Wie Österreichs Kulinarik-Kultur international überzeugen soll

ÖsterreichWerbung-Chefin Astrid Steharnig-Staudinger verrät, wie das gelingen soll und wie mit den Herausforderungen des Weinabsatzes umgegangen wird.
von Alexandra Seyer-Gmeinbauer
Interview Astrid Steharnig-Staudinger
© Christopher Hanschitz

In zwei Jahren als Chefin der Österreich Werbung hat Astrid Steharnig-Staudinger bemerkenswerte Akzente gesetzt. Ihre Willensstärke steht außer Frage. Deutlich vor 19 Uhr betritt sie das Edvard, elegant, entspannt, mit einem offenen Lächeln. Was als eng getaktetes Interview geplant war, entwickelt sich zu einem anregenden Abend über drei Gänge. Küchenchef Paul Gamauf hätte noch weitere Kreationen bereitgehalten – ein Dessert bleibt dennoch ausgeschlossen. Nach dem Ablegen der Mäntel erste Station: der Amuse-Bouche-Baum. Wir naschen keine verbotenen Früchte, sondern Pâte à choux – Windbeutel mit Pilzen.

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Interview Astrid Steharnig-Staudinger
Zu Gast bei Paul Gamauf im Restaurant Edvard. Der Chef erklärt seine Kreationen gerne selbst.

Herzstück einer neuen Positionierung

Am Tisch informiert Gamauf über das eigens zum World Earth Day kreierte Menü. Eine passende Bühne für eine Frau, die mit kulinarischer Kultur bestens vertraut ist: aufgewachsen im elterlichen Betrieb mit Gastronomie und Landwirtschaft, früh gereist, ausgebildet im Tourismus. Bereits als junge Frau wusste sie: „Ich möchte einmal Chefin der Österreich Werbung werden.“

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Interview Astrid Steharnig-Staudinger
„Österreich kann kulinarisch aus einer riesigen Vielfalt schöpfen.“
Astrid Steharnig-Staudinger

Während Bresaola-Cones, Rote-Rüben-Macaron mit Aaltartar und Zwiebelzigarillos serviert werden, spricht Steharnig-Staudinger über eine der zentralen Weichenstellungen ihrer Amtszeit: Die Kulinarik ist nicht länger Begleitmotiv, sondern strategisches Zentrum der internationalen Markenkommunikation für Österreich.

Österreichs Genusslandschaft international inszeniert

„Österreich ist aufgrund seiner Topographie prädestiniert – pannonisch, südlich, alpin. Welches Land kann so eine Vielfalt bieten?“ sagt sie. Sichtbar gemacht werden nicht nur Spitzenküche und Wein, sondern auch Produzent:innen wie Teebauer:innen in Oberösterreich oder Reisbäuer:innen im Burgenland. Gerade diese Breite versteht Steharnig-Staudinger als Österreichs Alleinstellungsmerkmal.

Mit dem Claim „eatAUT“ entsteht eine Erzählung, die landwirtschaftliche Herkunft, Saisonalität, Luft- und Wasserqualität sowie die gewachsene Tischkultur als gleichwertige Elemente eines modernen Genusslands präsentiert. Österreich soll international als Destination für zeitgemäßen Regionalgenuss wahrgenommen werden – selbstbewusst, abseits folkloristischer Klischees.

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Interview Astrid Steharnig-Staudinger
Jedes der Gerichte im Restaurant Edvard erzählen dabei immer eine eigene Geschichte.
© Christopher Hanschitz
Interview Astrid Steharnig-Staudinger
Jedes der Gerichte im Restaurant Edvard erzählen dabei immer eine eigene Geschichte.
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Interview Astrid Steharnig-Staudinger
Jedes der Gerichte im Restaurant Edvard erzählen dabei immer eine eigene Geschichte.

Der erste Hauptgang bringt Morchel mit Bärlauchfarce, Topinambur und Bärlauchschaum. Steharnig-Staudinger erklärt, wie die Österreich Werbung systematisch auf Themen setzt, die in anderen Destinationen selten in solcher Dichte vorkommen: Vier Jahreszeiten, Wasserressourcen, Salz, alpine Landwirtschaft und traditionelle Gastfreundschaft. Das Spektrum reicht von Gourmetrestaurants bis zum Heurigen und Würstelstand – alle tragen die Erzählung mit.

Brückenbauerin zwischen Märkten und Kulturen

Zehn Märkte stehen dabei im Fokus, u. a. Belgien, Schweiz, Deutschland, Frankreich, USA, Korea und Österreich selbst. Über Kongresse, Food-Events und 4-Hand-Dinners wird die Botschaft exportiert. Unterstützung kommt von Persönlichkeiten wie „Der Floh“, Winzerin Marion Ebner-Ebenauer, Lukas Nagl oder Hannes Müller, die Österreichs neue kulinarische Identität verkörpern. Der zweite Hauptgang ist die „Wiener Wiesn“: frittiertes Eigelb, weißer und grüner Spargel, Spargelragout, Leindottermarmelade, Kräuter. Dazu ein Grüner Veltliner von Hajszan-Neumann, Jahrgang 2022.

© Christopher Hanschitz
Interview Astrid Steharnig-Staudinger
Astrid Steharnig-Staudinger, Paul Gamauf und Alexandra Seyer-Gmeinbauer (v.l.n.r.) beim Besuch im Restaurant Edvard.

Wein als kultureller Botschafter

Steharnig-Staudinger spart die Herausforderungen des Weinabsatzes nicht aus: „Wenn uns die Esskultur bleibt, wird uns auch die Weinkultur bleiben.“ Der Wein wird bewusst als Teil der kulturellen Identität positioniert – als Verbindung von Terroir, Tradition und modernem Lebensstil.

Der dritte Gang bringt einen Saibling von Oberwasser: roh als Tartar auf der Fischgräte und sous-vide gegart, umhüllt von einer Butterfly-Flower- Sauce. Über dampfenden Tellern zeigt sich das verbindende Element der ganzen Strategie: So wie Gamauf Texturen und Aromen kombiniert, so verknüpft Steharnig-Staudinger regionale Stärken zu einer kohärenten, internationalen Erzählung.
Doch noch ein Dessert? „Nein, danke. Darauf verzichte ich schon seit meiner Kindheit.“ Am nächsten Morgen bricht sie nach Dubai auf – Österreichs kulinarische Botschaft im Gepäck.

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