht unterschätzen: So wie Mozzarella könnte ich sie jeden Tag essen; dazu trinke ich dann einen Hauswein. Weiße Trüffel hingegen sind etwas ganz Besonderes, die gibt es bei mir nur ein-, zweimal im Jahr und dazu trinke ich dann einen Barolo.
Luca Miliffi
Die Geschichte von Lucas Familienunternehmen begann in Piobbico, einem kleinen Ort in den Marken. In den 80er Jahren startete sein Vater Arnaldo Miliffi hier den Verkauf von Trüffel in Italien und im Ausland. 2000 entstand die Marke „Miliffi“, bei der sich Luca um Logistik und Vertrieb kümmerte. Seit 2007 ist der Firmensitz in Österreich, wo sich Luca Miliffi als Trüffelhändler und -botschafter einen Namen gemacht hat. Er setzt sich mit Herzblut dafür ein, italienische Gebiete, in denen der hochwertige weiße Trüffel (Tuber Magnatum Pico) wächst, anzuerkennen und zu schützen.