Kärntnerei

In ihrer „Kärntnerei“ am Yppenplatz produzieren Günther Ellersdorfer und Cris Nessmann Kasnudeln in Bio-Qualität, vertreiben ausgesuchte Spezialitäten – und verbreiten eine Prise guter Nachbarschaft.
Günther und Cris von der Kärtnerei
© Kärntnerei

Am frohen Markt

von Sebastian Hofer

Am Anfang war die Kasnudel, und sie war aus Kärnten, und sie war gut. Außerdem bestand sie komplett aus Bio-Produkten, das verstand sich für Günther Ellersdorfer, den Urheber dieser Kasnudel, immer schon von selbst, das musste er gar nicht groß beschließen, es war einfach so.

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Kärntnerei Außenansicht

Also: Mehl, Erdäpfel, Topfen, Kräuter – und kein Ei, weil die Oma, von der die Inspiration zu diesem Rezept stammt, auch keins verwendet hat. Am Anfang war also eigentlich die Oma, und am Ende, also heute, steht da ein Marktstand am Yppenplatz in Wien-Ottakring, über dem ein Schild hängt mit der Aufschrift „Kärntnerei“.

Unter der Markise hängen Lichterketten und illustre Gastgartengespräche, im Holzverschlag selbst steht eine Kühlvitrine, dahinter eine offene Küche, rechts noch eine Art Stammtisch-Ecke für vielleicht fünf oder sechs Personen, wobei: „Da geht es schon manchmal recht lustig zu. Unlängst waren 14 Burschen vom KAC da, dem Kasnudel Athletic Club.“ Günther Ellersberger setzt seine Pointen mit Pokerface.

Seit Anfang 2016 betreibt er mit seinem Kompagnon Cris Nessmann die Kärntnerei am Yppenplatz. Beide stammen, das wird jetzt nicht mehr groß überraschen, aus Kärnten, sind aber als Gastronomen Spätberufene.

Nessmann war als Informatiker tätig, vor allem aber auch als hochengagierter Grätzel-Aktivist am Brunnenmarkt und Umgebung (letzteres ist er immer noch), Ellersdorfer hat Mikrobiologie studiert und viele Jahre an der BOKU gearbeitet, „aber irgendwann wollte ich nicht mehr hinter dem Computer sitzen und habe mich als Kräutersammler selbständig gemacht.“ Mit in Wien und Umgebung gesammelten Wildkräutern machte er Tees, Gewürzmischungen und Pestos und belieferte die lokale Spitzengastronomie von „Tian“ und „Steirereck“ abwärts. Wirklich nachhaltig war das Geschäftsmodell leider nicht, die Wiener Wildkräutersaison trägt kein Ganzjahresbusiness.

„Die ersten Kasnudeln haben wir hier noch im großen Topf gekocht wie bei der Oma früher, und im Winter haben wir uns die Füße abgefroren.“
Cris Nessmann
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Kärntnerei Produkte
Neben den Kasnudeln bietet die Kärntnerei eine ganze Reihe von Produkten an – unter anderem das Bier von Gaumen Hoch-Mitglied Wimitzbräu.

Dann tat sich aber eben dieser Marktstand auf, zu sehr freundschaftlichen Konditionen übernommen von einem ehemaligen Schul- und Bandkollegen vom Musikgymnasium Klagenfurt. „Die ersten Kasnudeln haben wir hier noch im großen Topf gekocht wie bei der Oma früher, und im Winter haben wir uns die Füße abgefroren.“ Ab 2018 wurde das Geschäftsfeld mit einer Gastro-Konzession ausgebaut. „Einer unserer wohlgesonnenen Lieferanten ist die Bio-Brauerei Wimitz, die wir in Wien exklusiv vertreiben. Wir sind deren Leuchtturm in Wien, dafür haben sie uns eine Schank zur Verfügung gestellt und obendrein noch ein Kühlpult.“ Für den Winter gibt es nun auch eine Heizgelegenheit, das süffige Bio-Bier aus Kärnten heizt ganzjährig den Nachbarschafts-Talk an.

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Die Kasnudeln werden in der Kärntnerei alle mit der Hand geformt.

Tatsächlich hat sich die „Kärntnerei“ zu einer Art Grätzlzentrale gemausert, einem niederschwelligen Treffpunkt für Stammgäste und Zugezogene, das mag zu einem guten Teil an der offenherzigen Persönlichkeit der Betreiber liegen, aber nicht zuletzt auch an der Qualität ihres Angebots: In der Vitrine liegen Bio-Mangalitza-Produkte von der Schinkenmanufaktur Thum, das Obst und Gemüse stammt vom Biohof Wiesinger in Gaweinstal, außerdem gibt es Selbsteingelegtes und -gekochtes sowie Käse- und Wurstspezialitäten aus Kärnten und dem Friaul.

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Kärntnerei Produkte
Hausgemachte Marmeladen, Gelees und Säfte von Früchten aus Wildsammlung. Das Sortiment lädt zum Stöbern ein.

Günther Ellersdorfer kommt regelrecht ins Schwärmen, wenn er von den kleinen Produzentinnen und Produzenten erzählt, die er persönlich abklappert, oder von den Waldviertler Bio-Weidegänsen der Familie Schlegel, die er hier zur Ganslsaison auftischt, und dann erzählt er noch von den Gerichten, die ihm mit all diesen Produkten einfallen, echte Pasta Fruilana mit italienischer Salsiccia etwa oder, klar, ziemlich viele, ziemlich spannende Varianten seines Vorzeigeprodukts.

Von den Kasnudeln der „Kärntnerei“ sind immer gut fünf Varianten verfügbar (en détail im Marktstand, en gros an Gastronomie-Partner), neben den klassischen Versionen gibt es stets auch saisonale Kreationen, mit Eierschwammerln oder Bärlauch zum Beispiel, der Fantasie sind aber keine Grenzen gesetzt, es gab auch schon Pulled-Pork- oder Moussaka-Nudeln. Günther Ellersdorfer ist jetzt voll in seinem Element, er holt seine Rezeptbücher heraus, weil er gerade 15 Kilo Orangen von einem kleinen Anbieter aus Spanien erstanden hat, natürlich auch diese in Bio-Qualität, „die koch ich morgen ein, wenn ich die Gläser finde“.

Am Anfang war die Kasnudel, und am Ende ist das alles ein echter Glücksfall für die ganze Gegend.

Günther und Cris von der Kärtnerei

Günther Ellersdorfer und Cris Nessmann

Drei Dinge, die Ihr immer in eurem Kühlschrank habt?
Günther: Bröseltopfen, Alici, Chilis.
Euer Lieblingsgetränk?
Günther: Friulano.
Eure kulinarische „Sünde“, die manchmal sein muss?
Günther: Schokolade.
Das schönste Lob, das Ihr je bekommen habt?
Günther: „Deine Kasnudeln schmecken besser als bei meiner Mutter.“ 
Der erste Job eures Lebens?
Cris: Mein erster Job in Wien: Türsteher bei einer Theateraufführung. Charles Bukowsky. Im Männerpissoir am Schottentor, 1989.

Kärntnerei Kasnudel ist Mitglied von Gaumen Hoch*

*Gaumen Hoch ist eine Gemeinschaft von Menschen aus der Gastronomie und Landwirtschaft, die sich mit ihrem verantwortungsvollen Handeln für einen gastronomischen Wandel einsetzen. Mit ihrer Mitgliedschaft leisten sie einen Beitrag, um diese Veränderung zu unterstützen. Gaumen Hoch-Mitglieder bekennen sich zu unserem Wertemanifest und werden jährlich von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle geprüft.

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